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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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reicher Kauffmann, an welchen wie von unserm
Banquier zu Paris addressiret waren, besuchte uns
noch diesem Abend, und offerirete sich zu allen Diensten.

den 21 Juni

Nachdem wir wohl ausgeschlaffen, holte uns Monsieur Masson
in einer gantz propren Carosse nach seinem Hause ab,
wolselbst wir seine Frau, Tochter, Bause und einige andre
Nachbarinnen en parade mit dem caffee auf uns
warten fanden. Wir expendierten uns aber auf des
kürzeste, und besahen heute, in Begleitung des Monsieur
Masson
, den wir auch Mittags zu Gaste behielten
folgende Merckwürdigkaiten des Ortes: 1) die cathedral-
Kirche
, welche a la Gothique gantz vortrefflich gebauet,
aber noch nie gantz vollendet gewesen ist. Henri IV
hat bey seiner letzten Wiederkehr zur Römischen Kirche, unter
andere ihm auferlegten poenitentzen, auch die Vollführung
dieses großen Gebäudes übernommen, und dazu eine
jährliche revenue von 16 tausend Livre tournois ausgesetzet. Als man
nun, zur Zeit des actien-Wesens 150 tausend Livre tournois von dieser
revenue zusammen gespahret gehabt, um an dem Ge-
bäude auf einmal einen rechten Ruck zu thun
und ein iedweder sein baares Geld, bis auf 500 Livre tournois
in die banque bringen müßen; so ist auch dieser
Vorrath drauf gegangen, und sind davor 1000 Livre tournois jährlich
Renthen angewiesen worden. Es worden also nun
Mehro 17 tausend Livre tournois auf des Gebäude alle Jahre richtig ver-
wendet, und ist der Grund zu denen 2 Haupt-Thürmen
schon fertig. In der Sacristey sahen wir unter andern
den vor 2 Jahren geschaften Himmel, welcher am frohn-
Leichnamms-Tage gebraucht wird. Er ist von rothem
Sammet mit Gold sehr kostbar gestickt. Die herum ge-
setzten, und mit unächten iedoch sehr wohl geschliffenen
Steinen eingefaßten Bilder-Stücke aus der Evangelischen
Historie sind a petit point von Seide auf das vor-
trefflichste und lebhaffteste genähet. Auch ist das

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reicher Kauffmann, an welchen wie von unserm
Banquier zu Paris addressiret waren, besuchte uns
noch diesem Abend, und offerirete sich zu allen Diensten.

den 21 Juni

Nachdem wir wohl ausgeschlaffen, holte uns Monsieur Masson
in einer gantz propren Carosse nach seinem Hause ab,
wolselbst wir seine Frau, Tochter, Bause und einige andre
Nachbarinnen en parade mit dem caffée auf uns
warten fanden. Wir expendierten uns aber auf des
kürzeste, und besahen heute, in Begleitung des Monsieur
Masson
, den wir auch Mittags zu Gaste behielten
folgende Merckwürdigkaiten des Ortes: 1) die cathedral-
Kirche
, welche à la Gothique gantz vortrefflich gebauet,
aber noch nie gantz vollendet gewesen ist. Henri IV
hat bey seiner letzten Wiederkehr zur Römischen Kirche, unter
andere ihm auferlegten poenitentzen, auch die Vollführung
dieses großen Gebäudes übernommen, und dazu eine
jährliche revenue von 16 tausend Livre tournois ausgesetzet. Als man
nun, zur Zeit des actien-Wesens 150 tausend Livre tournois von dieser
revenue zusammen gespahret gehabt, um an dem Ge-
bäude auf einmal einen rechten Ruck zu thun
und ein iedweder sein baares Geld, bis auf 500 Livre tournois  
in die banque bringen müßen; so ist auch dieser
Vorrath drauf gegangen, und sind davor 1000 Livre tournois  jährlich
Renthen angewiesen worden. Es worden also nun
Mehro 17 tausend Livre tournois auf des Gebäude alle Jahre richtig ver-
wendet, und ist der Grund zu denen 2 Haupt-Thürmen
schon fertig. In der Sacristey sahen wir unter andern
den vor 2 Jahren geschaften Himmel, welcher am frohn-
Leichnamms-Tage gebraucht wird. Er ist von rothem
Sammet mit Gold sehr kostbar gestickt. Die herum ge-
setzten, und mit unächten iedoch sehr wohl geschliffenen
Steinen eingefaßten Bilder-Stücke aus der Evangelischen
Historie sind à petit point von Seide auf das vor-
trefflichste und lebhaffteste genähet. Auch ist das

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[0354] 170 reicher Kauffmann, an welchen wie von unserm Banquier zu Paris addressiret waren, besuchte uns noch diesem Abend, und offerirete sich zu allen Diensten. den 21 Jun: Nachdem wir wohl ausgeschlaffen, holte uns Mr. Masson in einer gantz propren Carosse nach seinem Hause ab, wolselbst wir seine Frau, Tochter, Bause und einige andre Nachbarinnen en parade mit dem caffée auf uns warten fanden. Wir expendierten uns aber auf des kürzeste, und besahen heute, in Begleitung des Mr. Masson, den wir auch Mittags zu Gaste behielten folgende Merckwürdigkaiten des Ortes: 1) die cathedral- Kirche, welche à la Gothique gantz vortrefflich gebauet, aber noch nie gantz vollendet gewesen ist. Henri IV hat bey seiner letzten Wiederkehr zur Röml. Kirche, unter andere ihm auferlegten poenitentzen, auch die Vollführung dieses großen Gebäudes übernommen, und dazu eine jährliche revenue von 16 / m Lvr ausgesetzet. Als man nun, zur Zeit des actien-Wesens 150 / m Lvr von dieser revenue zusammen gespahret gehabt, um an dem Ge- bäude auf einmal einen rechten Ruck zu thun und ein iedweder sein baares Geld, bis auf 500 Lvr   in die banque bringen müßen; so ist auch dieser Vorrath drauf gegangen, und sind davor 1000 Lvr  jährl: Renthen angewiesen worden. Es worden also nun Mehro 17 / m Lvr auf des Gebäude alle Jahre richtig ver- wendet, und ist der Grund zu denen 2 Haupt-Thürmen schon fertig. In der Sacristey sahen wir unter andern den vor 2 Jahren geschaften Himmel, welcher am frohn- Leichnamms-Tage gebraucht wird. Er ist von rothem Sammet mit Gold sehr kostbar gestickt. Die herum ge- setzten, und mit unächten iedoch sehr wohl geschliffenen Steinen eingefaßten Bilder-Stücke aus der Evangelischen Historie sind à petit point von Seide auf das vor- trefflichste und lebhaffteste genähet. Auch ist das

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/354>, abgerufen am 21.11.2024.