Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.§. 9. Arten der Wirksamkeit der Staatsgewalt. halten die Grundgesetze des Deutschen Bundes nebenden auf diess Vertragsverhältniss und die Bildung der ihm entsprechenden Vertragsorgane bezüglichen Fest- setzungen zugleich eine Reihe von Bestimmungen, wel- che das innere Staatsrecht der Bundesstaaten betreffen,5 und somit einen unter höhere Garantieen gestellten Be- standtheil dieses letzteren selbst ausmachen. 3. Die verschiedenen Arten der Wirksamkeit der Staatsgewalt. §. 9. Die Staatsgewalt herrscht, indem sie eine den ver- die Souverainetät ist kein Begriff, der bloss auf der Basis des Rechts beruht, er setzt zugleich, um zur vollen Wahrheit zu werden, eine entsprechende Macht voraus. Daher ist die Sou- verainetät der einzelnen deutschen Staaten, obschon rechtlich die- selbe, doch thatsächlich ausserordentlich verschieden. 5 Siehe unten §. 14. 1 Es ist hier von den s. g. Hoheitsrechten die Rede. Es ver-
dient bemerkt zu werden, dass man in einem Theile der Literatur der ganz unrichtigen Vorstellung begegnet, als wären diess er- worbene Rechte, welche dem daneben noch selbständig gedach- ten Staate als ihrem Rechtssubjecte zukämen. Dahin deutet es auch, wenn man von "wesentlichen" und "unveräusserlichen" Hoheitsrechten spricht, und sie in eine begriffliche Relation mit den s. g. "unwesentlichen" und "veräusserlichen" Hoheitsrech- ten, insbesondere den Regalien stellt. Diese Vorstellung ist ganz aufzugeben. Die hier behandelten s. g. Hoheitsrechte sind gar §. 9. Arten der Wirksamkeit der Staatsgewalt. halten die Grundgesetze des Deutschen Bundes nebenden auf diess Vertragsverhältniss und die Bildung der ihm entsprechenden Vertragsorgane bezüglichen Fest- setzungen zugleich eine Reihe von Bestimmungen, wel- che das innere Staatsrecht der Bundesstaaten betreffen,5 und somit einen unter höhere Garantieen gestellten Be- standtheil dieses letzteren selbst ausmachen. 3. Die verschiedenen Arten der Wirksamkeit der Staatsgewalt. §. 9. Die Staatsgewalt herrscht, indem sie eine den ver- die Souverainetät ist kein Begriff, der bloss auf der Basis des Rechts beruht, er setzt zugleich, um zur vollen Wahrheit zu werden, eine entsprechende Macht voraus. Daher ist die Sou- verainetät der einzelnen deutschen Staaten, obschon rechtlich die- selbe, doch thatsächlich ausserordentlich verschieden. 5 Siehe unten §. 14. 1 Es ist hier von den s. g. Hoheitsrechten die Rede. Es ver-
dient bemerkt zu werden, dass man in einem Theile der Literatur der ganz unrichtigen Vorstellung begegnet, als wären diess er- worbene Rechte, welche dem daneben noch selbständig gedach- ten Staate als ihrem Rechtssubjecte zukämen. Dahin deutet es auch, wenn man von „wesentlichen“ und „unveräusserlichen“ Hoheitsrechten spricht, und sie in eine begriffliche Relation mit den s. g. „unwesentlichen“ und „veräusserlichen“ Hoheitsrech- ten, insbesondere den Regalien stellt. Diese Vorstellung ist ganz aufzugeben. Die hier behandelten s. g. Hoheitsrechte sind gar <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0043" n="25"/><fw place="top" type="header">§. 9. Arten der Wirksamkeit der Staatsgewalt.</fw><lb/> halten die Grundgesetze des Deutschen Bundes neben<lb/> den auf diess Vertragsverhältniss und die Bildung der<lb/> ihm entsprechenden Vertragsorgane bezüglichen Fest-<lb/> setzungen zugleich eine Reihe von Bestimmungen, wel-<lb/> che das innere Staatsrecht der Bundesstaaten betreffen,<note place="foot" n="5">Siehe unten §. 14.</note><lb/> und somit einen unter höhere Garantieen gestellten Be-<lb/> standtheil dieses letzteren selbst ausmachen.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head>3. Die verschiedenen Arten der Wirksamkeit der Staatsgewalt.</head><lb/> <div n="3"> <head>§. 9.</head><lb/> <p>Die Staatsgewalt herrscht, indem sie eine den ver-<lb/> schiedenen Ansprüchen ihrer Bestimmung entsprechende<lb/> Thätigkeit äussert. Alle einzelnen Arten dieser Thätig-<lb/> keit umfasst man in dem Gesammtworte „<hi rendition="#g">Regierung</hi>.“<lb/> Gegenüber den mannichfachen Aufgaben des Staats-<lb/> lebens kann sie aber nicht immer die gleiche sein. Das<lb/> Volksleben bietet zunächst Interessen dar, deren Regu-<lb/><note xml:id="note-0043a" next="#note-0044" place="foot" n="1">Es ist hier von den s. g. Hoheitsrechten die Rede. Es ver-<lb/> dient bemerkt zu werden, dass man in einem Theile der Literatur<lb/> der ganz unrichtigen Vorstellung begegnet, als wären diess er-<lb/> worbene Rechte, welche dem daneben noch selbständig gedach-<lb/> ten Staate als ihrem Rechtssubjecte zukämen. Dahin deutet es<lb/> auch, wenn man von „wesentlichen“ und „unveräusserlichen“<lb/> Hoheitsrechten spricht, und sie in <hi rendition="#g">eine</hi> begriffliche Relation mit<lb/> den s. g. „unwesentlichen“ und „veräusserlichen“ Hoheitsrech-<lb/> ten, insbesondere den Regalien stellt. Diese Vorstellung ist ganz<lb/> aufzugeben. Die hier behandelten s. g. Hoheitsrechte sind gar</note><lb/><note xml:id="note-0043" prev="#note-0042" place="foot" n="4">die Souverainetät ist kein Begriff, der bloss auf der Basis des<lb/> Rechts beruht, er setzt zugleich, um zur vollen Wahrheit zu<lb/> werden, eine entsprechende <hi rendition="#g">Macht</hi> voraus. Daher ist die Sou-<lb/> verainetät der einzelnen deutschen Staaten, obschon rechtlich die-<lb/> selbe, doch <hi rendition="#g">thatsächlich</hi> ausserordentlich verschieden.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [25/0043]
§. 9. Arten der Wirksamkeit der Staatsgewalt.
halten die Grundgesetze des Deutschen Bundes neben
den auf diess Vertragsverhältniss und die Bildung der
ihm entsprechenden Vertragsorgane bezüglichen Fest-
setzungen zugleich eine Reihe von Bestimmungen, wel-
che das innere Staatsrecht der Bundesstaaten betreffen, 5
und somit einen unter höhere Garantieen gestellten Be-
standtheil dieses letzteren selbst ausmachen.
3. Die verschiedenen Arten der Wirksamkeit der Staatsgewalt.
§. 9.
Die Staatsgewalt herrscht, indem sie eine den ver-
schiedenen Ansprüchen ihrer Bestimmung entsprechende
Thätigkeit äussert. Alle einzelnen Arten dieser Thätig-
keit umfasst man in dem Gesammtworte „Regierung.“
Gegenüber den mannichfachen Aufgaben des Staats-
lebens kann sie aber nicht immer die gleiche sein. Das
Volksleben bietet zunächst Interessen dar, deren Regu-
1
4
5 Siehe unten §. 14.
1 Es ist hier von den s. g. Hoheitsrechten die Rede. Es ver-
dient bemerkt zu werden, dass man in einem Theile der Literatur
der ganz unrichtigen Vorstellung begegnet, als wären diess er-
worbene Rechte, welche dem daneben noch selbständig gedach-
ten Staate als ihrem Rechtssubjecte zukämen. Dahin deutet es
auch, wenn man von „wesentlichen“ und „unveräusserlichen“
Hoheitsrechten spricht, und sie in eine begriffliche Relation mit
den s. g. „unwesentlichen“ und „veräusserlichen“ Hoheitsrech-
ten, insbesondere den Regalien stellt. Diese Vorstellung ist ganz
aufzugeben. Die hier behandelten s. g. Hoheitsrechte sind gar
4 die Souverainetät ist kein Begriff, der bloss auf der Basis des
Rechts beruht, er setzt zugleich, um zur vollen Wahrheit zu
werden, eine entsprechende Macht voraus. Daher ist die Sou-
verainetät der einzelnen deutschen Staaten, obschon rechtlich die-
selbe, doch thatsächlich ausserordentlich verschieden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |