Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].weil man das Kniebeugen und den Hand-Kuß nur von Den 28 Februar Thaten wir eine abermalige Reise nach Portici, um weil man das Kniebeugen und den Hand-Kuß nur von Den 28 Februar Thaten wir eine abermalige Reise nach Portici, um <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0671"/> weil man das Kniebeugen und den Hand-Kuß nur von<lb/> Unterthanen annimmt, auf Seiten der Herrschaft aber<lb/> in einem bloßen Gnaden-Blick. Wie denn der König<lb/> bey solchen Gelegenheiten mit Niemand zu sprechen pfleget,<lb/> der Sardinische Ambassadeur auch deswegen Schertzweise<lb/> zu uns sagte: Messieurs, Si vous avez des tablettes, ecrivez<lb/> te que le Roi vous da dit. Der König ist ziemlich lang<lb/> von Person, etwas hager, und hat eine sehr große Nase:<lb/> Die Königin ist mehr klein, als groß, und von denen<lb/> Blattern ziemlich marquiret. Uber der Tafel waren<lb/> sie gegen einander sehr freundlich und gesprächig. Abends<lb/> besuchten wir die Gesellschaften bey der Comtesse<lb/> Balena und Duchessa Matalone.</p><lb/> </div> <div type="diaryEntry"> <head rendition="#c"> Den 28 <choice><abbr>Febr:</abbr><expan>Februar</expan></choice></head><lb/> <p> Thaten wir eine abermalige Reise nach Portici, um<lb/> sonderlich die aus dem unterirdischen Herculea hervor-<lb/> gebrachten, und in dortigen Königl: Lust-Häusern ver-<lb/> wahreten antiquitaeten zu besichtigen, als welche der<lb/> König selbst zum Theil im Beschluß hat, und wir des-<lb/> wegen durch den Comte Trivulzio ein Billet an dorti-<lb/> gen General Intendanten ausgewürcket hatten. Die-<lb/> ser Intendant, deßen Bruder königl<hi rendition="#sup"><hi rendition="#u">er</hi></hi> Gesandter zu<lb/> Algir ist, führete uns selbst aller Orten herum. Die<lb/> vornehmsten antiquitaeten sind: Kayser Vitellius von<lb/> weißem Marmor, ein Saturnus und eine trefliche<lb/> Ceres, ein Truncus Herculis, 6 Statuae Consulares<lb/> alle von Marmor. Die Statue Kaysers Titi von<lb/> bronce, über Lebens-Größe, nackend, mit einem<lb/> über die Schulter um den Unter-Leib geschlungenen<lb/> Gewand. In der rechten Hand hat er einen langen<lb/> Stab, und in der lincken einen Dolch in der Scheide,<lb/> welche letztere die Gestalt einer Feuer-Flamme hat. Ver-<lb/> schiedener anderer zerbrochenen Statuen von bronce<lb/> nicht zu gedencken, über deren reparatur man </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0671]
weil man das Kniebeugen und den Hand-Kuß nur von
Unterthanen annimmt, auf Seiten der Herrschaft aber
in einem bloßen Gnaden-Blick. Wie denn der König
bey solchen Gelegenheiten mit Niemand zu sprechen pfleget,
der Sardinische Ambassadeur auch deswegen Schertzweise
zu uns sagte: Messieurs, Si vous avez des tablettes, ecrivez
te que le Roi vous da dit. Der König ist ziemlich lang
von Person, etwas hager, und hat eine sehr große Nase:
Die Königin ist mehr klein, als groß, und von denen
Blattern ziemlich marquiret. Uber der Tafel waren
sie gegen einander sehr freundlich und gesprächig. Abends
besuchten wir die Gesellschaften bey der Comtesse
Balena und Duchessa Matalone.
Den 28 Febr:
Thaten wir eine abermalige Reise nach Portici, um
sonderlich die aus dem unterirdischen Herculea hervor-
gebrachten, und in dortigen Königl: Lust-Häusern ver-
wahreten antiquitaeten zu besichtigen, als welche der
König selbst zum Theil im Beschluß hat, und wir des-
wegen durch den Comte Trivulzio ein Billet an dorti-
gen General Intendanten ausgewürcket hatten. Die-
ser Intendant, deßen Bruder königler Gesandter zu
Algir ist, führete uns selbst aller Orten herum. Die
vornehmsten antiquitaeten sind: Kayser Vitellius von
weißem Marmor, ein Saturnus und eine trefliche
Ceres, ein Truncus Herculis, 6 Statuae Consulares
alle von Marmor. Die Statue Kaysers Titi von
bronce, über Lebens-Größe, nackend, mit einem
über die Schulter um den Unter-Leib geschlungenen
Gewand. In der rechten Hand hat er einen langen
Stab, und in der lincken einen Dolch in der Scheide,
welche letztere die Gestalt einer Feuer-Flamme hat. Ver-
schiedener anderer zerbrochenen Statuen von bronce
nicht zu gedencken, über deren reparatur man
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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