Maßgebendes zur Wertbestimmung des Chinagrases. Da das Chinagras nicht verholzt ist, so wird bei ihrer Wertbestimmung der Hauptwert darauf zu legen sein, daß man auch die wirkliche Chinagrasfaser vor sich habe, und nicht etwa eine der vielen anderen in dem Handel vor- kommenden minderwertigen Nesselfasern, welche morphologisch und chemisch nicht zu unterscheiden sind, so daß lediglich die physikalischen Eigenschaften und insbesondere die Feinheit, Festigkeit, Weichheit, Biegsamkeit und der seidenartige Glanz als maßgebend zu betrachten sind.
Formen, in denen das Chinagras zum Färben gelangt. Das Chinagras wird nur selten als unversponnene Fasern gefärbt. Wichtiger sind die Chinagrasgarne. Diese werden teils gefärbt, teils ungefärbt, zu Geweben aller Art verwebt, vornehmlich aber zu glatten seidenähnlichen Geweben; ungefärbt stellt ein solches das sogenannte Grasleinen (China grass-cloth) vor. Ferner kommen sammetartige Gewebe (Chinagrasplüsch) und gazeähnliche Gewebe (Spitzen, Schleier etc.) aus Chinagras vor.
Noch größer ist die Zahl der Gewebe, in welchen Chinagrasgarn als Ersatz für Seide verwebt wird, die also den Eindruck von Halbseide hervor- bringen sollen, ohne wirklich solche zu sein. Vorwiegend dient das Chinagrasgarn in gemischten Geweben, Gardinen, Portierenstoffen, in baumwollenen Kleider- stoffen und Kammgarnzeugen, sowie in Bordüren zur Hervorbringung seiden- glänzender Muster oder als Effektfäden.
Ueber die statistischen Daten des Chinagrases ist etwas Zuver- lässiges nicht zu berichten, da in den statistischen Berichten Chinagras mit Ramie, Rhea und Nessel zusammen aufgeführt wird.
§ 15. Ramie oder Rameh.
Herkunft. Die Ramie, von vielen auch schlechtweg Nesselfaser ge- nannt, ist eine dem Chinagras nahestehende Gespinnstfaser und stammt von Boehmeria tenacissima Gaud.*) Nach anderen Angaben soll auch Boehmeria utilis Ramie liefern. Die Stammpflanze wird in Indien, China, Japan, auf den Sunda-Inseln und Molukken kultiviert; der Stengel erreicht eine Höhe von 11/2 bis 3 m; sie ist eine perennierende Pflanze, welche ein Alter bis zu 15 Jahren erreicht und in ihrem Heimatlande jährlich 3 bis 4 mal geschnitten wird; auch in Nordamerika, Frankreich und Italien ("Ramia italiana") ist sie kultiviert worden. 1887 hat man auch in Ungarn, 1888 in Süddeutschland den Anbau der Ramiepflanze versucht. -- Nach anderen Angaben sollen auch Urtica sanguinea und Urtica crenulata Ramie liefern.
Gewinnung. Da der Stengel der Pflanze holzig wird, und die Bastzellenschicht der Ramiefaser unmittelbar an die Holzfaserschicht grenzt, auch die Bastfasern durch eine Art Pflanzenleim zusammengehalten werden, so liegen hier die Verhältnisse fast ganz wie beim Flachs, zumal auch hier die Faser selbst nicht verholzt ist. Die Gewinnung der Ramiefaser beruht daher auf den gleichen Prinzipien wie die der Flachsgewinnung, indem der ge-
*) Zwischen Ramie und Chinagras steht als Mittelglied noch die Roafaser oder der Rheahanf, über dessen Herkunft wie über dessen Wert als Gewebefaser die Mei- nungen noch geteilt sind.
Maßgebendes zur Wertbeſtimmung des Chinagraſes. Da das Chinagras nicht verholzt iſt, ſo wird bei ihrer Wertbeſtimmung der Hauptwert darauf zu legen ſein, daß man auch die wirkliche Chinagrasfaſer vor ſich habe, und nicht etwa eine der vielen anderen in dem Handel vor- kommenden minderwertigen Neſſelfaſern, welche morphologiſch und chemiſch nicht zu unterſcheiden ſind, ſo daß lediglich die phyſikaliſchen Eigenſchaften und insbeſondere die Feinheit, Feſtigkeit, Weichheit, Biegſamkeit und der ſeidenartige Glanz als maßgebend zu betrachten ſind.
Formen, in denen das Chinagras zum Färben gelangt. Das Chinagras wird nur ſelten als unverſponnene Faſern gefärbt. Wichtiger ſind die Chinagrasgarne. Dieſe werden teils gefärbt, teils ungefärbt, zu Geweben aller Art verwebt, vornehmlich aber zu glatten ſeidenähnlichen Geweben; ungefärbt ſtellt ein ſolches das ſogenannte Grasleinen (China grass-cloth) vor. Ferner kommen ſammetartige Gewebe (Chinagrasplüſch) und gazeähnliche Gewebe (Spitzen, Schleier ꝛc.) aus Chinagras vor.
Noch größer iſt die Zahl der Gewebe, in welchen Chinagrasgarn als Erſatz für Seide verwebt wird, die alſo den Eindruck von Halbſeide hervor- bringen ſollen, ohne wirklich ſolche zu ſein. Vorwiegend dient das Chinagrasgarn in gemiſchten Geweben, Gardinen, Portierenſtoffen, in baumwollenen Kleider- ſtoffen und Kammgarnzeugen, ſowie in Bordüren zur Hervorbringung ſeiden- glänzender Muſter oder als Effektfäden.
Ueber die ſtatiſtiſchen Daten des Chinagraſes iſt etwas Zuver- läſſiges nicht zu berichten, da in den ſtatiſtiſchen Berichten Chinagras mit Ramié, Rhea und Neſſel zuſammen aufgeführt wird.
§ 15. Ramié oder Ramêh.
Herkunft. Die Ramié, von vielen auch ſchlechtweg Neſſelfaſer ge- nannt, iſt eine dem Chinagras naheſtehende Geſpinnſtfaſer und ſtammt von Boehmeria tenacissima Gaud.*) Nach anderen Angaben ſoll auch Boehmeria utilis Ramié liefern. Die Stammpflanze wird in Indien, China, Japan, auf den Sunda-Inſeln und Molukken kultiviert; der Stengel erreicht eine Höhe von 1½ bis 3 m; ſie iſt eine perennierende Pflanze, welche ein Alter bis zu 15 Jahren erreicht und in ihrem Heimatlande jährlich 3 bis 4 mal geſchnitten wird; auch in Nordamerika, Frankreich und Italien („Ramia italiana“) iſt ſie kultiviert worden. 1887 hat man auch in Ungarn, 1888 in Süddeutſchland den Anbau der Ramiépflanze verſucht. — Nach anderen Angaben ſollen auch Urtica sanguinea und Urtica crenulata Ramié liefern.
Gewinnung. Da der Stengel der Pflanze holzig wird, und die Baſtzellenſchicht der Ramiéfaſer unmittelbar an die Holzfaſerſchicht grenzt, auch die Baſtfaſern durch eine Art Pflanzenleim zuſammengehalten werden, ſo liegen hier die Verhältniſſe faſt ganz wie beim Flachs, zumal auch hier die Faſer ſelbſt nicht verholzt iſt. Die Gewinnung der Ramiéfaſer beruht daher auf den gleichen Prinzipien wie die der Flachsgewinnung, indem der ge-
*) Zwiſchen Ramié und Chinagras ſteht als Mittelglied noch die Roafaſer oder der Rheahanf, über deſſen Herkunft wie über deſſen Wert als Gewebefaſer die Mei- nungen noch geteilt ſind.
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das Chinagras nicht verholzt iſt, ſo wird bei ihrer Wertbeſtimmung der
Hauptwert darauf zu legen ſein, daß man auch die wirkliche Chinagrasfaſer
vor ſich habe, und nicht etwa eine der vielen anderen in dem Handel vor-
kommenden minderwertigen Neſſelfaſern, welche morphologiſch und chemiſch
nicht zu unterſcheiden ſind, ſo daß lediglich die phyſikaliſchen Eigenſchaften
und insbeſondere die Feinheit, Feſtigkeit, Weichheit, Biegſamkeit und der
ſeidenartige Glanz als maßgebend zu betrachten ſind.
Formen, in denen das Chinagras zum Färben gelangt.
Das Chinagras wird nur ſelten als unverſponnene Faſern gefärbt. Wichtiger
ſind die Chinagrasgarne. Dieſe werden teils gefärbt, teils ungefärbt,
zu Geweben aller Art verwebt, vornehmlich aber zu glatten ſeidenähnlichen
Geweben; ungefärbt ſtellt ein ſolches das ſogenannte Grasleinen (China
grass-cloth) vor. Ferner kommen ſammetartige Gewebe (Chinagrasplüſch)
und gazeähnliche Gewebe (Spitzen, Schleier ꝛc.) aus Chinagras vor.
Noch größer iſt die Zahl der Gewebe, in welchen Chinagrasgarn als
Erſatz für Seide verwebt wird, die alſo den Eindruck von Halbſeide hervor-
bringen ſollen, ohne wirklich ſolche zu ſein. Vorwiegend dient das Chinagrasgarn
in gemiſchten Geweben, Gardinen, Portierenſtoffen, in baumwollenen Kleider-
ſtoffen und Kammgarnzeugen, ſowie in Bordüren zur Hervorbringung ſeiden-
glänzender Muſter oder als Effektfäden.
Ueber die ſtatiſtiſchen Daten des Chinagraſes iſt etwas Zuver-
läſſiges nicht zu berichten, da in den ſtatiſtiſchen Berichten Chinagras mit
Ramié, Rhea und Neſſel zuſammen aufgeführt wird.
§ 15. Ramié oder Ramêh.
Herkunft. Die Ramié, von vielen auch ſchlechtweg Neſſelfaſer ge-
nannt, iſt eine dem Chinagras naheſtehende Geſpinnſtfaſer und ſtammt von
Boehmeria tenacissima Gaud. *) Nach anderen Angaben ſoll auch Boehmeria
utilis Ramié liefern. Die Stammpflanze wird in Indien, China, Japan,
auf den Sunda-Inſeln und Molukken kultiviert; der Stengel erreicht eine
Höhe von 1½ bis 3 m; ſie iſt eine perennierende Pflanze, welche ein Alter
bis zu 15 Jahren erreicht und in ihrem Heimatlande jährlich 3 bis 4 mal
geſchnitten wird; auch in Nordamerika, Frankreich und Italien („Ramia
italiana“) iſt ſie kultiviert worden. 1887 hat man auch in Ungarn, 1888 in
Süddeutſchland den Anbau der Ramiépflanze verſucht. — Nach anderen
Angaben ſollen auch Urtica sanguinea und Urtica crenulata Ramié liefern.
Gewinnung. Da der Stengel der Pflanze holzig wird, und die
Baſtzellenſchicht der Ramiéfaſer unmittelbar an die Holzfaſerſchicht grenzt, auch
die Baſtfaſern durch eine Art Pflanzenleim zuſammengehalten werden, ſo
liegen hier die Verhältniſſe faſt ganz wie beim Flachs, zumal auch hier die
Faſer ſelbſt nicht verholzt iſt. Die Gewinnung der Ramiéfaſer beruht daher
auf den gleichen Prinzipien wie die der Flachsgewinnung, indem der ge-
*) Zwiſchen Ramié und Chinagras ſteht als Mittelglied noch die Roafaſer oder
der Rheahanf, über deſſen Herkunft wie über deſſen Wert als Gewebefaſer die Mei-
nungen noch geteilt ſind.
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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/100>, abgerufen am 22.12.2024.
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