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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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sich zwar auf einen sechsten, noch unentwickelten, in kein
Werkzeug, wie das Aug und das Ohr eingeschlossenen
Sinn, welcher in Geheim Dinge ausspähen soll, die
mit den übrigen Sinnen in keiner Verbindung stehen.
Wenn diesen Sinn Wer hat, so sind es finstre, zu lau-
ter außerordentlichen Vorstellungen geneigte, schwarz-
gallichte, oder höchst empfindsame Leute -- die wahr-
lich so oft von ihren innern Gefühlen betrogen wer-
den, daß sie sich in allen Fällen wenig auf einen sech-
sten Sinn verlassen können, an dem sie daher ein sehr
unnützes Geschenk erhalten haben.

Jeder Leser entscheide nun von selbst, in wiefern
die Seele eine Fähigkeit habe, daß Maaß ihrer kör-
perlichen Kräfte zu beurtheilen. -- Ob diese Fähigkeit
ein selbstthätiges Bestreben, oder eine blos leidentliche
Abhängigkeit von körperlichen Veränderungen genannt
zu werden verdiene? Oder in wiefern beyde einen An-
theil daran haben? Und ob endlich die Seele bey den
natürlichen und Lebensverrichtungen des Körpers,
durch was immer für eine Art von Reiz und Vorher-
sehung, zur Gegenwirkung bestimmt werde?

Fortsetzung des Vergleiches des Menschen mit
den Thieren.

§. 24.

Der Vergleich des Menschen mit den Thieren
führt uns noch auf manche wichtige Untersuchung.

Samuel Reimarius läßt den Thieren 1) ein em-
pfindliches Leben, das durch einen organischen Leib,
vermittelst eines mit der Art des Lebens harmoniren-

den

ſich zwar auf einen ſechſten, noch unentwickelten, in kein
Werkzeug, wie das Aug und das Ohr eingeſchloſſenen
Sinn, welcher in Geheim Dinge ausſpaͤhen ſoll, die
mit den uͤbrigen Sinnen in keiner Verbindung ſtehen.
Wenn dieſen Sinn Wer hat, ſo ſind es finſtre, zu lau-
ter außerordentlichen Vorſtellungen geneigte, ſchwarz-
gallichte, oder hoͤchſt empfindſame Leute — die wahr-
lich ſo oft von ihren innern Gefuͤhlen betrogen wer-
den, daß ſie ſich in allen Faͤllen wenig auf einen ſech-
ſten Sinn verlaſſen koͤnnen, an dem ſie daher ein ſehr
unnuͤtzes Geſchenk erhalten haben.

Jeder Leſer entſcheide nun von ſelbſt, in wiefern
die Seele eine Faͤhigkeit habe, daß Maaß ihrer koͤr-
perlichen Kraͤfte zu beurtheilen. — Ob dieſe Faͤhigkeit
ein ſelbſtthaͤtiges Beſtreben, oder eine blos leidentliche
Abhaͤngigkeit von koͤrperlichen Veraͤnderungen genannt
zu werden verdiene? Oder in wiefern beyde einen An-
theil daran haben? Und ob endlich die Seele bey den
natürlichen und Lebensverrichtungen des Koͤrpers,
durch was immer fuͤr eine Art von Reiz und Vorher-
ſehung, zur Gegenwirkung beſtimmt werde?

Fortſetzung des Vergleiches des Menſchen mit
den Thieren.

§. 24.

Der Vergleich des Menſchen mit den Thieren
fuͤhrt uns noch auf manche wichtige Unterſuchung.

Samuel Reimarius laͤßt den Thieren 1) ein em-
pfindliches Leben, das durch einen organiſchen Leib,
vermittelſt eines mit der Art des Lebens harmoniren-

den
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[77/0096] ſich zwar auf einen ſechſten, noch unentwickelten, in kein Werkzeug, wie das Aug und das Ohr eingeſchloſſenen Sinn, welcher in Geheim Dinge ausſpaͤhen ſoll, die mit den uͤbrigen Sinnen in keiner Verbindung ſtehen. Wenn dieſen Sinn Wer hat, ſo ſind es finſtre, zu lau- ter außerordentlichen Vorſtellungen geneigte, ſchwarz- gallichte, oder hoͤchſt empfindſame Leute — die wahr- lich ſo oft von ihren innern Gefuͤhlen betrogen wer- den, daß ſie ſich in allen Faͤllen wenig auf einen ſech- ſten Sinn verlaſſen koͤnnen, an dem ſie daher ein ſehr unnuͤtzes Geſchenk erhalten haben. Jeder Leſer entſcheide nun von ſelbſt, in wiefern die Seele eine Faͤhigkeit habe, daß Maaß ihrer koͤr- perlichen Kraͤfte zu beurtheilen. — Ob dieſe Faͤhigkeit ein ſelbſtthaͤtiges Beſtreben, oder eine blos leidentliche Abhaͤngigkeit von koͤrperlichen Veraͤnderungen genannt zu werden verdiene? Oder in wiefern beyde einen An- theil daran haben? Und ob endlich die Seele bey den natürlichen und Lebensverrichtungen des Koͤrpers, durch was immer fuͤr eine Art von Reiz und Vorher- ſehung, zur Gegenwirkung beſtimmt werde? Fortſetzung des Vergleiches des Menſchen mit den Thieren. §. 24. Der Vergleich des Menſchen mit den Thieren fuͤhrt uns noch auf manche wichtige Unterſuchung. Samuel Reimarius laͤßt den Thieren 1) ein em- pfindliches Leben, das durch einen organiſchen Leib, vermittelſt eines mit der Art des Lebens harmoniren- den

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/96>, abgerufen am 21.11.2024.