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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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uns dergleichen an Madame de la Tour mitgegeben, und heute früh
erhielten wir noch einen Brief an Monsieur de la Tour von dem Duc de
Gesvres
aus Paris, welcher zugleich Illustrissimo berichtete, daß er Ihnen einen
gantzen Pack solcher Briefe auf Nantes nachgeschicket, auf die er-
haltene Nachricht aber, daß wir unsre Route geändert, solche wieder
habe zurück kommen laßen, und nunmehro nur diejenigen über,
sende, welche noch einen Nutzen haben könten. Weil nun diesen
Briefen zu folge, unsre Haupt addresse an das la Tourische Haus
war, so wurden wir dahin sogleich zum dine eingeladen.
Monsieur de la Tour hat das besondre, daß er Premier President du Par-
lement, Intendant und Comandant zugleich ist, mithin die 3 vor-
nehmsten charges dieser Provintz in seiner Person vereiniget
hat: Er ist deswegen mit Geschäften sehr beladen, und komt nicht
eher, als bey der Tafel zum Vorschein, verschwindet auch so fort
wieder nach derselben, überläßet also der Madame de la Tour die
Gäste zu unterhalten, welche dazu auch alle qualitaeten hat.
Bey der Tafel war, außer vielen frantzösischen Officiers, auch
Madame de Limaye gegenwärtig, deren Mann, der premier Presi-
dent de la chambre des comptes, sich gleichfals nach Tische einfand
und wir also Gelegenheit hatten, den auch an ihn mithabenden Brief
demselben zu übergeben. Die Haupt-discourse waren vor und
nach der Tafel von unsren bisherigen Reisen, von denen ietzigen
teutschen affaires und sonderlich von der Glückseeligkeit eines Landes
unter einem Souverain, welchen letztern punct Madame de Limaye
recht geschickt auszuführen und zu behaupten wuste. Um 5 Uhr
nachmittag fuhren wir mit Madame de la Tour und Madame Limaye
in zwey Wagen 1) nach dem Concert, welches auf dem Rath-
Hause gehalten wird, und sowol mit Stimmen als Instrumenten
sehr wohl versehen ist, wie denn Madame de la Tour Illustrissimo zu
Ehren ein besonders Stück musiciren ließ, 2) au cours, wel-
cher zwar in der Stadt, aber dennoch vortrefflich schön und groß,
auch mit etlichen Fontainen besetzet ist, und endlich 3) in
der assemblee, welche in dem la Tourischen Hause alle Abend
gehalten wird, und sehr zahlreich ist.

Vom 18 bis 20ten August

Haben wir die Vormittage zu Besichtigungen angewendet, zu
welchen der President de Limaye uns allemal in seiner Carosse
abgeholet. Doch verdienen nur folgende 2 Stücke angemercket zu
werden: 1) die cathedral-Kirche, und darinn die Begräbniß-
monumenta zweyer Grafen von Provence, deren Grabschriften
aber so verblichen sind, daß man nichts davon lesen kan. Unter
denen nippes des Kirchen-Schatzes findet sich eine geweihete goldene

uns dergleichen an Madame de la Tour mitgegeben, und heute früh
erhielten wir noch einen Brief an Monsieur de la Tour von dem Duc de
Gesvres
aus Paris, welcher zugleich Illustrissimo berichtete, daß er Ihnen einen
gantzen Pack solcher Briefe auf Nantes nachgeschicket, auf die er-
haltene Nachricht aber, daß wir unsre Route geändert, solche wieder
habe zurück kommen laßen, und nunmehro nur diejenigen über,
sende, welche noch einen Nutzen haben könten. Weil nun diesen
Briefen zu folge, unsre Haupt addresse an das la Tourische Haus
war, so wurden wir dahin sogleich zum diné eingeladen.
Monsieur de la Tour hat das besondre, daß er Premier President du Par-
lement, Intendant und Comandant zugleich ist, mithin die 3 vor-
nehmsten charges dieser Provintz in seiner Person vereiniget
hat: Er ist deswegen mit Geschäften sehr beladen, und komt nicht
eher, als bey der Tafel zum Vorschein, verschwindet auch so fort
wieder nach derselben, überläßet also der Madame de la Tour die
Gäste zu unterhalten, welche dazu auch alle qualitaeten hat.
Bey der Tafel war, außer vielen frantzösischen Officiers, auch
Madame de Limaye gegenwärtig, deren Mann, der premier Presi-
dent de la chambre des comptes, sich gleichfals nach Tische einfand
und wir also Gelegenheit hatten, den auch an ihn mithabenden Brief
demselben zu übergeben. Die Haupt-discourse waren vor und
nach der Tafel von unsren bisherigen Reisen, von denen ietzigen
teutschen affaires und sonderlich von der Glückseeligkeit eines Landes
unter einem Souverain, welchen letztern punct Madame de Limaye
recht geschickt auszuführen und zu behaupten wuste. Um 5 Uhr
nachmittag fuhren wir mit Madame de la Tour und Madame Limaye
in zwey Wagen 1) nach dem Concert, welches auf dem Rath-
Hause gehalten wird, und sowol mit Stimmen als Instrumenten
sehr wohl versehen ist, wie denn Madame de la Tour Illustrissimo zu
Ehren ein besonders Stück musiciren ließ, 2) au cours, wel-
cher zwar in der Stadt, aber dennoch vortrefflich schön und groß,
auch mit etlichen Fontainen besetzet ist, und endlich 3) in
der assemblee, welche in dem la Tourischen Hause alle Abend
gehalten wird, und sehr zahlreich ist.

Vom 18 bis 20ten August

Haben wir die Vormittage zu Besichtigungen angewendet, zu
welchen der President de Limaye uns allemal in seiner Carosse
abgeholet. Doch verdienen nur folgende 2 Stücke angemercket zu
werden: 1) die cathedral-Kirche, und darinn die Begräbniß-
monumenta zweyer Grafen von Provence, deren Grabschriften
aber so verblichen sind, daß man nichts davon lesen kan. Unter
denen nippes des Kirchen-Schatzes findet sich eine geweihete goldene

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[0413] uns dergleichen an Madame de la Tour mitgegeben, und heute früh erhielten wir noch einen Brief an Mr. de la Tour von dem Duc de Gesvres aus Paris, welcher zugleich Illmo berichtete, daß er Ihnen einen gantzen Pack solcher Briefe auf Nantes nachgeschicket, auf die er- haltene Nachricht aber, daß wir unsre Route geändert, solche wieder habe zurück kommen laßen, und nunmehro nur diejenigen über, sende, welche noch einen Nutzen haben könten. Weil nun diesen Briefen zu folge, unsre Haupt addresse an das la Tourische Haus war, so wurden wir dahin sogleich zum diné eingeladen. Mr. de la Tour hat das besondre, daß er Premier President du Par- lement, Intendant und Comandant zugleich ist, mithin die 3 vor- nehmsten charges dieser Provintz in seiner Person vereiniget hat: Er ist deswegen mit Geschäften sehr beladen, und komt nicht eher, als bey der Tafel zum Vorschein, verschwindet auch so fort wieder nach derselben, überläßet also der Madame de la Tour die Gäste zu unterhalten, welche dazu auch alle qualitaeten hat. Bey der Tafel war, außer vielen frantzösischen Officiers, auch Mad: de Limaye gegenwärtig, deren Mann, der premier Presi- dent de la chambre des comptes, sich gleichfals nach Tische einfand und wir also Gelegenheit hatten, den auch an ihn mithabenden Brief demselben zu übergeben. Die Haupt-discourse waren vor und nach der Tafel von unsren bisherigen Reisen, von denen ietzigen teutschen affaires und sonderlich von der Glückseeligkeit eines Landes unter einem Souverain, welchen letztern punct Mad : de Limaye recht geschickt auszuführen und zu behaupten wuste. Um 5 Uhr nachmittag fuhren wir mit Mad. de la Tour und Mad. Limaye in zwey Wagen 1) nach dem Concert, welches auf dem Rath- Hause gehalten wird, und sowol mit Stimmen als Instrumenten sehr wohl versehen ist, wie denn Mad. de la Tour Illmo zu Ehren ein besonders Stück musiciren ließ, 2) au cours, wel- cher zwar in der Stadt, aber dennoch vortrefflich schön und groß, auch mit etlichen Fontainen besetzet ist, und endlich 3) in der assemblee, welche in dem la Tourischen Hause alle Abend gehalten wird, und sehr zahlreich ist. Vom 18 bis 20ten Augl: Haben wir die Vormittage zu Besichtigungen angewendet, zu welchen der President de Limaye uns allemal in seiner Carosse abgeholet. Doch verdienen nur folgende 2 Stücke angemercket zu werden: 1) die cathedral-Kirche, und darinn die Begräbniß- monumenta zweyer Grafen von Provence, deren Grabschriften aber so verblichen sind, daß man nichts davon lesen kan. Unter denen nippes des Kirchen-Schatzes findet sich eine geweihete goldene

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/413>, abgerufen am 21.11.2024.