Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868.Ohr losdrücke, so würde er eine sehr angenehme Empfindung haben. Er machte ihm, was er zu thun habe, mit einer ungeladenen Flinte vor; worauf natürlich der Eingeborene sich erschoss (Holman a voyage round the world [1827-1832] 4, 403). Auch sonst wurden sie, wie offiziell festgestellt ist, aufs schmählichste, wie wilde Thiere behandelt. Gleich bei der ersten Ansiedelung schoss ein Offizier zum Vergnügen mit Kartätschen unter die friedlichen Eingeborenen (Bischof, Sketch of the hist. of V. Diemensl. 204); andere Schandthaten gleicher Art kamen häufig vor und erst seit 1810, sieben Jahre nach der Kolonisation ward festgestellt, dass die Ermordung eines Eingeborenen als Mord gelten und bestraft werden sollte (Hobarttown Almanak for the year 1830, 201). So erhoben sich endlich (1826) die erbitterten Eingeborenen zu einem Krieg auf Leben und Tod, in welchem sie gefährlich genug wurden, schliesslich aber -- war doch auf das Einfangen eines Erwachsenen 5 Pfund, auf das eines Kindes 2 Pfund als Preis gesetzt (Van Diemensland Almanak for the year 1831 p. 161) -- schliesslich unterlagen sie. Darwin, welcher auch der Meinung ist, dass ihre Vernichtung in dem "schändlichen Betragen" der Engländer ihren Grund hatte, vergleicht den Krieg gegen sie mit einer der grossen ostindischen Jagden (2, 226). Besiegt wurden sie nach Flinders Insel deportirt (Darwin a.a.O.); 1848 verpflanzte man sie nach Oyster Cove im Canal d'Entrecasteaux und jetzt werden sie wohl, vor dem Hauche einer solchen Kultur, ganz ausgestorben sein (Melville the present state of Australia 1851 370, Nixon 18). 1815 betrug ihre Zahl noch 5000, 1835 (nach dem Kriege) noch 111, 1847 waren noch 13 Männer, 22 Weiber und 10 Kinder übrig; 1854 waren, nachdem 29 gestorben und kein Kind weiter geboren war, noch 16 übrig (Petermann 1856, 441 nach dem Blaubuch). Nirgends fand Darwin die Vermehrung eines civilisirten über ein uncivilisirtes Volk auffallender wie hier: nirgends aber ist auch die Vernichtung der Eingeborenen roher und rücksichtsloser betrieben, als in Tasmanien (Bischof, Sketch of the hist. of V. Diemensland 1832, appendix); wobei wohl in Anschlag zu bringen ist, dass alle diese Scheusslichkeiten im 19. Jahrhundert ausgeübt sind. § 18. Geographische Vertheilung der einzelnen Gründe
für das Aussterben der Naturvölker. Vergleichung dieser
Gründe in Bezug auf ihr Gewicht. Sorglosigkeit der Völker also gegen sich, in leiblicher und geistiger Beziehung: ihre Ausschweifungen, so wie der geringe Werth, welchen sie dem Menschenleben geben; Druck der einheimischen Fürsten; dann ihr leibliches und geistiges Verkommen durch Ohr losdrücke, so würde er eine sehr angenehme Empfindung haben. Er machte ihm, was er zu thun habe, mit einer ungeladenen Flinte vor; worauf natürlich der Eingeborene sich erschoss (Holman a voyage round the world [1827-1832] 4, 403). Auch sonst wurden sie, wie offiziell festgestellt ist, aufs schmählichste, wie wilde Thiere behandelt. Gleich bei der ersten Ansiedelung schoss ein Offizier zum Vergnügen mit Kartätschen unter die friedlichen Eingeborenen (Bischof, Sketch of the hist. of V. Diemensl. 204); andere Schandthaten gleicher Art kamen häufig vor und erst seit 1810, sieben Jahre nach der Kolonisation ward festgestellt, dass die Ermordung eines Eingeborenen als Mord gelten und bestraft werden sollte (Hobarttown Almanak for the year 1830, 201). So erhoben sich endlich (1826) die erbitterten Eingeborenen zu einem Krieg auf Leben und Tod, in welchem sie gefährlich genug wurden, schliesslich aber — war doch auf das Einfangen eines Erwachsenen 5 Pfund, auf das eines Kindes 2 Pfund als Preis gesetzt (Van Diemensland Almanak for the year 1831 p. 161) — schliesslich unterlagen sie. Darwin, welcher auch der Meinung ist, dass ihre Vernichtung in dem »schändlichen Betragen« der Engländer ihren Grund hatte, vergleicht den Krieg gegen sie mit einer der grossen ostindischen Jagden (2, 226). Besiegt wurden sie nach Flinders Insel deportirt (Darwin a.a.O.); 1848 verpflanzte man sie nach Oyster Cove im Canal d'Entrecasteaux und jetzt werden sie wohl, vor dem Hauche einer solchen Kultur, ganz ausgestorben sein (Melville the present state of Australia 1851 370, Nixon 18). 1815 betrug ihre Zahl noch 5000, 1835 (nach dem Kriege) noch 111, 1847 waren noch 13 Männer, 22 Weiber und 10 Kinder übrig; 1854 waren, nachdem 29 gestorben und kein Kind weiter geboren war, noch 16 übrig (Petermann 1856, 441 nach dem Blaubuch). Nirgends fand Darwin die Vermehrung eines civilisirten über ein uncivilisirtes Volk auffallender wie hier: nirgends aber ist auch die Vernichtung der Eingeborenen roher und rücksichtsloser betrieben, als in Tasmanien (Bischof, Sketch of the hist. of V. Diemensland 1832, appendix); wobei wohl in Anschlag zu bringen ist, dass alle diese Scheusslichkeiten im 19. Jahrhundert ausgeübt sind. § 18. Geographische Vertheilung der einzelnen Gründe
für das Aussterben der Naturvölker. Vergleichung dieser
Gründe in Bezug auf ihr Gewicht. Sorglosigkeit der Völker also gegen sich, in leiblicher und geistiger Beziehung: ihre Ausschweifungen, so wie der geringe Werth, welchen sie dem Menschenleben geben; Druck der einheimischen Fürsten; dann ihr leibliches und geistiges Verkommen durch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0127"/> Ohr losdrücke, so würde er eine sehr angenehme Empfindung haben. Er machte ihm, was er zu thun habe, mit einer ungeladenen Flinte vor; worauf natürlich der Eingeborene sich erschoss (Holman a voyage round the world [1827-1832] 4, 403). Auch sonst wurden sie, wie offiziell festgestellt ist, aufs schmählichste, wie wilde Thiere behandelt. Gleich bei der ersten Ansiedelung schoss ein Offizier zum Vergnügen mit Kartätschen unter die friedlichen Eingeborenen (Bischof, Sketch of the hist. of V. Diemensl. 204); andere Schandthaten gleicher Art kamen häufig vor und erst seit 1810, sieben Jahre nach der Kolonisation ward festgestellt, dass die Ermordung eines Eingeborenen als Mord gelten und bestraft werden sollte (Hobarttown Almanak for the year 1830, 201). So erhoben sich endlich (1826) die erbitterten Eingeborenen zu einem Krieg auf Leben und Tod, in welchem sie gefährlich genug wurden, schliesslich aber — war doch auf das Einfangen eines Erwachsenen 5 Pfund, auf das eines Kindes 2 Pfund als Preis gesetzt (Van Diemensland Almanak for the year 1831 p. 161) — schliesslich unterlagen sie. Darwin, welcher auch der Meinung ist, dass ihre Vernichtung in dem »schändlichen Betragen« der Engländer ihren Grund hatte, vergleicht den Krieg gegen sie mit einer der grossen ostindischen Jagden (2, 226). Besiegt wurden sie nach Flinders Insel deportirt (Darwin a.a.O.); 1848 verpflanzte man sie nach Oyster Cove im Canal d'Entrecasteaux und jetzt werden sie wohl, vor dem Hauche einer solchen Kultur, ganz ausgestorben sein (Melville the present state of Australia 1851 370, Nixon 18). 1815 betrug ihre Zahl noch 5000, 1835 (nach dem Kriege) noch 111, 1847 waren noch 13 Männer, 22 Weiber und 10 Kinder übrig; 1854 waren, nachdem 29 gestorben und kein Kind weiter geboren war, noch 16 übrig (Petermann 1856, 441 nach dem Blaubuch). Nirgends fand Darwin die Vermehrung eines civilisirten über ein uncivilisirtes Volk auffallender wie hier: nirgends aber ist auch die Vernichtung der Eingeborenen roher und rücksichtsloser betrieben, als in Tasmanien (Bischof, Sketch of the hist. of V. Diemensland 1832, appendix); wobei wohl in Anschlag zu bringen ist, dass alle diese Scheusslichkeiten im 19. Jahrhundert ausgeübt sind.</p> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="1"> <head>§ 18. <hi rendition="#i">Geographische Vertheilung der einzelnen Gründe für das Aussterben der Naturvölker. Vergleichung dieser Gründe in Bezug auf ihr Gewicht.</hi></head><lb/> <p>Sorglosigkeit der Völker also gegen sich, in leiblicher und geistiger Beziehung: ihre Ausschweifungen, so wie der geringe Werth, welchen sie dem Menschenleben geben; Druck der einheimischen Fürsten; dann ihr leibliches und geistiges Verkommen durch </p> </div> </body> </text> </TEI> [0127]
Ohr losdrücke, so würde er eine sehr angenehme Empfindung haben. Er machte ihm, was er zu thun habe, mit einer ungeladenen Flinte vor; worauf natürlich der Eingeborene sich erschoss (Holman a voyage round the world [1827-1832] 4, 403). Auch sonst wurden sie, wie offiziell festgestellt ist, aufs schmählichste, wie wilde Thiere behandelt. Gleich bei der ersten Ansiedelung schoss ein Offizier zum Vergnügen mit Kartätschen unter die friedlichen Eingeborenen (Bischof, Sketch of the hist. of V. Diemensl. 204); andere Schandthaten gleicher Art kamen häufig vor und erst seit 1810, sieben Jahre nach der Kolonisation ward festgestellt, dass die Ermordung eines Eingeborenen als Mord gelten und bestraft werden sollte (Hobarttown Almanak for the year 1830, 201). So erhoben sich endlich (1826) die erbitterten Eingeborenen zu einem Krieg auf Leben und Tod, in welchem sie gefährlich genug wurden, schliesslich aber — war doch auf das Einfangen eines Erwachsenen 5 Pfund, auf das eines Kindes 2 Pfund als Preis gesetzt (Van Diemensland Almanak for the year 1831 p. 161) — schliesslich unterlagen sie. Darwin, welcher auch der Meinung ist, dass ihre Vernichtung in dem »schändlichen Betragen« der Engländer ihren Grund hatte, vergleicht den Krieg gegen sie mit einer der grossen ostindischen Jagden (2, 226). Besiegt wurden sie nach Flinders Insel deportirt (Darwin a.a.O.); 1848 verpflanzte man sie nach Oyster Cove im Canal d'Entrecasteaux und jetzt werden sie wohl, vor dem Hauche einer solchen Kultur, ganz ausgestorben sein (Melville the present state of Australia 1851 370, Nixon 18). 1815 betrug ihre Zahl noch 5000, 1835 (nach dem Kriege) noch 111, 1847 waren noch 13 Männer, 22 Weiber und 10 Kinder übrig; 1854 waren, nachdem 29 gestorben und kein Kind weiter geboren war, noch 16 übrig (Petermann 1856, 441 nach dem Blaubuch). Nirgends fand Darwin die Vermehrung eines civilisirten über ein uncivilisirtes Volk auffallender wie hier: nirgends aber ist auch die Vernichtung der Eingeborenen roher und rücksichtsloser betrieben, als in Tasmanien (Bischof, Sketch of the hist. of V. Diemensland 1832, appendix); wobei wohl in Anschlag zu bringen ist, dass alle diese Scheusslichkeiten im 19. Jahrhundert ausgeübt sind.
§ 18. Geographische Vertheilung der einzelnen Gründe für das Aussterben der Naturvölker. Vergleichung dieser Gründe in Bezug auf ihr Gewicht.
Sorglosigkeit der Völker also gegen sich, in leiblicher und geistiger Beziehung: ihre Ausschweifungen, so wie der geringe Werth, welchen sie dem Menschenleben geben; Druck der einheimischen Fürsten; dann ihr leibliches und geistiges Verkommen durch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … gutenberg.org: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in HTML.
(2012-11-06T13:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus gutenberg.org entsprechen muss.
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-06T13:54:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von HTML nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-06T13:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |