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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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de Iustitia et Iure.
und unschädlich war, allein durch Täuschung oder Irr-
thum ihres Urhebers als Verbrechen unternommen wurde.
Folglich paßt jene Vorschrift der L. 14. hier darum nicht,
weil sie von wirklich unglücklichen Vorfällen z. B. began-
genen Todschlägen handelt. Allein dem sey, wie ihm
wolle, so hat unsere obige Behauptung doch ihre völlige
Richtigkeit, und den Beyfall der berühmtesten Rechts-
lehrer 98) für sich. Der Grund, den Justinian 99)
in einem ähnlichen Falle zur Entscheidung anführt, ist
auch allerdings treffend, damit nicht die gänzliche Un-
sträflichkeit den Thäter verleiten möge, dasjenige Ver-
brechen wirklich annoch zu begehen, was er bisher ohne
Erfolg der That sich nur vorgesetzet hatte.

§. 7 und 8.
Nur den äußerlichen freyen Handlungen der Menschen können
die Gesetze eine Richtschnur ertheilen.

Also nur äuserliche Handlungen der Menschen
liegen in der Sphäre der Gesezgebung. Allein auch diese
können wieder sehr verschieden seyn. Sie sind entwede[r]
freye oder nicht freye Handlungen. Welc[he]
Handlungen werden denn aber freye Handlungen gen[en]-
net? Da eine freye Handlung nicht gedacht [wer]-
den kann, wo nicht ein Vermögen willkürlich zu [ha]n-
deln da ist, so muß nothwendig erst erklärt we[rd]en,
was eine willkührliche Handlung sey, u[m] sich
einen deutlichen Begriff von einer freyen Hand[l]ung
machen zu können. Die Entwickelung dieser [B]egriffe
ist folgende. Eine Handlung ist entweder so b[es]chaffen,

daß
98) S. Canzler Koch in Institut. iur. crim. lib. I. c. 2.
§. 16. und Prof. Püttmann in den Adversir. iuris
universi
cap.
16. §. 9.
99) §. 8. I. de Obligat. quae ex delicto.
E 3

de Iuſtitia et Iure.
und unſchaͤdlich war, allein durch Taͤuſchung oder Irr-
thum ihres Urhebers als Verbrechen unternommen wurde.
Folglich paßt jene Vorſchrift der L. 14. hier darum nicht,
weil ſie von wirklich ungluͤcklichen Vorfaͤllen z. B. began-
genen Todſchlaͤgen handelt. Allein dem ſey, wie ihm
wolle, ſo hat unſere obige Behauptung doch ihre voͤllige
Richtigkeit, und den Beyfall der beruͤhmteſten Rechts-
lehrer 98) fuͤr ſich. Der Grund, den Juſtinian 99)
in einem aͤhnlichen Falle zur Entſcheidung anfuͤhrt, iſt
auch allerdings treffend, damit nicht die gaͤnzliche Un-
ſtraͤflichkeit den Thaͤter verleiten moͤge, dasjenige Ver-
brechen wirklich annoch zu begehen, was er bisher ohne
Erfolg der That ſich nur vorgeſetzet hatte.

§. 7 und 8.
Nur den aͤußerlichen freyen Handlungen der Menſchen koͤnnen
die Geſetze eine Richtſchnur ertheilen.

Alſo nur aͤuſerliche Handlungen der Menſchen
liegen in der Sphaͤre der Geſezgebung. Allein auch dieſe
koͤnnen wieder ſehr verſchieden ſeyn. Sie ſind entwede[r]
freye oder nicht freye Handlungen. Welc[he]
Handlungen werden denn aber freye Handlungen gen[en]-
net? Da eine freye Handlung nicht gedacht [wer]-
den kann, wo nicht ein Vermoͤgen willkuͤrlich zu [ha]n-
deln da iſt, ſo muß nothwendig erſt erklaͤrt we[rd]en,
was eine willkuͤhrliche Handlung ſey, u[m] ſich
einen deutlichen Begriff von einer freyen Hand[l]ung
machen zu koͤnnen. Die Entwickelung dieſer [B]egriffe
iſt folgende. Eine Handlung iſt entweder ſo b[es]chaffen,

daß
98) S. Canzler Koch in Inſtitut. iur. crim. lib. I. c. 2.
§. 16. und Prof. Puͤttmann in den Adverſir. iuris
univerſi
cap.
16. §. 9.
99) §. 8. I. de Obligat. quae ex delicto.
E 3
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[69/0089] de Iuſtitia et Iure. und unſchaͤdlich war, allein durch Taͤuſchung oder Irr- thum ihres Urhebers als Verbrechen unternommen wurde. Folglich paßt jene Vorſchrift der L. 14. hier darum nicht, weil ſie von wirklich ungluͤcklichen Vorfaͤllen z. B. began- genen Todſchlaͤgen handelt. Allein dem ſey, wie ihm wolle, ſo hat unſere obige Behauptung doch ihre voͤllige Richtigkeit, und den Beyfall der beruͤhmteſten Rechts- lehrer 98) fuͤr ſich. Der Grund, den Juſtinian 99) in einem aͤhnlichen Falle zur Entſcheidung anfuͤhrt, iſt auch allerdings treffend, damit nicht die gaͤnzliche Un- ſtraͤflichkeit den Thaͤter verleiten moͤge, dasjenige Ver- brechen wirklich annoch zu begehen, was er bisher ohne Erfolg der That ſich nur vorgeſetzet hatte. §. 7 und 8. Nur den aͤußerlichen freyen Handlungen der Menſchen koͤnnen die Geſetze eine Richtſchnur ertheilen. Alſo nur aͤuſerliche Handlungen der Menſchen liegen in der Sphaͤre der Geſezgebung. Allein auch dieſe koͤnnen wieder ſehr verſchieden ſeyn. Sie ſind entweder freye oder nicht freye Handlungen. Welche Handlungen werden denn aber freye Handlungen genen- net? Da eine freye Handlung nicht gedacht wer- den kann, wo nicht ein Vermoͤgen willkuͤrlich zu han- deln da iſt, ſo muß nothwendig erſt erklaͤrt werden, was eine willkuͤhrliche Handlung ſey, um ſich einen deutlichen Begriff von einer freyen Handlung machen zu koͤnnen. Die Entwickelung dieſer Begriffe iſt folgende. Eine Handlung iſt entweder ſo beschaffen, daß 98) S. Canzler Koch in Inſtitut. iur. crim. lib. I. c. 2. §. 16. und Prof. Puͤttmann in den Adverſir. iuris univerſi cap. 16. §. 9. 99) §. 8. I. de Obligat. quae ex delicto. E 3

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/89>, abgerufen am 21.11.2024.