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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Sonnabend.

In der ehemals beschriebenen Tauf-Capelle des Constantini M.
wurde ein Jude und ein Türcke getaufft, welcherley Taufen,
wo mögl:, bis auf diesen Tag verspahret werden, da in
eben dieser Capelle ohnediß das Tauf- und Weih-Waßer vor
die gantze Parrochie fabriciret werden muß. Beyde Täuflinge
waren in weißen Damast mit dergl: kurtzen Mänteln
[unleserliches Material]gekleidet, hatten auch weiße Hüte. In der Vor[unleserliches Material]halle der
Capelle wurde der E[unleserliches Material]xorcismus durch einen alten Ex[unleserliches Material]orcisten
an ihnen verrichtet, worauf sie zur Capelle herein ge-
führet wurden, und innerhalb der ballustrade, welche
den Tauf-Stein umgiebet, sich auf eine Banck nieder-
setzten, da indeßen auf einem zur Seite stehenden
Tische alles zu dieser Handlung erforderliche Werckzeug
an Citronen, Brodt, chrisam, Baumwolle pp zu rechte ge-
stellet wurde. In einer guten Weile kam der Praelat,
welcher die Function verrichten solte, in pontificalibus
mit denen Canonicis und der gantzen Geistligkeit aus
der allernächst gelegenen Lateran-Kirche in Procession
angezogen, trat vor den Tauf-Stein, und verrichtete mit
unendlichen ceremonien die Weihe des Waßers. Die Haupt-
Umstände dabey waren, daß 1) der chrisam hinein ge-
rühret, und sodann die übergroße und schwere bunt ge-
mahlte Wachs-Fackel, welche man cereum paschalem
nennet, mit dem untersten Ende hinein getauchet wurde.
Jenes geschahe also, daß der Praelat mit der gantzen Hand
etlichemale + weise durch das Waßer fuhr, um die
Fettigkeit mit dem Waßer recht zu vereinigen, was
ihm aber an den Händen kleben blieb, das wurde mit
Citronen und Brodt davon abgerieben; bey Eintauchung
der großen Fackel aber war der Kertzen-Träger so unge-
schickt oder so schwach, daß er das oben von dem brennenden
starcken Docht geschmoltzene Wachs in das Tauf-Waßer

Sonnabend.

In der ehemals beschriebenen Tauf-Capelle des Constantini M.
wurde ein Jude und ein Türcke getaufft, welcherley Taufen,
wo mögl:, bis auf diesen Tag verspahret werden, da in
eben dieser Capelle ohnediß das Tauf- und Weih-Waßer vor
die gantze Parrochie fabriciret werden muß. Beyde Täuflinge
waren in weißen Damast mit dergl: kurtzen Mänteln
[unleserliches Material]gekleidet, hatten auch weiße Hüte. In der Vor[unleserliches Material]halle der
Capelle wurde der E[unleserliches Material]xorcismus durch einen alten Ex[unleserliches Material]orcisten
an ihnen verrichtet, worauf sie zur Capelle herein ge-
führet wurden, und innerhalb der ballustrade, welche
den Tauf-Stein umgiebet, sich auf eine Banck nieder-
setzten, da indeßen auf einem zur Seite stehenden
Tische alles zu dieser Handlung erforderliche Werckzeug
an Citronen, Brodt, chrisam, Baumwolle pp zu rechte ge-
stellet wurde. In einer guten Weile kam der Praelat,
welcher die Function verrichten solte, in pontificalibus
mit denen Canonicis und der gantzen Geistligkeit aus
der allernächst gelegenen Lateran-Kirche in Procession
angezogen, trat vor den Tauf-Stein, und verrichtete mit
unendlichen ceremonien die Weihe des Waßers. Die Haupt-
Umstände dabey waren, daß 1) der chrisam hinein ge-
rühret, und sodann die übergroße und schwere bunt ge-
mahlte Wachs-Fackel, welche man cereum paschalem
nennet, mit dem untersten Ende hinein getauchet wurde.
Jenes geschahe also, daß der Praelat mit der gantzen Hand
etlichemale † weise durch das Waßer fuhr, um die
Fettigkeit mit dem Waßer recht zu vereinigen, was
ihm aber an den Händen kleben blieb, das wurde mit
Citronen und Brodt davon abgerieben; bey Eintauchung
der großen Fackel aber war der Kertzen-Träger so unge-
schickt oder so schwach, daß er das oben von dem brennenden
starcken Docht geschmoltzene Wachs in das Tauf-Waßer

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[0717] Sonnabend. In der ehemals beschriebenen Tauf-Capelle des Constantini M. wurde ein Jude und ein Türcke getaufft, welcherley Taufen, wo mögl:, bis auf diesen Tag verspahret werden, da in eben dieser Capelle ohnediß das Tauf- und Weih-Waßer vor die gantze Parrochie fabriciret werden muß. Beyde Täuflinge waren in weißen Damast mit dergl: kurtzen Mänteln gekleidet, hatten auch weiße Hüte. In der Vorhalle der Capelle wurde der Exorcismus durch einen alten Exorcisten an ihnen verrichtet, worauf sie zur Capelle herein ge- führet wurden, und innerhalb der ballustrade, welche den Tauf-Stein umgiebet, sich auf eine Banck nieder- setzten, da indeßen auf einem zur Seite stehenden Tische alles zu dieser Handlung erforderliche Werckzeug an Citronen, Brodt, chrisam, Baumwolle pp zu rechte ge- stellet wurde. In einer guten Weile kam der Praelat, welcher die Function verrichten solte, in pontificalibus mit denen Canonicis und der gantzen Geistligkeit aus der allernächst gelegenen Lateran-Kirche in Procession angezogen, trat vor den Tauf-Stein, und verrichtete mit unendlichen ceremonien die Weihe des Waßers. Die Haupt- Umstände dabey waren, daß 1) der chrisam hinein ge- rühret, und sodann die übergroße und schwere bunt ge- mahlte Wachs-Fackel, welche man cereum paschalem nennet, mit dem untersten Ende hinein getauchet wurde. Jenes geschahe also, daß der Praelat mit der gantzen Hand etlichemale † weise durch das Waßer fuhr, um die Fettigkeit mit dem Waßer recht zu vereinigen, was ihm aber an den Händen kleben blieb, das wurde mit Citronen und Brodt davon abgerieben; bey Eintauchung der großen Fackel aber war der Kertzen-Träger so unge- schickt oder so schwach, daß er das oben von dem brennenden starcken Docht geschmoltzene Wachs in das Tauf-Waßer

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/717>, abgerufen am 21.11.2024.