Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.Dritter Abschnitt. im Widerspruche steht, so tritt auch hier der Fall selb-ständiger Prüfung ein, zu welcher er nicht nur berech- tigt, sondern vermöge seiner Verantwortlichkeit auch verpflichtet ist. e) Das Finanzgesetz. §. 50. Der Staat bedarf zur Erfüllung seiner Aufgaben 1 Eine Ergänzung durch Staatsanlehen oder Veräusse- rung von Staatsgütern findet natürlich nur statt für besondere, ausserordentliche Zwecke. Auch hierzu bedarf es der Zustimmung der Stände. Aber durch dieses Erforderniss wird die Aufnahme von Staatsanlehen und die Veräusserung von Staatsgütern nicht zu einem Acte der Gesetzgebung, sondern bleibt eine Verwaltungs- handlung. -- Erübrigungen aus früheren Finanzperioden er- scheinen, wie jetzt allgemein anerkannt wird, als Steuervorschüsse, über deren Verwendung ebenfalls nur im Finanzgesetze verfügt werden kann. 2 Die staatsbürgerliche Steuerpflicht im heutigen organischen
Staate ist eine andere, als diejenige des älteren deutschen Patri- monialstaats. Jetzt ist sie eine ganz allgemeine, lediglich durch Dritter Abschnitt. im Widerspruche steht, so tritt auch hier der Fall selb-ständiger Prüfung ein, zu welcher er nicht nur berech- tigt, sondern vermöge seiner Verantwortlichkeit auch verpflichtet ist. e) Das Finanzgesetz. §. 50. Der Staat bedarf zur Erfüllung seiner Aufgaben 1 Eine Ergänzung durch Staatsanlehen oder Veräusse- rung von Staatsgütern findet natürlich nur statt für besondere, ausserordentliche Zwecke. Auch hierzu bedarf es der Zustimmung der Stände. Aber durch dieses Erforderniss wird die Aufnahme von Staatsanlehen und die Veräusserung von Staatsgütern nicht zu einem Acte der Gesetzgebung, sondern bleibt eine Verwaltungs- handlung. — Erübrigungen aus früheren Finanzperioden er- scheinen, wie jetzt allgemein anerkannt wird, als Steuervorschüsse, über deren Verwendung ebenfalls nur im Finanzgesetze verfügt werden kann. 2 Die staatsbürgerliche Steuerpflicht im heutigen organischen
Staate ist eine andere, als diejenige des älteren deutschen Patri- monialstaats. Jetzt ist sie eine ganz allgemeine, lediglich durch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb n="154" facs="#f0172"/><fw type="header" place="top">Dritter Abschnitt.</fw><lb/> im Widerspruche steht, so tritt auch hier der Fall selb-<lb/> ständiger Prüfung ein, zu welcher er nicht nur berech-<lb/> tigt, sondern vermöge seiner Verantwortlichkeit auch<lb/> verpflichtet ist.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head>e) Das Finanzgesetz.</head><lb/> <div n="4"> <head>§. 50.</head><lb/> <p>Der Staat bedarf zur Erfüllung seiner Aufgaben<lb/> und zur Erhaltung aller Einrichtungen und Kräfte, auf<lb/> deren Zusammenwirken das Staatsleben beruht, der<lb/> umfassendsten Geldmittel. Diese findet er zunächst in<lb/> den Revenuen seiner Domainen, Forsten, Berg- und<lb/> Hüttenwerke, überhaupt der fiscalischen Gewerbe und<lb/> Regalien, des Post- und Eisenbahnbetriebs, wozu dann<lb/> Einkünfte der verschiedensten Art, als Strafgelder, Spor-<lb/> teln u. s. w., hinzutreten; insoweit diese Einnahmen aber<lb/> nicht ausreichen,<note place="foot" n="1">Eine Ergänzung durch <hi rendition="#g">Staatsanlehen</hi> oder <hi rendition="#g">Veräusse-<lb/> rung</hi> von <hi rendition="#g">Staatsgütern</hi> findet natürlich nur statt für besondere,<lb/> ausserordentliche Zwecke. Auch hierzu bedarf es der Zustimmung<lb/> der Stände. Aber durch dieses Erforderniss wird die Aufnahme<lb/> von Staatsanlehen und die Veräusserung von Staatsgütern nicht<lb/> zu einem Acte der Gesetzgebung, sondern bleibt eine Verwaltungs-<lb/> handlung. — <hi rendition="#g">Erübrigungen</hi> aus früheren Finanzperioden er-<lb/> scheinen, wie jetzt allgemein anerkannt wird, als Steuervorschüsse,<lb/> über deren Verwendung ebenfalls nur im Finanzgesetze verfügt<lb/> werden kann.</note> tritt die allgemeine Steuerpflicht der<lb/> Staatsbürger ergänzend ein, welche sich als eine der her-<lb/> vorragendsten Wirkungen ihres staatlichen Subjections-<lb/> verhältnisses darstellt.<note place="foot" n="2" xml:id="note-0172" next="#note-0173">Die staatsbürgerliche Steuerpflicht im heutigen organischen<lb/> Staate ist eine andere, als diejenige des älteren deutschen Patri-<lb/> monialstaats. Jetzt ist sie eine ganz allgemeine, lediglich durch</note> Ueber alle diese finanziellen<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [154/0172]
Dritter Abschnitt.
im Widerspruche steht, so tritt auch hier der Fall selb-
ständiger Prüfung ein, zu welcher er nicht nur berech-
tigt, sondern vermöge seiner Verantwortlichkeit auch
verpflichtet ist.
e) Das Finanzgesetz.
§. 50.
Der Staat bedarf zur Erfüllung seiner Aufgaben
und zur Erhaltung aller Einrichtungen und Kräfte, auf
deren Zusammenwirken das Staatsleben beruht, der
umfassendsten Geldmittel. Diese findet er zunächst in
den Revenuen seiner Domainen, Forsten, Berg- und
Hüttenwerke, überhaupt der fiscalischen Gewerbe und
Regalien, des Post- und Eisenbahnbetriebs, wozu dann
Einkünfte der verschiedensten Art, als Strafgelder, Spor-
teln u. s. w., hinzutreten; insoweit diese Einnahmen aber
nicht ausreichen, 1 tritt die allgemeine Steuerpflicht der
Staatsbürger ergänzend ein, welche sich als eine der her-
vorragendsten Wirkungen ihres staatlichen Subjections-
verhältnisses darstellt. 2 Ueber alle diese finanziellen
1 Eine Ergänzung durch Staatsanlehen oder Veräusse-
rung von Staatsgütern findet natürlich nur statt für besondere,
ausserordentliche Zwecke. Auch hierzu bedarf es der Zustimmung
der Stände. Aber durch dieses Erforderniss wird die Aufnahme
von Staatsanlehen und die Veräusserung von Staatsgütern nicht
zu einem Acte der Gesetzgebung, sondern bleibt eine Verwaltungs-
handlung. — Erübrigungen aus früheren Finanzperioden er-
scheinen, wie jetzt allgemein anerkannt wird, als Steuervorschüsse,
über deren Verwendung ebenfalls nur im Finanzgesetze verfügt
werden kann.
2 Die staatsbürgerliche Steuerpflicht im heutigen organischen
Staate ist eine andere, als diejenige des älteren deutschen Patri-
monialstaats. Jetzt ist sie eine ganz allgemeine, lediglich durch
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Zitationshilfe: | Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/172>, abgerufen am 01.03.2025. |