Die Raupe, welche im Jahr 1769 die Obstbäu- me hiesiger Gegend verheeret, und die ganze Hof- nung unsrer Obsterndte vereitelt hat, ist eben kein neues Ungeheuer in der Natur. Die Gärtner ken- nen sie unter dem Namen der Stammraupe, wel- cher sich darauf beziehet, daß der Schmetterling, der sie erzeuget, seine Eyer nicht etwa, wie andere Schmetterlinge, deren Raupen noch in demselbigen Sommer auskommen, und hernach in der Puppe überwintern auf grüne Blätter; noch wie die Rin- gelraupe (phalaena Neustria Linn.) in einem Ringe um die dünnen Zweige herum, sondern vielmehr in großer Menge, auf einem Haufen, selbst an den Stamm und an die starken Aeste des Baumes an- legt. Ein einziges solches Angeschmeiche von Eyern enthält deren oft weit über hundert, welche
sämmt-
Beſchreibung der Stammraupe.
Die Raupe, welche im Jahr 1769 die Obſtbaͤu- me hieſiger Gegend verheeret, und die ganze Hof- nung unſrer Obſterndte vereitelt hat, iſt eben kein neues Ungeheuer in der Natur. Die Gaͤrtner ken- nen ſie unter dem Namen der Stammraupe, wel- cher ſich darauf beziehet, daß der Schmetterling, der ſie erzeuget, ſeine Eyer nicht etwa, wie andere Schmetterlinge, deren Raupen noch in demſelbigen Sommer auskommen, und hernach in der Puppe uͤberwintern auf gruͤne Blaͤtter; noch wie die Rin- gelraupe (phalaena Neuſtria Linn.) in einem Ringe um die duͤnnen Zweige herum, ſondern vielmehr in großer Menge, auf einem Haufen, ſelbſt an den Stamm und an die ſtarken Aeſte des Baumes an- legt. Ein einziges ſolches Angeſchmeiche von Eyern enthaͤlt deren oft weit uͤber hundert, welche
ſaͤmmt-
<TEI><text><body><pbfacs="#f0272"n="264[262]"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Beſchreibung<lb/>
der<lb/>
Stammraupe</hi>.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">D</hi>ie Raupe, welche im Jahr 1769 die Obſtbaͤu-<lb/>
me hieſiger Gegend verheeret, und die ganze Hof-<lb/>
nung unſrer Obſterndte vereitelt hat, iſt eben kein<lb/>
neues Ungeheuer in der Natur. Die Gaͤrtner ken-<lb/>
nen ſie unter dem Namen der <hirendition="#fr">Stammraupe,</hi> wel-<lb/>
cher ſich darauf beziehet, daß der Schmetterling,<lb/>
der ſie erzeuget, ſeine Eyer nicht etwa, wie andere<lb/>
Schmetterlinge, deren Raupen noch in demſelbigen<lb/>
Sommer auskommen, und hernach in der Puppe<lb/>
uͤberwintern auf gruͤne Blaͤtter; noch wie die Rin-<lb/>
gelraupe (<hirendition="#aq">phalaena Neuſtria Linn.</hi>) in einem Ringe<lb/>
um die duͤnnen Zweige herum, ſondern vielmehr<lb/>
in großer Menge, auf einem Haufen, ſelbſt an den<lb/>
Stamm und an die ſtarken Aeſte des Baumes an-<lb/>
legt. Ein einziges ſolches Angeſchmeiche von<lb/>
Eyern enthaͤlt deren oft weit uͤber hundert, welche<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſaͤmmt-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[264[262]/0272]
Beſchreibung
der
Stammraupe.
Die Raupe, welche im Jahr 1769 die Obſtbaͤu-
me hieſiger Gegend verheeret, und die ganze Hof-
nung unſrer Obſterndte vereitelt hat, iſt eben kein
neues Ungeheuer in der Natur. Die Gaͤrtner ken-
nen ſie unter dem Namen der Stammraupe, wel-
cher ſich darauf beziehet, daß der Schmetterling,
der ſie erzeuget, ſeine Eyer nicht etwa, wie andere
Schmetterlinge, deren Raupen noch in demſelbigen
Sommer auskommen, und hernach in der Puppe
uͤberwintern auf gruͤne Blaͤtter; noch wie die Rin-
gelraupe (phalaena Neuſtria Linn.) in einem Ringe
um die duͤnnen Zweige herum, ſondern vielmehr
in großer Menge, auf einem Haufen, ſelbſt an den
Stamm und an die ſtarken Aeſte des Baumes an-
legt. Ein einziges ſolches Angeſchmeiche von
Eyern enthaͤlt deren oft weit uͤber hundert, welche
ſaͤmmt-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 2. Berlin, 1789, S. 264[262]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen02_1789/272>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.