[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756.MIRTIL. BEy stillem Abend hatte Mirtil noch den Mond- O du! so sprach er izt, du, den ich nächst den MIRTIL. BEy ſtillem Abend hatte Mirtil noch den Mond- O du! ſo ſprach er izt, du, den ich nächſt den <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0033" n="28"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">MIRTIL.</hi> </hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">B</hi>Ey ſtillem Abend hatte Mirtil noch den Mond-<lb/> beglänzten Sumpf beſucht, die ſtille Gegend im<lb/> Mondſchein und das Lied der Nachtigal hatten<lb/> ihn in ſtillem Entzüken aufgehalten. Aber izt<lb/> kam er zurük, in die grüne Laube von Reben<lb/> vor ſeiner einſamen Hütte, und fande ſeinen alten<lb/> Vater ſanftſchlummernd am Mondſchein, hinge-<lb/> ſunken, ſein graues Haupt auf den einen Arm<lb/> hingelehnt. Da ſtellt er ſich, die Arme in ein-<lb/> ander geſchlungen, vor ihm hin. Lang ſtand er<lb/> da, ſein Blik ruhete unverwandt auf dem Greiſen,<lb/> nur blikt’ er zuweilen auf, durch das glänzende<lb/> Reblaub zum Himmel, und Freuden-Thränen roll-<lb/> ten dem Sohn vom Auge.</p><lb/> <p>O du! ſo ſprach er izt, du, den ich nächſt den<lb/> Göttern am meiſten ehre! Vater! wie ſanft<lb/> ſchlummerſt du da! Wie lächelnd iſt der Schlaf<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [28/0033]
MIRTIL.
BEy ſtillem Abend hatte Mirtil noch den Mond-
beglänzten Sumpf beſucht, die ſtille Gegend im
Mondſchein und das Lied der Nachtigal hatten
ihn in ſtillem Entzüken aufgehalten. Aber izt
kam er zurük, in die grüne Laube von Reben
vor ſeiner einſamen Hütte, und fande ſeinen alten
Vater ſanftſchlummernd am Mondſchein, hinge-
ſunken, ſein graues Haupt auf den einen Arm
hingelehnt. Da ſtellt er ſich, die Arme in ein-
ander geſchlungen, vor ihm hin. Lang ſtand er
da, ſein Blik ruhete unverwandt auf dem Greiſen,
nur blikt’ er zuweilen auf, durch das glänzende
Reblaub zum Himmel, und Freuden-Thränen roll-
ten dem Sohn vom Auge.
O du! ſo ſprach er izt, du, den ich nächſt den
Göttern am meiſten ehre! Vater! wie ſanft
ſchlummerſt du da! Wie lächelnd iſt der Schlaf
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |