Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.Vierter Abschnitt. bloss als höchstes politisches Gericht, sondern zugleichals ein allgemeines Strafgericht über Staatsdiener er- scheint. Daraus erklären sich auch einzelne über den Zweck des Instituts hinausgreifende Bestimmungen, ins- besondere der Satz, dass nicht bloss Minister und De- partementschefs, sondern alle Staatsdiener, und zwar nicht nur wegen Verletzungen der Verfassung, sondern auch wegen Verletzung sonstiger Gesetze dort angeklagt werden können; ferner, dass nicht bloss die Stände, sondern auch der Monarch (namentlich auch gegen die Stände) Anklagen beim Staatsgerichtshofe erheben kann, und dass die Strafgewalt des Gerichtshofs auch auf die Befugniss, Geld- oder Gefängnissstrafen zu erkennen, ausgedehnt ist, wodurch die eigentliche Idee desselben, ein Schutz der Integrität des Grundgesetzes zu sein, einigermassen getrübt wird.12 2. Rechtsschutz des Staats und seiner Organe. §. 59. Wird der Staat angegriffen oder in seiner Existenz 12 Namentlich hat das Institut in der Württembergischen Ver-
fassung eine wenig klare und auf bestimmtem Principe ruhende Ausbildung erhalten. Vierter Abschnitt. bloss als höchstes politisches Gericht, sondern zugleichals ein allgemeines Strafgericht über Staatsdiener er- scheint. Daraus erklären sich auch einzelne über den Zweck des Instituts hinausgreifende Bestimmungen, ins- besondere der Satz, dass nicht bloss Minister und De- partementschefs, sondern alle Staatsdiener, und zwar nicht nur wegen Verletzungen der Verfassung, sondern auch wegen Verletzung sonstiger Gesetze dort angeklagt werden können; ferner, dass nicht bloss die Stände, sondern auch der Monarch (namentlich auch gegen die Stände) Anklagen beim Staatsgerichtshofe erheben kann, und dass die Strafgewalt des Gerichtshofs auch auf die Befugniss, Geld- oder Gefängnissstrafen zu erkennen, ausgedehnt ist, wodurch die eigentliche Idee desselben, ein Schutz der Integrität des Grundgesetzes zu sein, einigermassen getrübt wird.12 2. Rechtsschutz des Staats und seiner Organe. §. 59. Wird der Staat angegriffen oder in seiner Existenz 12 Namentlich hat das Institut in der Württembergischen Ver-
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Vierter Abschnitt.
bloss als höchstes politisches Gericht, sondern zugleich
als ein allgemeines Strafgericht über Staatsdiener er-
scheint. Daraus erklären sich auch einzelne über den
Zweck des Instituts hinausgreifende Bestimmungen, ins-
besondere der Satz, dass nicht bloss Minister und De-
partementschefs, sondern alle Staatsdiener, und zwar
nicht nur wegen Verletzungen der Verfassung, sondern
auch wegen Verletzung sonstiger Gesetze dort angeklagt
werden können; ferner, dass nicht bloss die Stände,
sondern auch der Monarch (namentlich auch gegen die
Stände) Anklagen beim Staatsgerichtshofe erheben kann,
und dass die Strafgewalt des Gerichtshofs auch auf die
Befugniss, Geld- oder Gefängnissstrafen zu erkennen,
ausgedehnt ist, wodurch die eigentliche Idee desselben,
ein Schutz der Integrität des Grundgesetzes zu sein,
einigermassen getrübt wird. 12
2. Rechtsschutz des Staats und seiner Organe.
§. 59.
Wird der Staat angegriffen oder in seiner Existenz
bedroht, so hilft er sich selbst in Anwendung seiner
Staatsmacht. Da die Angriffshandlungen vom Straf-
gesetze zu Verbrechen (Majestätsverbrechen, insbeson-
dere Hochverrath) erklärt werden, so erscheint die
Rechtssprechung der Criminalgerichte als die regel-
mässige Art, in der sich seine Selbsthülfe vollzieht.
12 Namentlich hat das Institut in der Württembergischen Ver-
fassung eine wenig klare und auf bestimmtem Principe ruhende
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Zitationshilfe: | Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/206>, abgerufen am 01.03.2025. |