Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].26 Nummer 8.Den 27 November Aus dem heutigen Ewangelio stellete Herr Hasenmüller vor: die Forderungen Den 28 November Heute haben wir folgende Revisiten abgeleget: (1.) Bey dem Böhmischen 26 Nummer 8.Den 27 November Aus dem heutigen Ewangelio stellete Herr Hasenmüller vor: die Forderungen Den 28 November Heute haben wir folgende Revisiten abgeleget: (1.) Bey dem Böhmischen <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <pb facs="#f0062"/> <fw type="folNum" place="top">26</fw><lb/> <metamark><choice><abbr>N<hi rendition="#sup"><hi rendition="#u">o</hi></hi></abbr><expan>Nummer</expan></choice> 8.</metamark><lb/> <div type="diaryEntry"> <head rendition="#c"> Den 27 <choice><abbr>Nove<del rendition="#s">mb</del>r: </abbr><expan>November</expan></choice></head><lb/> <p> Aus dem heutigen Ewangelio stellete <choice><abbr>Hl:</abbr><expan>Herr</expan></choice> <persName xml:id="TidB9632" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10053">Hasenmüller</persName> vor: die Forderungen<lb/> unsers Heylandes an seine Jünger und rechtschaffne Nachfolger, <choice><abbr>nahml:</abbr><expan>nahmlich</expan></choice> (1.) Ge-<lb/> horsam und (2.) Verläugnung. Beyde Stücke beschrieb er nach ihren aus der<lb/> ewangelischen Geschichte hergeleiteten Eigenschaften, und zwar den Gehor-<lb/> sam (a.) als einen baldigen und (b.) als einen einfältigen und lautern,<lb/> die Verläugnung aber (a.) als eine würckliche und thätige und (b.) als eine<lb/> freywillige, und war die Predigt gantz fein und erbaulich. Nach der<lb/> Predigt blieben wir bey dem <persName xml:id="TidB9633" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10053">Dähnischen Gesandten</persName> zur Tafel, er-<lb/> fuhren auch von ihm, daß die Differenz der Bayerischen Copie des Testa-<lb/> ments Kaysers <persName xml:id="TidB9634" corresp="register.xml#regID_37.lemID_12127" ref="http://d-nb.info/gnd/118532502">Ferdinandi I</persName><hi rendition="#sup"><hi rendition="#u"><abbr>mi</abbr></hi></hi> von dem Wienerischen Original, welches<lb/> in einer letzthin zu <placeName xml:id="TidB9635" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10144">Wien</placeName> gehaltenen publiquen Conferentz, allen<lb/> frembden <persName xml:id="TidB9636" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10116">Ministriis</persName> vorgeleget worden, darinn bestehe, daß das Original<lb/><placeName xml:id="TidB9637" corresp="register.xml#regID_66.lemID_11946">Böhmen</placeName> und <placeName xml:id="TidB9638" corresp="register.xml#regID_66.lemID_11872">Ungarn</placeName> an <placeName xml:id="TidB9639" corresp="register.xml#regID_66.lemID_11012">Bayern</placeName> vermache, im Fall keine <hi rendition="#u">eheliche</hi> Erben<lb/> von dem <name type="subjectIndexTerm" xml:id="TidB9642" corresp="register.xml#regID_502.lemID_12128">Hause Oesterreich</name> mehr vorhanden; da hingegen in der Bayerischen<lb/> Copie, anstatt des Worts: <hi rendition="#u">eheliche</hi> zu befinden sey: <hi rendition="#u">männliche</hi>. Da nun die<lb/> Bayerische Praetension sich hauptsächlich auf gedachtes Testament gründe, so<lb/> sey der Bayerische <persName xml:id="TidB9641" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10116">Minister</persName> in <placeName xml:id="TidB9640" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10144">Wien</placeName> über diesen Vorfall sehr deconcer-<lb/> tiret gewesen, und könne man nicht anders vermuthen, als daß derjenige,<lb/> welcher vermutlich schon vor vielen Jahren, dem <name type="subjectIndexTerm" xml:id="TidB9643" corresp="register.xml#regID_502.lemID_12129">Bayerischen Hause</name><lb/> diese Copie zugeschicket, daßelbe vorsetzlich hintergangen habe, um<lb/> damit seine cour zu machen. Allenfals könte auch <choice><abbr>dergl:</abbr><expan>dergleichen</expan></choice> Disposition,<lb/> wenn sie gleich dem Bayerischen Vorgeben gemäß lautete, wie der<lb/><persName xml:id="TidB9645" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10116">Gesandte</persName> davor hielt, nichts releviren. Abends besuchte uns <choice><abbr>Hl:</abbr><expan>Herr</expan></choice> <persName xml:id="TidB9646" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10178" ref="http://d-nb.info/gnd/116122412">Petersen</persName>,<lb/> und conferirten wir mit ihm über einen gewißen frantzösischen<lb/> Aufsatz, darinn ein gewißer Brief, den der hiesige berühmte Ana-<lb/> tomicus <persName xml:id="TidB9649" corresp="register.xml#regID_37.lemID_12130" ref="http://d-nb.info/gnd/100703828">Winslo</persName> an seinen <persName xml:id="TidB9650" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10116">Vetter</persName> in <placeName xml:id="TidB9648" corresp="register.xml#regID_66.lemID_12108" ref="http://d-nb.info/gnd/4010877-6">Dännemarck</placeName> geschrieben, und<lb/> ihn zur römischen Kirche zu bekehren gesuchet, umständlich wider-<lb/> leget wurde.</p><lb/> </div> <div type="diaryEntry"> <head rendition="#c"> Den 28 <choice><abbr>Novembr:</abbr><expan>November</expan></choice></head><lb/> <p> Heute haben wir folgende Revisiten abgeleget: (1.) Bey dem Böhmischen<lb/> Grafen <persName xml:id="TidB9657" corresp="register.xml#regID_37.lemID_12131">Marzin</persName>, woselbst wir auch einen eben aus <placeName xml:id="TidB9653" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10179">Italien</placeName><lb/> gekommenen Grafen <persName xml:id="TidB9658" corresp="register.xml#regID_37.lemID_12132">von Lützau</persName> antrafen, (2) bey dem <choice><abbr>Hl:</abbr><expan>Herrn</expan></choice> <persName xml:id="TidB9654" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10033">von Zech</persName><lb/> u. 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No 8.
Den 27 Nover:
Aus dem heutigen Ewangelio stellete Hl: Hasenmüller vor: die Forderungen
unsers Heylandes an seine Jünger und rechtschaffne Nachfolger, nahml: (1.) Ge-
horsam und (2.) Verläugnung. Beyde Stücke beschrieb er nach ihren aus der
ewangelischen Geschichte hergeleiteten Eigenschaften, und zwar den Gehor-
sam (a.) als einen baldigen und (b.) als einen einfältigen und lautern,
die Verläugnung aber (a.) als eine würckliche und thätige und (b.) als eine
freywillige, und war die Predigt gantz fein und erbaulich. Nach der
Predigt blieben wir bey dem Dähnischen Gesandten zur Tafel, er-
fuhren auch von ihm, daß die Differenz der Bayerischen Copie des Testa-
ments Kaysers Ferdinandi Imi von dem Wienerischen Original, welches
in einer letzthin zu Wien gehaltenen publiquen Conferentz, allen
frembden Ministriis vorgeleget worden, darinn bestehe, daß das Original
Böhmen und Ungarn an Bayern vermache, im Fall keine eheliche Erben
von dem Hause Oesterreich mehr vorhanden; da hingegen in der Bayerischen
Copie, anstatt des Worts: eheliche zu befinden sey: männliche. Da nun die
Bayerische Praetension sich hauptsächlich auf gedachtes Testament gründe, so
sey der Bayerische Minister in Wien über diesen Vorfall sehr deconcer-
tiret gewesen, und könne man nicht anders vermuthen, als daß derjenige,
welcher vermutlich schon vor vielen Jahren, dem Bayerischen Hause
diese Copie zugeschicket, daßelbe vorsetzlich hintergangen habe, um
damit seine cour zu machen. Allenfals könte auch dergl: Disposition,
wenn sie gleich dem Bayerischen Vorgeben gemäß lautete, wie der
Gesandte davor hielt, nichts releviren. Abends besuchte uns Hl: Petersen,
und conferirten wir mit ihm über einen gewißen frantzösischen
Aufsatz, darinn ein gewißer Brief, den der hiesige berühmte Ana-
tomicus Winslo an seinen Vetter in Dännemarck geschrieben, und
ihn zur römischen Kirche zu bekehren gesuchet, umständlich wider-
leget wurde.
Den 28 Novembr:
Heute haben wir folgende Revisiten abgeleget: (1.) Bey dem Böhmischen
Grafen Marzin, woselbst wir auch einen eben aus Italien
gekommenen Grafen von Lützau antrafen, (2) bey dem Hl: von Zech
u. (3) bey dem Hl: von Uffel, bey welchen allen aber nichts merck-
würdiges vorgefallen, auch unsre fernere Ausfarth nach der
Madame de Montbrun vergeblich gewesen, weil wir sie nicht
zu Hause gefunden. Auf den Abend hatten wir von Hl. Ferchen
Besuch, und unterhielten uns mit ihm von Bau= und andern in
seine Profession lauffenden Sachen. Unter andern versicherte er,
daß das hiesige Observatorium zum Zweck der Astronomischen Observation
höchst unbequem gebauet sey, indem die auf denen 4 Ecken stehende
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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