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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Nummer 20
Den 19 Februar

Aus der Passions-Geschichte, welche der Dähnische Prediger die Fasten-Zeit
über zu erklären, sich vorgenommen, wurde dismal das Stück von dem
Kampf im Garten Gethsemane abgehandelt, und daraus vorgestellet:
Das Seelen Leiden unsers Heilands 1.) nach denen Umständen des Orts
und der Zeit, und 2.) die Beschaffenheit des Leidens an sich selbst. In der
Application wurden die Zuhörer einestheils zu Erwegung der Große
unsrer Sünden, welche dieses schwere Seelen-Leiden verursachet, und
2.) zu Erwegung der großen Liebe Christi angewiesen. Den
Nachmittag expedirten wir unsre Post, wurden iedoch durch den
Zuspruch des Printzen von Schwartburg und des Herren von Hertenberg inter-
rumpiret, der Herr von Werneck aber welcher hier mit denen Zweybrückischen
und Naßauischen Affairen chargiret ist und uns besuchen wollen,
wurde nicht eingelaßen.

Den 20 Februar

Gab uns der Herr von Brummer ein Cavalier aus dem Bremschen
welcher schon 2 Jahr in Franckreich gewesen, und gantz morat zu seyn scheinet,
die Visite, wir hingegen legten dergleichen bey dem Printz von Schwartburg
ab, und halffen allerhand eingekaufte Waaren, sonderlich an Büchern
und Kupfer-Stichen beurtheilen. Mittags speiseten wir, der gestrigen
Invitation zu Folge, bey dem Herrn von Wind, und waren außer seinen
ordentlichen Tisch-Genoßen, obgedachter Herr von Brummer, ein Herr von Bär
welcher in Hannöverischen Kriegs-Diensten gewesen, und Monsieur
de Grimmarest
mit zu Gaste, da denn das meiste Entretien in
allerhand Urtheilen über die ietzige Zeit-Läufte bestunde, wie
auch unsre Schlesischen Nachrichten communicirten, weiter aber nichts
neues und Anmerckung würdiges erfuhren. Gegen Abend ersuchten
wir den Herrn von Wind um einige Praesentationen, welcher uns denn auch
nach dem Sicilianischen Ambassadeur Duc de Castropignano begleitete
und daselbst aufs beste introducirete. Der Duc war ungemein obli-
geant und redete von allerhand litterariis, bedauerte auch, daß
seine Gemahlin ausgefahren und er uns also vor dismal an die
selbe nicht praesentiren könte. Als unsrer Italiänischen Reise
welche vielleicht noch resolviret werden konte, discoursive gedacht
wurde, offerirte er sich uns zu Neapolis an seine Schwieger=
Mutter
zu addressiren, da wir in wenig Tagen mit dem
gantzen Hofe uns allen dortigen gens de qualite bekannt seyn
u. hoffentlich zu guter Conversation alles beßer, als in Franckreich
finden würden. Von einem bevorstehenden Krieg in Italien wolte
er nichts wißen, doch war es nothwendig eine denen Ministris
nicht ungewöhnliche affectirte Unwißenheit. Der Sardinische Am-
bassadeur, Comandeur de Solare, war auch gegenwärtig, die Prae-
sentation an denselben aber wurde von dem Herrn von Wind mit Fleiß ver-
schoben, bis solche in dem eignen Hause des Ambassadeurs wird
geschehen können. Beim Abschied begleitete uns der Duc bis vor die 2te

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Nummer 20
Den 19 Februar

Aus der Passions-Geschichte, welche der Dähnische Prediger die Fasten-Zeit
über zu erklären, sich vorgenommen, wurde dismal das Stück von dem
Kampf im Garten Gethsemane abgehandelt, und daraus vorgestellet:
Das Seelen Leiden unsers Heilands 1.) nach denen Umständen des Orts
und der Zeit, und 2.) die Beschaffenheit des Leidens an sich selbst. In der
Application wurden die Zuhörer einestheils zu Erwegung der Große
unsrer Sünden, welche dieses schwere Seelen-Leiden verursachet, und
2.) zu Erwegung der großen Liebe Christi angewiesen. Den
Nachmittag expedirten wir unsre Post, wurden iedoch durch den
Zuspruch des Printzen von Schwartburg und des Herren von Hertenberg inter-
rumpiret, der Herr von Werneck aber welcher hier mit denen Zweybrückischen
und Naßauischen Affairen chargiret ist und uns besuchen wollen,
wurde nicht eingelaßen.

Den 20 Februar

Gab uns der Herr von Brummer ein Cavalier aus dem Bremschen
welcher schon 2 Jahr in Franckreich gewesen, und gantz morat zu seyn scheinet,
die Visite, wir hingegen legten dergleichen bey dem Printz von Schwartburg
ab, und halffen allerhand eingekaufte Waaren, sonderlich an Büchern
und Kupfer-Stichen beurtheilen. Mittags speiseten wir, der gestrigen
Invitation zu Folge, bey dem Herrn von Wind, und waren außer seinen
ordentlichen Tisch-Genoßen, obgedachter Herr von Brummer, ein Herr von Bär
welcher in Hannöverischen Kriegs-Diensten gewesen, und Monsieur
de Grimmarest
mit zu Gaste, da denn das meiste Entretien in
allerhand Urtheilen über die ietzige Zeit-Läufte bestunde, wie
auch unsre Schlesischen Nachrichten communicirten, weiter aber nichts
neues und Anmerckung würdiges erfuhren. Gegen Abend ersuchten
wir den Herrn von Wind um einige Praesentationen, welcher uns denn auch
nach dem Sicilianischen Ambassadeur Duc de Castropignano begleitete
und daselbst aufs beste introducirete. Der Duc war ungemein obli-
geant und redete von allerhand litterariis, bedauerte auch, daß
seine Gemahlin ausgefahren und er uns also vor dismal an die
selbe nicht praesentiren könte. Als unsrer Italiänischen Reise
welche vielleicht noch resolviret werden konte, discoursive gedacht
wurde, offerirte er sich uns zu Neapolis an seine Schwieger=
Mutter
zu addressiren, da wir in wenig Tagen mit dem
gantzen Hofe uns allen dortigen gens de qualité bekannt seyn
u. hoffentlich zu guter Conversation alles beßer, als in Franckreich
finden würden. Von einem bevorstehenden Krieg in Italien wolte
er nichts wißen, doch war es nothwendig eine denen Ministris
nicht ungewöhnliche affectirte Unwißenheit. Der Sardinische Am-
bassadeur, Comandeur de Solare, war auch gegenwärtig, die Prae-
sentation an denselben aber wurde von dem Herrn von Wind mit Fleiß ver-
schoben, bis solche in dem eignen Hause des Ambassadeurs wird
geschehen können. Beim Abschied begleitete uns der Duc bis vor die 2te

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[0176] 81 No 20 Den 19 Febr: Aus der Passions-Geschichte, welche der Dähnische Prediger die Fasten-Zeit über zu erklären, sich vorgenommen, wurde dismal das Stück von dem Kampf im Garten Gethsemane abgehandelt, und daraus vorgestellet: Das Seelen Leiden unsers Heilands 1.) nach denen Umständen des Orts und der Zeit, u. 2.) die Beschaffenheit des Leidens an sich selbst. In der Application wurden die Zuhörer einestheils zu Erwegung der Große unsrer Sünden, welche dieses schwere Seelen-Leiden verursachet, u. 2.) zu Erwegung der großen Liebe Christi angewiesen. Den Nachmittag expedirten wir unsre Post, wurden iedoch durch den Zuspruch des Printzen von Schwartburg und des Hl. v. Hertenberg inter- rumpiret, der H. v. Werneck aber welcher hier mit denen Zweybrückl: und Naßauischen Affairen chargiret ist und uns besuchen wollen, wurde nicht eingelaßen. Den 20 Febr: Gab uns der H. v. Brummer ein Cavalier aus dem Bremschen welcher schon 2 Jahr in Franckreich gewesen, u. gantz morat zu seyn scheinet, die Visite, wir hingegen legten dergl: bey dem Printz von Schwartburg ab, und halffen allerhand eingekaufte Waaren, sonderl: an Büchern und Kupfer-Stichen beurtheilen. Mittags speiseten wir, der gestrigen Invitation zu Folge, bey dem H. v. Wind, und waren außer seinen ordentlichen Tisch-Genoßen, obgedachter H. v. Brummer, ein H. v. Bär welcher in Hannöverischen Kriegs-Diensten gewesen, und Mr. de Grimmarest mit zu Gaste, da denn das meiste Entretien in allerhand Urtheilen über die ietzige Zeit-Läufte bestunde, wie auch unsre Schlesisch: Nachrichten communicirten, weiter aber nichts neues und Anmerckung würdiges erfuhren. Gegen Abend ersuchten wir dH. v. Wind um einige Praesentationen, welcher uns denn auch nach dem Sicilianischen Ambassadeur Duc de Castropignano begleitete und daselbst aufs beste introducirete. Der Duc war ungemein obli- geant und redete von allerhand litterariis, bedauerte auch, daß seine Gemahlin ausgefahren und er uns also vor dismal an die selbe nicht praesentiren könte. Als unsrer Italiänischen Reise welche vielleicht noch resolviret werden konte, discoursive gedacht wurde, offerirte er sich uns zu Neapolis an seine Schwieger= Mutter zu addressiren, da wir in wenig Tagen mit dem gantzen Hofe uns allen dortigen gens de qualité bekannt seyn u. hoffentl: zu guter Conversation alles beßer, als in Franckreich finden würden. Von einem bevorstehenden Krieg in Italien wolte er nichts wißen, doch war es nothwendig eine denen Ministris nicht ungewöhnliche affectirte Unwißenheit. Der Sardinische Am- bassadeur, Comandeur de Solare, war auch gegenwärtig, die Prae- sentation an denselben aber wurde von dH. v. Wind mit Fleiß ver- schoben, bis solche in dem eignen Hause des Ambassadeurs wird geschehen können. Beim Abschied begleitete uns der Duc bis vor die 2te

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/176>, abgerufen am 21.11.2024.