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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Gesetze für die Festigkeit des Eisens.

Die grösste Last, welche auf den Querschnitt eines N. Oest. Quad. Zolles für den ausge-
glühten Draht ausfällt, ist [Formel 1] 144 = 118191 Nied. Oest. Pfund,
oder 1182 Zentner.

§. 264.

Die angeführten 10 Versuche werden hinreichen, um hiernach allgemeine Gesetze
über die Festigkeit, Ausdehnung und Elasticität der Körper überhaupt und insbesondere
für das Eisen aufzustellen.

Es ist bekannt, dass alle Körper einer Ausdehnung fähig sind und dass ihre Maasse
durch angebrachte Kräfte (Gewichte) verlängert werden. Diese Ausdehnungen sind de-
sto grösser, je grösser die Spannkräfte sind, durch welche sie bewirkt werden. Weil aber
auch die Ausdehnung durch Vermehrung der Spannkräfte zu gross und die Cohäsions-
kraft überschritten werden kann, sonach der Körper am Ende zerrissen oder zerbrochen
wird, so folgt von selbst, dass die Festigkeit oder Cohäsionskraft p nicht bloss der Aus-
dehnung e allein proportional seyn könne, sondern dass der algebraische Ausdruck für
die Festigkeit p (oder die Funktion, wodurch die Verhältnisse der Spannkräfte und der
Ausdehnung einander gleich werden) nebst dem Faktor e noch einen Faktor von der
Form A -- B . e enthalten müsse, damit nämlich die Spannkraft p nicht nur anfangs, wo
e = 0 ist, sondern auch am Ende, wo die Spannkraft der Cohäsionskraft gleich ist und
die Ausdehnung ihre Gränze [Formel 2] erreicht, verschwinden möge. Diese Bemer-
kung gibt uns für die Festigkeit aller Körper die allgemeine Glei-
chung
p = e (A -- B . e), wo A und B durch besondere Erfahrungen für jeden Körper
bestimmt werden müssen. Für das Eisen haben wir §. 261 die allgemeine Gleichung ge-
funden [Formel 3] oder [Formel 4] , wo also [Formel 5] und
[Formel 6] ist. In dieser Gleichung ist P die grösste Last, welche der Körper tragen
kann, E die von der grössten Last P bewirkte Ausdehnung, p die jedesmalige Belastung
und e die hiedurch hervorgebrachte Ausdehnung.

§. 265.

Die Gleichung [Formel 7] bestimmt das Gesetz, nach welchem das Gewicht p
für jede gegebene Ausdehnung e, oder auch umgekehrt die Ausdehnung e, welche vom
Gewichte p bewirkt wird, berechnet werden kann. Es frägt sich nun noch, wie weit das
vom Gewichte p ausgedehnte Eisen nach seiner Befreiung von dieser Belastung wieder
zurückgehen werde.

Aus unzähligen Erfahrungen ist jedermann bekannt, dass das Eisen, so wie andere
ausdehnbare Körper nach dem Abnehmen der Belastung nicht ganz zu seiner vorigen Län-
ge zurückkehre, sondern dass von jeder merklichen Ausdehnung immer ein Theil zu-
rückbleibt und dem Eisen in dieser Hinsicht bisher nur eine unvollkommene
Elasticität
zugestanden wurde. Zur nöthigen Aufklärung der hiebei obwaltenden

Gesetze für die Festigkeit des Eisens.

Die grösste Last, welche auf den Querschnitt eines N. Oest. Quad. Zolles für den ausge-
glühten Draht ausfällt, ist [Formel 1] 144 = 118191 Nied. Oest. Pfund,
oder 1182 Zentner.

§. 264.

Die angeführten 10 Versuche werden hinreichen, um hiernach allgemeine Gesetze
über die Festigkeit, Ausdehnung und Elasticität der Körper überhaupt und insbesondere
für das Eisen aufzustellen.

Es ist bekannt, dass alle Körper einer Ausdehnung fähig sind und dass ihre Maasse
durch angebrachte Kräfte (Gewichte) verlängert werden. Diese Ausdehnungen sind de-
sto grösser, je grösser die Spannkräfte sind, durch welche sie bewirkt werden. Weil aber
auch die Ausdehnung durch Vermehrung der Spannkräfte zu gross und die Cohäsions-
kraft überschritten werden kann, sonach der Körper am Ende zerrissen oder zerbrochen
wird, so folgt von selbst, dass die Festigkeit oder Cohäsionskraft p nicht bloss der Aus-
dehnung e allein proportional seyn könne, sondern dass der algebraische Ausdruck für
die Festigkeit p (oder die Funktion, wodurch die Verhältnisse der Spannkräfte und der
Ausdehnung einander gleich werden) nebst dem Faktor e noch einen Faktor von der
Form A — B . e enthalten müsse, damit nämlich die Spannkraft p nicht nur anfangs, wo
e = 0 ist, sondern auch am Ende, wo die Spannkraft der Cohäsionskraft gleich ist und
die Ausdehnung ihre Gränze [Formel 2] erreicht, verschwinden möge. Diese Bemer-
kung gibt uns für die Festigkeit aller Körper die allgemeine Glei-
chung
p = e (A — B . e), wo A und B durch besondere Erfahrungen für jeden Körper
bestimmt werden müssen. Für das Eisen haben wir §. 261 die allgemeine Gleichung ge-
funden [Formel 3] oder [Formel 4] , wo also [Formel 5] und
[Formel 6] ist. In dieser Gleichung ist P die grösste Last, welche der Körper tragen
kann, E die von der grössten Last P bewirkte Ausdehnung, p die jedesmalige Belastung
und e die hiedurch hervorgebrachte Ausdehnung.

§. 265.

Die Gleichung [Formel 7] bestimmt das Gesetz, nach welchem das Gewicht p
für jede gegebene Ausdehnung e, oder auch umgekehrt die Ausdehnung e, welche vom
Gewichte p bewirkt wird, berechnet werden kann. Es frägt sich nun noch, wie weit das
vom Gewichte p ausgedehnte Eisen nach seiner Befreiung von dieser Belastung wieder
zurückgehen werde.

Aus unzähligen Erfahrungen ist jedermann bekannt, dass das Eisen, so wie andere
ausdehnbare Körper nach dem Abnehmen der Belastung nicht ganz zu seiner vorigen Län-
ge zurückkehre, sondern dass von jeder merklichen Ausdehnung immer ein Theil zu-
rückbleibt und dem Eisen in dieser Hinsicht bisher nur eine unvollkommene
Elasticität
zugestanden wurde. Zur nöthigen Aufklärung der hiebei obwaltenden

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[272/0302] Gesetze für die Festigkeit des Eisens. Die grösste Last, welche auf den Querschnitt eines N. Oest. Quad. Zolles für den ausge- glühten Draht ausfällt, ist [FORMEL] 144 = 118191 Nied. Oest. Pfund, oder 1182 Zentner. §. 264. Die angeführten 10 Versuche werden hinreichen, um hiernach allgemeine Gesetze über die Festigkeit, Ausdehnung und Elasticität der Körper überhaupt und insbesondere für das Eisen aufzustellen. Es ist bekannt, dass alle Körper einer Ausdehnung fähig sind und dass ihre Maasse durch angebrachte Kräfte (Gewichte) verlängert werden. Diese Ausdehnungen sind de- sto grösser, je grösser die Spannkräfte sind, durch welche sie bewirkt werden. Weil aber auch die Ausdehnung durch Vermehrung der Spannkräfte zu gross und die Cohäsions- kraft überschritten werden kann, sonach der Körper am Ende zerrissen oder zerbrochen wird, so folgt von selbst, dass die Festigkeit oder Cohäsionskraft p nicht bloss der Aus- dehnung e allein proportional seyn könne, sondern dass der algebraische Ausdruck für die Festigkeit p (oder die Funktion, wodurch die Verhältnisse der Spannkräfte und der Ausdehnung einander gleich werden) nebst dem Faktor e noch einen Faktor von der Form A — B . e enthalten müsse, damit nämlich die Spannkraft p nicht nur anfangs, wo e = 0 ist, sondern auch am Ende, wo die Spannkraft der Cohäsionskraft gleich ist und die Ausdehnung ihre Gränze [FORMEL] erreicht, verschwinden möge. Diese Bemer- kung gibt uns für die Festigkeit aller Körper die allgemeine Glei- chung p = e (A — B . e), wo A und B durch besondere Erfahrungen für jeden Körper bestimmt werden müssen. Für das Eisen haben wir §. 261 die allgemeine Gleichung ge- funden [FORMEL] oder [FORMEL], wo also [FORMEL] und [FORMEL] ist. In dieser Gleichung ist P die grösste Last, welche der Körper tragen kann, E die von der grössten Last P bewirkte Ausdehnung, p die jedesmalige Belastung und e die hiedurch hervorgebrachte Ausdehnung. §. 265. Die Gleichung [FORMEL] bestimmt das Gesetz, nach welchem das Gewicht p für jede gegebene Ausdehnung e, oder auch umgekehrt die Ausdehnung e, welche vom Gewichte p bewirkt wird, berechnet werden kann. Es frägt sich nun noch, wie weit das vom Gewichte p ausgedehnte Eisen nach seiner Befreiung von dieser Belastung wieder zurückgehen werde. Aus unzähligen Erfahrungen ist jedermann bekannt, dass das Eisen, so wie andere ausdehnbare Körper nach dem Abnehmen der Belastung nicht ganz zu seiner vorigen Län- ge zurückkehre, sondern dass von jeder merklichen Ausdehnung immer ein Theil zu- rückbleibt und dem Eisen in dieser Hinsicht bisher nur eine unvollkommene Elasticität zugestanden wurde. Zur nöthigen Aufklärung der hiebei obwaltenden

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/302>, abgerufen am 18.12.2024.