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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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13.
dieselbe Straße, in welcher Henri IV ermordet wurden, wie denn
an derselben Stelle oben in der Mauer des daselbst befindlichen
Hauses noch ein eisernes Creutz zu sehen, ein eiserner Pfosten
aber, welcher vor kurtzem noch unten an diesem Hause auf der
Straße gestanden, zum Behuff der passage, weggenommen ist. Wegen
desjenigen was im Diario Nummer 2. von einem Marchand de vi-
naigre gedacht worden, kan zur Erläuterung dinen, daß zwar
die Eßigmacher nicht zu denen Kauf-Leuten, sondern zu denen Me-
tiers gerechnet werden, diese Handthierung aber hier sehr profi-
tabel sey, zumal auch die Medicinischen Eßige von diesen
Leuten zubereitet werden, und es ihnen sonst an allerhand
Inventionen, mancherley künstliche und wohlriechende Eßig-Com-
positiones zu machen, nicht fehlet. Was uns denn von einer
Eßig-Sorte gesagt worden, davon die Kanne 10 Livres kostet,
dahero um so viel glaublicher ist, was uns versichert worden,
daß nehmlich mehr, als einer dieser Eßig-Fabricanten hier vor-
handen sey, der 3 bis 400000 Livres im Vermögen habe, wie
denn einer der vornehmsten Fermiers generaux sich in dieses
saure Geschlechte verheiratet hat. In der Abend-Visite, welche
wir von Herrn Petersen hatten, erfuhren wir von ihm, daß sein
Nachfolger morgen hier anlangen werde, und führten sonst
mancherley gute Gespräche, da er denn bey Gelegenheit mit ein-
fließen ließ, daß er zu Coppenhagen von einem studiosus theologiae
eine Predigt über die herrliche Berg-Predigt unsers Heilandes
gehöret, daraus der studiosus vorgestellet: 1) den Prediger 2) den
Predigt-Stuhl und 3.) die Predigt selbst. Wobey dieser elende Mensch
gleich zum voraus gesaget, daß er vor dißmal wegen Kürtze der
Zeit des 3te Stück nicht abhandeln wolle, welches er auch treulich
gehalten, und beym andern am weitläufigsten gewesen, da er
nehmlich von dem Berge, welcher der Predigt-Stuhl gewesen und deßen
eigentlicher Lage, aus vielen Scribenten die Zuhörer unterrichtet.

Den 9 November

Der gestern schriftlich erhaltenen Einladung zu Folge, begeben wir uns
gegen Mittag nach Neuily, und wurden vom Marquis de Montbrun und
seiner Gemahlin recht guthertzig und freundlich empfangen. Der erste erzehlte
ihr, daß Graf Reuß eben so devot sey, als sie, und nur erst am vergangenen
Sonntag communiciret habe, mit dem fernern Zusatz: vous devriez au moins
ramener ce brebis egare au bercail, worauf sie antwortete: ce n'est pas
moi, c'est bien, qui le doit faire. Als hierauf der Discours bey Gelegenheit
eines auf dem Camin liegenden Buchs, auf Monsieur Arnauld, Nicole und andre

13.
dieselbe Straße, in welcher Henri IV ermordet wurden, wie denn
an derselben Stelle oben in der Mauer des daselbst befindlichen
Hauses noch ein eisernes Creutz zu sehen, ein eiserner Pfosten
aber, welcher vor kurtzem noch unten an diesem Hause auf der
Straße gestanden, zum Behuff der passage, weggenommen ist. Wegen
desjenigen was im Diario Nummer 2. von einem Marchand de vi-
naigre gedacht worden, kan zur Erläuterung dinen, daß zwar
die Eßigmacher nicht zu denen Kauf-Leuten, sondern zu denen Me-
tiers gerechnet werden, diese Handthierung aber hier sehr profi-
tabel sey, zumal auch die Medicinischen Eßige von diesen
Leuten zubereitet werden, und es ihnen sonst an allerhand
Inventionen, mancherley künstliche und wohlriechende Eßig-Com-
positiones zu machen, nicht fehlet. Was uns denn von einer
Eßig-Sorte gesagt worden, davon die Kanne 10 Livres kostet,
dahero um so viel glaublicher ist, was uns versichert worden,
daß nehmlich mehr, als einer dieser Eßig-Fabricanten hier vor-
handen sey, der 3 bis 400000 Livres im Vermögen habe, wie
denn einer der vornehmsten Fermiérs generaux sich in dieses
saure Geschlechte verheiratet hat. In der Abend-Visite, welche
wir von Herrn Petersen hatten, erfuhren wir von ihm, daß sein
Nachfolger morgen hier anlangen werde, und führten sonst
mancherley gute Gespräche, da er denn bey Gelegenheit mit ein-
fließen ließ, daß er zu Coppenhagen von einem studiosus theologiae
eine Predigt über die herrliche Berg-Predigt unsers Heilandes
gehöret, daraus der studiosus vorgestellet: 1) den Prediger 2) den
Predigt-Stuhl und 3.) die Predigt selbst. Wobey dieser elende Mensch
gleich zum voraus gesaget, daß er vor dißmal wegen Kürtze der
Zeit des 3te Stück nicht abhandeln wolle, welches er auch treulich
gehalten, und beym andern am weitläufigsten gewesen, da er
nehmlich von dem Berge, welcher der Predigt-Stuhl gewesen und deßen
eigentlicher Lage, aus vielen Scribenten die Zuhörer unterrichtet.

Den 9 November

Der gestern schriftlich erhaltenen Einladung zu Folge, begeben wir uns
gegen Mittag nach Neuily, und wurden vom Marquis de Montbrun und
seiner Gemahlin recht guthertzig und freundlich empfangen. Der erste erzehlte
ihr, daß Graf Reuß eben so devot sey, als sie, und nur erst am vergangenen
Sonntag communiciret habe, mit dem fernern Zusatz: vous devriez au moins
ramener ce brebis egaré au bercail, worauf sie antwortete: ce n’est pas
moi, c’est bien, qui le doit faire. Als hierauf der Discours bey Gelegenheit
eines auf dem Camin liegenden Buchs, auf Monsieur Arnauld, Nicole und andre

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[0036] 13. dieselbe Straße, in welcher Henri IV ermordet wurden, wie denn an derselben Stelle oben in der Mauer des daselbst befindlichen Hauses noch ein eisernes Creutz zu sehen, ein eiserner Pfosten aber, welcher vor kurtzem noch unten an diesem Hause auf der Straße gestanden, zum Behuff der passage, weggenommen ist. Wegen desjenigen was im Diario No 2. von einem Marchand de vi- naigre gedacht worden, kan zur Erläuterung dinen, daß zwar die Eßigmacher nicht zu denen Kauf-Leuten, sondern zu denen Me- tiers gerechnet werden, diese Handthierung aber hier sehr profi- tabel sey, zumal auch die Medicinischen Eßige von diesen Leuten zubereitet werden, und es ihnen sonst an allerhand Inventionen, mancherley künstliche und wohlriechende Eßig-Com- positiones zu machen, nicht fehlet. Was uns denn von einer Eßig-Sorte gesagt worden, davon die Kanne 10 Livres kostet, dahero um so viel glaublicher ist, was uns versichert worden, daß nehml: mehr, als einer dieser Eßig-Fabricanten hier vor- handen sey, der 3 bis 400000 Livres im Vermögen habe, wie denn einer der vornehmsten Fermiérs generaux sich in dieses saure Geschlechte verheiratet hat. In der Abend-Visite, welche wir von H. Petersen hatten, erfuhren wir von ihm, daß sein Nachfolger morgen hier anlangen werde, und führten sonst mancherley gute Gespräche, da er denn bey Gelegenheit mit ein- fließen ließ, daß er zu Coppenhagen von einem stud. theol: eine Predigt über die herrliche Berg-Predigt unsers Heilandes gehöret, daraus der studiosus vorgestellet: 1) den Prediger 2) den Predigt-Stuhl und 3.) die Predigt selbst. Wobey dieser elende Mensch gleich zum voraus gesaget, daß er vor dißmal wegen Kürtze der Zeit des 3te Stück nicht abhandeln wolle, welches er auch treulich gehalten, und beym andern am weitläufigsten gewesen, da er nehmlich von dem Berge, welcher der Predigt-Stuhl gewesen und deßen eigentlicher Lage, aus vielen Scribenten die Zuhörer unterrichtet. Den 9 Novembr. Der gestern schriftlich erhaltenen Einladung zu Folge, begeben wir uns gegen Mittag nach Neuily, und wurden vom Marquis de Montbrun und seiner Gemahlin recht guthertzig und freundlich empfangen. Der erste erzehlte ihr, daß Graf Reuß eben so devot sey, als sie, und nur erst am vergangenen Sonntag communiciret habe, mit dem fernern Zusatz: vous devriez au moins ramener ce brebis egaré au bercail, worauf sie antwortete: ce n’est pas moi, c’est bien, qui le doit faire. Als hierauf der Discours bey Gelegenheit eines auf dem Camin liegenden Buchs, auf Mr. Arnauld, Nicole und andre

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/36>, abgerufen am 21.12.2024.