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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Nummer 49.
Den 3 und 4ten November

Diese beyde Tage haben wir abermal des Mittags bey dem Marechal Reh-
binder
gespreiset und ihm bis gegen Abend Gesellschafft geleistet. Aus
seinen gewöhnlichen Erzehlungen mag folgendes hier Platz finden.
Die Belagerung vor Toulon sey von dem Printzen Eugenio mit Fleiß
längsam und nachläßig tractiret worden, damit der Frantzösischen Succuiss
aus denen Niederlanden ankommen und die Belagerung unter einem
guten Praetext aufgehoben werden können, um zwar aus der Ursach,
weil der damals in Schlesien stehende König von Schweden ge-
drohet, daferner Toulon von denen alliirten weggenommen wurde,
also fort in Oesterreich einzufallen. Bey Gelegenheit eben dieser
Belagerung habe die alliirte amee den schnellen Fluß la Varre
ohnweit seines Einflußes in die See zwischen Toulon und Nizza
zu Fuß passiren müßen, da denn von allen übrigen Truppen
viele von dem Waßer weggerißen worden und verlohren
gegangen, er hingegen von dem Pfältzischen corps, welches in
Holländischen Sold gestanden, keinen Mann eingebußt, weil er ied-
wedes Glied sich mit denen Armen in einander schlingen auch
von einem Gliede zum andern wohl 50 Schritte Spatium ge-
laßen, damit das rapide Waßer seinen ungehemten Lauf behalten
können. Die Geschichte wie er einsmals dem Chur-Pfältzischen premier
Ministre Graf Wieser, als er noch in dortigen Diensten gewe-
sen, 100 Prügel angeboten, item wie es eigentlich zugegangen,
daß er vor Endigung der letzten Italiänischen Campagne sich an-
hero nach Hause begeben, sind hier zu weitläuffig, auch zum
Schreiben nicht allerdings qualificiret, indeßen aber doch als
Merckmale seines guten Vertrauens anzusehen. Wie er denn
auch heute durchaus noch nicht von uns Abschied nehmen wolte,
sondern uns dazu auf Morgen bestellte.

Den 5 November

Die gestrige fete de St. Charles, als der Nahmens-Tag des Königs von
Sicilien
wurde von deßen Ambassadeur heute celebriret und fanden
wir zu dem Mittags-Eßen, der Einladung zu Folge, uns um 1 Uhr
ein. Die Mit-Gäste bey diesem dine waren lauter Manns-Per-
sonen und unter solchen die vornehmsten die Ambassadeurs von
Spanien und Franckreich, der Päbstliche Nuncius welcher aber wegen
hiesiger nich nicht völlig geendeten Streitigkeiten mit dem
Päbstlichen Hofe noch zur Zeit den öffentlichen Caracter nicht angenommen
hat, die Ministres von Engelland, Sachsen und Genua, der hiesige
premier Minister Marquis d'Ormea, der Gouverneur Marquis
de Tan, der OberStallmeister Baron de Valese perge. Die Anzahl aller Eingela-
denen aber erstreckte sich auf 32 Personen. Wir haten die schönste
Gelegenheit die bisher mit gedachtem premier Minister vergeblich
gesuchte Bekantschaft hier endlich zu acquiriren, wie er denn vor

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Nummer 49.
Den 3 und 4ten November

Diese beyde Tage haben wir abermal des Mittags bey dem Marechal Reh-
binder
gespreiset und ihm bis gegen Abend Gesellschafft geleistet. Aus
seinen gewöhnlichen Erzehlungen mag folgendes hier Platz finden.
Die Belagerung vor Toulon sey von dem Printzen Eugenio mit Fleiß
längsam und nachläßig tractiret worden, damit der Frantzösischen Succuiss
aus denen Niederlanden ankommen und die Belagerung unter einem
guten Praetext aufgehoben werden können, um zwar aus der Ursach,
weil der damals in Schlesien stehende König von Schweden ge-
drohet, daferner Toulon von denen alliirten weggenommen wurde,
also fort in Oesterreich einzufallen. Bey Gelegenheit eben dieser
Belagerung habe die alliirte amee den schnellen Fluß la Varre
ohnweit seines Einflußes in die See zwischen Toulon und Nizza
zu Fuß passiren müßen, da denn von allen übrigen Truppen
viele von dem Waßer weggerißen worden und verlohren
gegangen, er hingegen von dem Pfältzischen corps, welches in
Holländischen Sold gestanden, keinen Mann eingebußt, weil er ied-
wedes Glied sich mit denen Armen in einander schlingen auch
von einem Gliede zum andern wohl 50 Schritte Spatium ge-
laßen, damit das rapide Waßer seinen ungehemten Lauf behalten
können. Die Geschichte wie er einsmals dem Chur-Pfältzischen premier
Ministre Graf Wieser, als er noch in dortigen Diensten gewe-
sen, 100 Prügel angeboten, item wie es eigentlich zugegangen,
daß er vor Endigung der letzten Italiänischen Campagne sich an-
hero nach Hause begeben, sind hier zu weitläuffig, auch zum
Schreiben nicht allerdings qualificiret, indeßen aber doch als
Merckmale seines guten Vertrauens anzusehen. Wie er denn
auch heute durchaus noch nicht von uns Abschied nehmen wolte,
sondern uns dazu auf Morgen bestellte.

Den 5 November

Die gestrige fete de St. Charles, als der Nahmens-Tag des Königs von
Sicilien
wurde von deßen Ambassadeur heute celebriret und fanden
wir zu dem Mittags-Eßen, der Einladung zu Folge, uns um 1 Uhr
ein. Die Mit-Gäste bey diesem diné waren lauter Manns-Per-
sonen und unter solchen die vornehmsten die Ambassadeurs von
Spanien und Franckreich, der Päbstliche Nuncius welcher aber wegen
hiesiger nich nicht völlig geendeten Streitigkeiten mit dem
Päbstlichen Hofe noch zur Zeit den öffentlichen Caracter nicht angenommen
hat, die Ministres von Engelland, Sachsen und Genua, der hiesige
premier Minister Marquis d'Ormea, der Gouverneur Marquis
de Tan, der OberStallmeister Baron de Valese perge. Die Anzahl aller Eingela-
denen aber erstreckte sich auf 32 Personen. Wir haten die schönste
Gelegenheit die bisher mit gedachtem premier Minister vergeblich
gesuchte Bekantschaft hier endlich zu acquiriren, wie er denn vor

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[0498] 242 No 49. Den 3 und 4ten Nov: Diese beyde Tage haben wir abermal des Mittags bey dem Marechal Reh- binder gespreiset und ihm bis gegen Abend Gesellschafft geleistet. Aus seinen gewöhnlichen Erzehlungen mag folgendes hier Platz finden. Die Belagerung vor Toulon sey von dem Printzen Eugenio mit Fleiß längsam und nachläßig tractiret worden, damit der Frantzöl: Succuiss aus denen Niederlanden ankommen und die Belagerung unter einem guten Praetext aufgehoben werden können, um zwar aus der Ursach, weil der damals in Schlesien stehende König von Schweden ge- drohet, daferner Toulon von denen alliirten weggenommen wurde, also fort in Oesterreich einzufallen. Bey Gelegenheit eben dieser Belagerung habe die alliirte amee den schnellen Fluß la Varre ohnweit seines Einflußes in die See zwischen Toulon und Nizza zu Fuß passiren müßen, da denn von allen übrigen Truppen viele von dem Waßer weggerißen worden und verlohren gegangen, er hingegen von dem Pfältzischen corps, welches in Hollandl: Sold gestanden, keinen Mann eingebußt, weil er ied- wedes Glied sich mit denen Armen in einander schlingen auch von einem Gliede zum andern wohl 50 Schritte Spatium ge- laßen, damit das rapide Waßer seinen ungehemten Lauf behalten können. Die Geschichte wie er einsmals dem Chur-Pfältzil: premier Ministre Graf Wieser, als er noch in dortigen Diensten gewe- sen, 100 Prügel angeboten, item wie es eigentlich zugegangen, daß er vor Endigung de. letzten Italiänischen Campagne sich an- hero nach Hause begeben, sind hier zu weitläuffig, auch zum Schreiben nicht allerdings qualificiret, indeßen aber doch als Merckmale seines guten Vertrauens anzusehen. Wie er denn auch heute durchaus noch nicht von uns Abschied nehmen wolte, sondern uns dazu auf Morgen bestellte. Den 5 Nov: Die gestrige fete de St. Charles, als der Nahmens-Tag des Königs von Sicilien wurde von deßen Ambassadeur heute celebriret und fanden wir zu dem Mittags-Eßen, der Einladung zu Folge, uns um 1 Uhr ein. Die Mit-Gäste bey diesem diné waren lauter Manns-Per- sonen und unter solchen die vornehmsten die Ambassadeurs von Spanien und Franckreich, der Pabstl: Nuncius welcher aber wegen hiesiger nich nicht völlig geendeten Streitigkeiten mit dem Päbstl: Hofe noch zur Zeit den öffentl: Caracter nicht angenommen hat, die Ministres von Engelland, Sachsen und Genua, der hiesige premier Minister Marquis d'Ormea, der Gouverneur Marquis de Tan, der OberStallmeister Bar. de Valese p. Die Anzahl aller Eingela- denen aber erstreckte sich auf 32 Personen. Wir haten die schönste Gelegenheit die bisher mit gedachtem premier Minister vergebl: gesuchte Bekantschaft hier endl: zu acquiriren, wie er denn vor

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/498>, abgerufen am 21.11.2024.