Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

werde in der Folge, besonders in dem Kapitel von
den Entscheidungen mehrere Thatbeweise anführen, um
den Nutzen dieser Art Träume zu bestättigen. Schlüß-
lich gebe ich hier den Rath, den mir einstens einer
meiner weisesten Lehrer gab: Sich nie um die Erklä-
rung einer Sache den Kopf zu brechen, bis man
von der Wahrheit und der Beschaffenheit derselben
genau unterrichtet ist. Sehr merkwürdige Beyspiele,
wie solche Fälle zu prüfen sind, wird man bey Tie-
demann
und andern finden.

§. 22.
Vorboten einiger Krankheiten.

Den Aerzten sind zwar mehrere dergleichen
Vorboten, oder Vorgefühle bekannt. Dennoch
wünschten die Philosophen, daß sie aufmerksamer da-
rauf seyn möchten. Helmont*) hat einige vortrefliche
Bemerkungen. "Ich habe bemerkt, sagt er, daß
bey den Verrückten zuerst das Gedächtniß wanket, daß
darauf eine wieder Willen emporkommende, und un-
aufhörliche Vorstellung einer einzigen Sache erfolgt. --
Ich habe einige Verrückte genau gefragt, und erfah-

ren
bernat, omnesque corporis actiones ipsa obit. Neque enim
Corpus dormiens sentit, ipsa vero vigilans cognoscit, vi-
denda videt, & audienda audit, vadit, tangit, moeret,
ratiocinatur, ac, ut paucis dicam, quaecumque corporis,
aut animae officia sunt, ea omnia in somnis anima pera-
git.
Und Galenus: Videtur enim in somnis anima in cor-
poris profundum ingressa, et ab externis sensilibus digres-
sa, affectionem, quae in corpore est, sentire; atque eorum
omnium, quae appetit, tanquam jam praesentium, Visu
concipere.
*) Idea Demens.

werde in der Folge, beſonders in dem Kapitel von
den Entſcheidungen mehrere Thatbeweiſe anfuͤhren, um
den Nutzen dieſer Art Traͤume zu beſtaͤttigen. Schluͤß-
lich gebe ich hier den Rath, den mir einſtens einer
meiner weiſeſten Lehrer gab: Sich nie um die Erklaͤ-
rung einer Sache den Kopf zu brechen, bis man
von der Wahrheit und der Beſchaffenheit derſelben
genau unterrichtet iſt. Sehr merkwuͤrdige Beyſpiele,
wie ſolche Faͤlle zu pruͤfen ſind, wird man bey Tie-
demann
und andern finden.

§. 22.
Vorboten einiger Krankheiten.

Den Aerzten ſind zwar mehrere dergleichen
Vorboten, oder Vorgefuͤhle bekannt. Dennoch
wuͤnſchten die Philoſophen, daß ſie aufmerkſamer da-
rauf ſeyn moͤchten. Helmont*) hat einige vortrefliche
Bemerkungen. “Ich habe bemerkt, ſagt er, daß
bey den Verruͤckten zuerſt das Gedaͤchtniß wanket, daß
darauf eine wieder Willen emporkommende, und un-
aufhoͤrliche Vorſtellung einer einzigen Sache erfolgt. —
Ich habe einige Verruͤckte genau gefragt, und erfah-

ren
bernat, omnesque corporis actiones ipſa obit. Neque enim
Corpus dormiens ſentit, ipſa vero vigilans cognoſcit, vi-
denda videt, & audienda audit, vadit, tangit, mœret,
ratiocinatur, ac, ut paucis dicam, quæcumque corporis,
aut animæ officia ſunt, ea omnia in ſomnis anima pera-
git.
Und Galenus: Videtur enim in ſomnis anima in cor-
poris profundum ingreſſa, et ab externis ſenſilibus digreſ-
ſa, affectionem, quæ in corpore eſt, ſentire; atque eorum
omnium, quæ appetit, tanquam jam præſentium, Viſu
concipere.
*) Idea Demens.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0091" n="72"/>
werde in der Folge, be&#x017F;onders in dem Kapitel von<lb/>
den Ent&#x017F;cheidungen mehrere Thatbewei&#x017F;e anfu&#x0364;hren, um<lb/>
den Nutzen die&#x017F;er Art Tra&#x0364;ume zu be&#x017F;ta&#x0364;ttigen. Schlu&#x0364;ß-<lb/>
lich gebe ich hier den Rath, den mir ein&#x017F;tens einer<lb/>
meiner wei&#x017F;e&#x017F;ten Lehrer gab: Sich nie um die Erkla&#x0364;-<lb/>
rung einer Sache den Kopf zu brechen, bis man<lb/>
von der Wahrheit und der Be&#x017F;chaffenheit der&#x017F;elben<lb/>
genau unterrichtet i&#x017F;t. Sehr merkwu&#x0364;rdige Bey&#x017F;piele,<lb/>
wie &#x017F;olche Fa&#x0364;lle zu pru&#x0364;fen &#x017F;ind, wird man bey <hi rendition="#fr">Tie-<lb/>
demann</hi> und andern finden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 22.<lb/><hi rendition="#b">Vorboten einiger Krankheiten.</hi></head><lb/>
            <p>Den Aerzten &#x017F;ind zwar mehrere dergleichen<lb/>
Vorboten, oder Vorgefu&#x0364;hle bekannt. Dennoch<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chten die Philo&#x017F;ophen, daß &#x017F;ie aufmerk&#x017F;amer da-<lb/>
rauf &#x017F;eyn mo&#x0364;chten. <hi rendition="#fr">Helmont</hi><note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Idea Demens.</hi></note> hat einige vortrefliche<lb/>
Bemerkungen. &#x201C;Ich habe bemerkt, &#x017F;agt er, daß<lb/>
bey den Verru&#x0364;ckten zuer&#x017F;t das Geda&#x0364;chtniß wanket, daß<lb/>
darauf eine wieder Willen emporkommende, und un-<lb/>
aufho&#x0364;rliche Vor&#x017F;tellung einer einzigen Sache erfolgt. &#x2014;<lb/>
Ich habe einige Verru&#x0364;ckte genau gefragt, und erfah-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ren</fw><lb/><note xml:id="note-0091" prev="#note-0090" place="foot" n="**)"><hi rendition="#aq">bernat, omnesque corporis actiones ip&#x017F;a obit. Neque enim<lb/>
Corpus dormiens &#x017F;entit, ip&#x017F;a vero vigilans cogno&#x017F;cit, vi-<lb/>
denda videt, &amp; audienda audit, vadit, tangit, m&#x0153;ret,<lb/>
ratiocinatur, ac, ut paucis dicam, quæcumque corporis,<lb/>
aut animæ officia &#x017F;unt, ea omnia in &#x017F;omnis anima pera-<lb/>
git.</hi> Und <hi rendition="#aq">Galenus: Videtur enim in &#x017F;omnis anima in cor-<lb/>
poris profundum ingre&#x017F;&#x017F;a, et ab externis &#x017F;en&#x017F;ilibus digre&#x017F;-<lb/>
&#x017F;a, affectionem, quæ in corpore e&#x017F;t, &#x017F;entire; atque eorum<lb/>
omnium, quæ appetit, tanquam jam præ&#x017F;entium, Vi&#x017F;u<lb/>
concipere.</hi></note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0091] werde in der Folge, beſonders in dem Kapitel von den Entſcheidungen mehrere Thatbeweiſe anfuͤhren, um den Nutzen dieſer Art Traͤume zu beſtaͤttigen. Schluͤß- lich gebe ich hier den Rath, den mir einſtens einer meiner weiſeſten Lehrer gab: Sich nie um die Erklaͤ- rung einer Sache den Kopf zu brechen, bis man von der Wahrheit und der Beſchaffenheit derſelben genau unterrichtet iſt. Sehr merkwuͤrdige Beyſpiele, wie ſolche Faͤlle zu pruͤfen ſind, wird man bey Tie- demann und andern finden. §. 22. Vorboten einiger Krankheiten. Den Aerzten ſind zwar mehrere dergleichen Vorboten, oder Vorgefuͤhle bekannt. Dennoch wuͤnſchten die Philoſophen, daß ſie aufmerkſamer da- rauf ſeyn moͤchten. Helmont *) hat einige vortrefliche Bemerkungen. “Ich habe bemerkt, ſagt er, daß bey den Verruͤckten zuerſt das Gedaͤchtniß wanket, daß darauf eine wieder Willen emporkommende, und un- aufhoͤrliche Vorſtellung einer einzigen Sache erfolgt. — Ich habe einige Verruͤckte genau gefragt, und erfah- ren **) *) Idea Demens. **) bernat, omnesque corporis actiones ipſa obit. Neque enim Corpus dormiens ſentit, ipſa vero vigilans cognoſcit, vi- denda videt, & audienda audit, vadit, tangit, mœret, ratiocinatur, ac, ut paucis dicam, quæcumque corporis, aut animæ officia ſunt, ea omnia in ſomnis anima pera- git. Und Galenus: Videtur enim in ſomnis anima in cor- poris profundum ingreſſa, et ab externis ſenſilibus digreſ- ſa, affectionem, quæ in corpore eſt, ſentire; atque eorum omnium, quæ appetit, tanquam jam præſentium, Viſu concipere.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/91
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/91>, abgerufen am 30.12.2024.