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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Nummer 21
Den 26 Februar

Auf geschehene Einladung des Printzen von Schwartzburg, wohnten wir früh dem
Sermon seines Reise Predigers bey, welcher in dem Cabinet des Printzen, in
Gegenwart seiner und unsrer Ewangelischen Domestiquen, bey zugemachten
Thüren, in aller Stille gehalten wurde. Der Vortrag geschahe über das heutige
Ewangelium von Cananäischen Weibe, und wurde daraus gantz ordentlich und
erbaulich vorgestellet, der Vorzug der göttlichen Hülfe, 1) wie solcher Vorzug
zwar hart scheine, dennoch aber 2) recht väterlich gemeinet sey, und einen
höchst seegeneten Nutzen habe. Dieser Nutzen bestunde a) in Erkenntniß un-
sers Unvermögens, uns selbst zu helffen, b.) in der Ubung des Glaubens und
der Hofnung, und c) in einer desto größern Freude über die dennoch endlich
erscheinende Hülfe, folglich auch d.) in einem desto hertzlicherm und reichli-
cherem Lobe Gottes. Denen Printzen von Darmstadt, welche sich nach der Pre-
digt einfanden, machten wir unsre Entschuldigung, daß wir, wegen des
bereits beym Duc de Valentinois gehabten Engagements, heute nicht bey ihnen
speisen könten, musten es also auf morgen versprechen. Wir begaben
uns dannach bey ietztgedachtem Duc a l'Hotel de Matignon zur Mahlzeit.
Matignon ist sein eigentlicher Geschlechts-Nahme, als Duc de Valentinois
aber ist er Duc und Pair de France. Weil er die Souverainite Monaco, in
deren Haupt-Stadt doch frantzösische Guarnison ist, mit seiner nunmehro
verstorbenen Gemahlin erheyrathet, so führet sein ältester Sohn den
Titul eines Prince de Monaco. Er ist unter denen großen Herrn hier der
reicheste, auch vom Spiel kein Liebhaber, und sein Camerale findet sich in
vollkommen guten Stande. Außer ihm und seinen beyden ältesten Söhnen,
dem prince de Monaco und dem Comte de Matignon, waren die übrigen
Tisch-Gäste, der Duc de Bouillon, deßen Sohn prince de Turenne, der prince
de Guise
, welcher mit der Halb-Schwester des Duc de Bouillon versprochen ist,
der Comte de Rez, der Marquis de Montbrun, ein Cavalier des Duc de
Bouillon
und ein Abbe. Die Tafel wurde mit 3 Gängen und dem darauf
folgenden desert gantz propre serviret. Die Discourse vor, über und nach
der Tafel waren theils indifferent, theils von Staats-Sachen, wie denn
der Duc de Valentinois eben geschriebene Zeitungen von Brüßel erhielt,
darinn gemeldet wurde, daß Engelland, Holland, Dännemarck und Rußland
en faveur der Königin in Ungarn eine alliance geschloßen. Der prince
de Turenne
bezeugte sich gegen seinen Herrn Vater überaus artig, und sagte
sehr oft zu ihm, mon cher Papa. Das enlevement derer Bouillonischen
Pferde in Olau kam auch wieder vor, und wünschte der Duc de Bouillon,
daß Jemand sich die Mühe geben wolte, nach Berlin zu schreiben, wie sehr
hier diese Action dem Credit des Königs nachtheilig sey. Wenn die Pferde
auch der Königin in Ungarn selbst gehöret hätten, so würde kein genereuser
General, geschweige der Conquerant selbst, Schwierigkeit gemacht haben,
solche wider zu geben, weil das Objectum ia viel zu schlecht sey, als daß
man es mit unter die conquetes rechnen könne. Daß die Pferde bereits
verschenckt, sey eine schlechte Entschuldigung, weil allenfals der General,
welcher sie bekommen, wenn er zum Nachtheil seines Herrn so sehr interessi-
ret sey, von denselben mit Geld oder einem andern Present abgefunden
werden könne. Dem prince de Guise, welcher ietzo Gundlings Europäische

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Nummer 21
Den 26 Februar

Auf geschehene Einladung des Printzen von Schwartzburg, wohnten wir früh dem
Sermon seines Reise Predigers bey, welcher in dem Cabinet des Printzen, in
Gegenwart seiner und unsrer Ewangelischen Domestiquen, bey zugemachten
Thüren, in aller Stille gehalten wurde. Der Vortrag geschahe über das heutige
Ewangelium von Cananäischen Weibe, und wurde daraus gantz ordentlich und
erbaulich vorgestellet, der Vorzug der göttlichen Hülfe, 1) wie solcher Vorzug
zwar hart scheine, dennoch aber 2) recht väterlich gemeinet sey, und einen
höchst seegeneten Nutzen habe. Dieser Nutzen bestunde a) in Erkenntniß un-
sers Unvermögens, uns selbst zu helffen, b.) in der Ubung des Glaubens und
der Hofnung, und c) in einer desto größern Freude über die dennoch endlich
erscheinende Hülfe, folglich auch d.) in einem desto hertzlicherm und reichli-
cherem Lobe Gottes. Denen Printzen von Darmstadt, welche sich nach der Pre-
digt einfanden, machten wir unsre Entschuldigung, daß wir, wegen des
bereits beym Duc de Valentinois gehabten Engagements, heute nicht bey ihnen
speisen könten, musten es also auf morgen versprechen. Wir begaben
uns dannach bey ietztgedachtem Duc à l’Hotel de Matignon zur Mahlzeit.
Matignon ist sein eigentlicher Geschlechts-Nahme, als Duc de Valentinois
aber ist er Duc und Pair de France. Weil er die Souverainité Monaco, in
deren Haupt-Stadt doch frantzösische Guarnison ist, mit seiner nunmehro
verstorbenen Gemahlin erheyrathet, so führet sein ältester Sohn den
Titul eines Prince de Monaco. Er ist unter denen großen Herrn hier der
reicheste, auch vom Spiel kein Liebhaber, und sein Camerale findet sich in
vollkommen guten Stande. Außer ihm und seinen beyden ältesten Söhnen,
dem prince de Monaco und dem Comte de Matignon, waren die übrigen
Tisch-Gäste, der Duc de Bouillon, deßen Sohn prince de Turenne, der prince
de Guise
, welcher mit der Halb-Schwester des Duc de Bouillon versprochen ist,
der Comte de Rez, der Marquis de Montbrun, ein Cavalier des Duc de
Bouillon
und ein Abbé. Die Tafel wurde mit 3 Gängen und dem darauf
folgenden desert gantz propre serviret. Die Discourse vor, über und nach
der Tafel waren theils indifferent, theils von Staats-Sachen, wie denn
der Duc de Valentinois eben geschriebene Zeitungen von Brüßel erhielt,
darinn gemeldet wurde, daß Engelland, Holland, Dännemarck und Rußland
en faveur der Königin in Ungarn eine alliance geschloßen. Der prince
de Turenne
bezeugte sich gegen seinen Herrn Vater überaus artig, und sagte
sehr oft zu ihm, mon cher Papa. Das enlevement derer Bouillonischen
Pferde in Olau kam auch wieder vor, und wünschte der Duc de Bouillon,
daß Jemand sich die Mühe geben wolte, nach Berlin zu schreiben, wie sehr
hier diese Action dem Credit des Königs nachtheilig sey. Wenn die Pferde
auch der Königin in Ungarn selbst gehöret hätten, so würde kein genereuser
General, geschweige der Conquerant selbst, Schwierigkeit gemacht haben,
solche wider zu geben, weil das Objectum ia viel zu schlecht sey, als daß
man es mit unter die conquetes rechnen könne. Daß die Pferde bereits
verschenckt, sey eine schlechte Entschuldigung, weil allenfals der General,
welcher sie bekommen, wenn er zum Nachtheil seines Herrn so sehr interessi-
ret sey, von denselben mit Geld oder einem andern Present abgefunden
werden könne. Dem prince de Guise, welcher ietzo Gundlings Europäische

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/184>, abgerufen am 14.08.2024.