Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.Vortheilhaftestes Profil eines Mühlkanales. Kanal, wenn er auch gemauert oder ausgedielt ist, nach dem Profil eines halben Kreisesin der Prax auszuführen; wenn aber derselbe bloss ausgegraben wird, so erhalten sich die zwei Seitenwände nicht, weil sie bei einem halben Kreise an ihrem obern Theile senk- recht stehen und daher durch den Druck des Erdreichs einstürzen. Aus dieser Ursache bedient man sich in der Ausübung gewöhnlich rechtwinkeliger §. 216. Längere Mühlkanäle werden gewöhnlich nur in den Erdboden eingegraben und kön- *) Das Differenziale der Gleichung 2 y +
[Formel 4]
ist 2 d y --
[Formel 5]
; wird nun dieses = 0 gesetzt, so fin- det man y = [Formel 6] . **) Die Bedingniss, dass diese Peripherie ein Minimum seyn muss, gibt die Gleichung d x + 2 d y = 0,
und weil die Fläche f als gegeben betrachtet wird, so ist ihr Differenziale (y . d x + x . d y + 2 y . d y . Cos w) Sin w = 0. Setzen wir in diese Gleichung den Werth d x aus Vortheilhaftestes Profil eines Mühlkanales. Kanal, wenn er auch gemauert oder ausgedielt ist, nach dem Profil eines halben Kreisesin der Prax auszuführen; wenn aber derselbe bloss ausgegraben wird, so erhalten sich die zwei Seitenwände nicht, weil sie bei einem halben Kreise an ihrem obern Theile senk- recht stehen und daher durch den Druck des Erdreichs einstürzen. Aus dieser Ursache bedient man sich in der Ausübung gewöhnlich rechtwinkeliger §. 216. Längere Mühlkanäle werden gewöhnlich nur in den Erdboden eingegraben und kön- *) Das Differenziale der Gleichung 2 y +
[Formel 4]
ist 2 d y —
[Formel 5]
; wird nun dieses = 0 gesetzt, so fin- det man y = [Formel 6] . **) Die Bedingniss, dass diese Peripherie ein Minimum seyn muss, gibt die Gleichung d x + 2 d y = 0,
und weil die Fläche f als gegeben betrachtet wird, so ist ihr Differenziale (y . d x + x . d y + 2 y . d y . Cos w) Sin w = 0. Setzen wir in diese Gleichung den Werth d x aus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0310" n="292"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Vortheilhaftestes Profil eines Mühlkanales.</hi></fw><lb/> Kanal, wenn er auch gemauert oder ausgedielt ist, nach dem Profil eines halben Kreises<lb/> in der Prax auszuführen; wenn aber derselbe bloss ausgegraben wird, so erhalten sich die<lb/> zwei Seitenwände nicht, weil sie bei einem halben Kreise an ihrem obern Theile senk-<lb/> recht stehen und daher durch den Druck des Erdreichs einstürzen.</p><lb/> <p>Aus dieser Ursache bedient man sich in der Ausübung gewöhnlich rechtwinkeliger<lb/> oder trapezförmiger Figuren, wovon die erstern mit Holz oder Stein ausgelegt, die<lb/> letztern aber gewöhnlich im blossen Erdreiche ausgehoben werden. Wir wollen zuerst<lb/> annehmen, die Querschnittsfläche des Mühlkanals sey ein <hi rendition="#g">Rechteck</hi>, die Höhe des<lb/><note place="left">Fig.<lb/> 3.<lb/> Tab.<lb/> 54.</note>Wassers in diesem Kanale = y und die Breite des Kanals = x, so ist die Querschnitts-<lb/> fläche f = x . y und die vom Wasser berührte Peripherie p = 2 y + x. Weil aber<lb/> x = <formula/> ist, so ist auch p = 2 y + <formula/>, welches zu einem Minimum gemacht werden muss.<lb/> Dieses findet Statt, wenn y = <formula/> gesetzt wird <note place="foot" n="*)">Das Differenziale der Gleichung 2 y + <formula/> ist 2 d y — <formula/>; wird nun dieses = 0 gesetzt, so fin-<lb/> det man y = <formula/>.</note>. In diesem Falle ist aber<lb/> x = <formula/> = √ 2 f, demnach das Verhältniss y : x = <formula/> : √ 2 f = 1 : 2, also muss in je-<lb/> dem Falle die Breite des rechtwinkeligen Kanals doppelt so gross als die Höhe, oder <hi rendition="#g">die<lb/> Höhe der halben Breite gleich seyn</hi>. Wird demnach ein Mühlkanal mit Pfo-<lb/> sten ausgedielt oder von Stein ausgemauert, so ist die Gestalt eines halben Quadrates die<lb/> vortheilhafteste.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 216.</head><lb/> <p>Längere Mühlkanäle werden gewöhnlich nur in den Erdboden eingegraben und kön-<lb/> nen desshalb nicht mit rechtwinkeligen Seitenwänden versehen werden, weil auch eine<lb/> sehr feste Erde oder Schotter vom Wasser erweicht oder unterwaschen, demnach der<lb/> Kanal sehr bald einstürzen würde. Um dieses zu vermeiden, wird den Mühlkanälen ein<lb/> trapezförmiges, nach oben erweitertes Profil, und der schiefen Richtung der Sei-<lb/> tenwände nach Massgabe des mehr oder weniger bindenden Materials und der klei-<lb/> nern oder grössern Geschwindigkeit des Wassers eine steilere oder flächere Böschung ge-<lb/> geben. Um nun auch für diesen Fall das vortheilhafteste Verhältniss <formula/> zu finden, wol-<lb/><note place="left">Fig.<lb/> 4.</note>len wir den Böschungswinkel b d n = a c m = w, welcher von dem vorhandenen Materiale<lb/> abhängt, als gegeben betrachten, und die Seite a c = b d = y und die untere c d = x<lb/> setzen. Wir haben demnach die Höhe des Trapezes b n = y . Sin w und die Böschungs-<lb/> anlage m c = d n = y . Cos w, folglich die obere Parallele a b = x + 2 y . Cos w . Diess<lb/> gibt nunmehr die Fläche des Trapezes f = (c d + a b) <formula/> = (x + y . Cos w) y . Sin w<lb/> und die vom Wasser berührte Peripherie p = a c + c d + d b = x + 2 y. Die unter<lb/> dem Texte angeführte Rechnung <note xml:id="note-0310" next="#note-0311" place="foot" n="**)">Die Bedingniss, dass diese Peripherie ein Minimum seyn muss, gibt die Gleichung d x + 2 d y = 0,<lb/> und weil die Fläche f als gegeben betrachtet wird, so ist ihr Differenziale<lb/> (y . d x + x . d y + 2 y . d y . Cos w) Sin w = 0. Setzen wir in diese Gleichung den Werth d x aus</note> zeigt, dass p ein Minimum wird, wenn<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [292/0310]
Vortheilhaftestes Profil eines Mühlkanales.
Kanal, wenn er auch gemauert oder ausgedielt ist, nach dem Profil eines halben Kreises
in der Prax auszuführen; wenn aber derselbe bloss ausgegraben wird, so erhalten sich die
zwei Seitenwände nicht, weil sie bei einem halben Kreise an ihrem obern Theile senk-
recht stehen und daher durch den Druck des Erdreichs einstürzen.
Aus dieser Ursache bedient man sich in der Ausübung gewöhnlich rechtwinkeliger
oder trapezförmiger Figuren, wovon die erstern mit Holz oder Stein ausgelegt, die
letztern aber gewöhnlich im blossen Erdreiche ausgehoben werden. Wir wollen zuerst
annehmen, die Querschnittsfläche des Mühlkanals sey ein Rechteck, die Höhe des
Wassers in diesem Kanale = y und die Breite des Kanals = x, so ist die Querschnitts-
fläche f = x . y und die vom Wasser berührte Peripherie p = 2 y + x. Weil aber
x = [FORMEL] ist, so ist auch p = 2 y + [FORMEL], welches zu einem Minimum gemacht werden muss.
Dieses findet Statt, wenn y = [FORMEL] gesetzt wird *). In diesem Falle ist aber
x = [FORMEL] = √ 2 f, demnach das Verhältniss y : x = [FORMEL] : √ 2 f = 1 : 2, also muss in je-
dem Falle die Breite des rechtwinkeligen Kanals doppelt so gross als die Höhe, oder die
Höhe der halben Breite gleich seyn. Wird demnach ein Mühlkanal mit Pfo-
sten ausgedielt oder von Stein ausgemauert, so ist die Gestalt eines halben Quadrates die
vortheilhafteste.
Fig.
3.
Tab.
54.
§. 216.
Längere Mühlkanäle werden gewöhnlich nur in den Erdboden eingegraben und kön-
nen desshalb nicht mit rechtwinkeligen Seitenwänden versehen werden, weil auch eine
sehr feste Erde oder Schotter vom Wasser erweicht oder unterwaschen, demnach der
Kanal sehr bald einstürzen würde. Um dieses zu vermeiden, wird den Mühlkanälen ein
trapezförmiges, nach oben erweitertes Profil, und der schiefen Richtung der Sei-
tenwände nach Massgabe des mehr oder weniger bindenden Materials und der klei-
nern oder grössern Geschwindigkeit des Wassers eine steilere oder flächere Böschung ge-
geben. Um nun auch für diesen Fall das vortheilhafteste Verhältniss [FORMEL] zu finden, wol-
len wir den Böschungswinkel b d n = a c m = w, welcher von dem vorhandenen Materiale
abhängt, als gegeben betrachten, und die Seite a c = b d = y und die untere c d = x
setzen. Wir haben demnach die Höhe des Trapezes b n = y . Sin w und die Böschungs-
anlage m c = d n = y . Cos w, folglich die obere Parallele a b = x + 2 y . Cos w . Diess
gibt nunmehr die Fläche des Trapezes f = (c d + a b) [FORMEL] = (x + y . Cos w) y . Sin w
und die vom Wasser berührte Peripherie p = a c + c d + d b = x + 2 y. Die unter
dem Texte angeführte Rechnung **) zeigt, dass p ein Minimum wird, wenn
Fig.
4.
*) Das Differenziale der Gleichung 2 y + [FORMEL] ist 2 d y — [FORMEL]; wird nun dieses = 0 gesetzt, so fin-
det man y = [FORMEL].
**) Die Bedingniss, dass diese Peripherie ein Minimum seyn muss, gibt die Gleichung d x + 2 d y = 0,
und weil die Fläche f als gegeben betrachtet wird, so ist ihr Differenziale
(y . d x + x . d y + 2 y . d y . Cos w) Sin w = 0. Setzen wir in diese Gleichung den Werth d x aus
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