weg. Denn der größte und brauchbarste Theil jeder Sprache besteht aus Wörtern, die entwe- der die andern Sinne betreffen, oder über die Sinnlichkeit hin, in das unbegrenzte Reich der abgesonderten Begriffe, oder Urdinge gehören.
§. 125.
Läßt sich endlich jenen wenigen vom Gehör nachgeahmten Lauten der Wörter, nichts will- kührliches, noch eigentliche Erfindung beymessen; so wird diesen hingegen gewiß Jedermann die freye Willkühr zusprechen. Wenn also bey jenen der Laut voraus gienge, und der Wortsinn nach- folgte; so wird bey diesen umgekehrt, der Sinn eher, als der hierzu erfundene Laut gedacht wer- den müssen. Folglich müßte beym größten Theil der Wörter oder Sprache, das, was der Bemer- kungssinn der Sachen heissen möchte, vor den Lauten oder Wörtern selbst vorausgegangen seyn. Ob und wie nun der sprachleere erste Mensch diese Erfindung angestellt haben möchte; müßte die Betrachtung der Sprache im Ganzen, mit des
Menschen
weg. Denn der groͤßte und brauchbarſte Theil jeder Sprache beſteht aus Woͤrtern, die entwe- der die andern Sinne betreffen, oder uͤber die Sinnlichkeit hin, in das unbegrenzte Reich der abgeſonderten Begriffe, oder Urdinge gehoͤren.
§. 125.
Laͤßt ſich endlich jenen wenigen vom Gehoͤr nachgeahmten Lauten der Woͤrter, nichts will- kuͤhrliches, noch eigentliche Erfindung beymeſſen; ſo wird dieſen hingegen gewiß Jedermann die freye Willkuͤhr zuſprechen. Wenn alſo bey jenen der Laut voraus gienge, und der Wortſinn nach- folgte; ſo wird bey dieſen umgekehrt, der Sinn eher, als der hierzu erfundene Laut gedacht wer- den muͤſſen. Folglich muͤßte beym groͤßten Theil der Woͤrter oder Sprache, das, was der Bemer- kungsſinn der Sachen heiſſen moͤchte, vor den Lauten oder Woͤrtern ſelbſt vorausgegangen ſeyn. Ob und wie nun der ſprachleere erſte Menſch dieſe Erfindung angeſtellt haben moͤchte; muͤßte die Betrachtung der Sprache im Ganzen, mit des
Menſchen
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[94/0106]
weg. Denn der groͤßte und brauchbarſte Theil
jeder Sprache beſteht aus Woͤrtern, die entwe-
der die andern Sinne betreffen, oder uͤber die
Sinnlichkeit hin, in das unbegrenzte Reich der
abgeſonderten Begriffe, oder Urdinge gehoͤren.
§. 125.
Laͤßt ſich endlich jenen wenigen vom Gehoͤr
nachgeahmten Lauten der Woͤrter, nichts will-
kuͤhrliches, noch eigentliche Erfindung beymeſſen;
ſo wird dieſen hingegen gewiß Jedermann die
freye Willkuͤhr zuſprechen. Wenn alſo bey jenen
der Laut voraus gienge, und der Wortſinn nach-
folgte; ſo wird bey dieſen umgekehrt, der Sinn
eher, als der hierzu erfundene Laut gedacht wer-
den muͤſſen. Folglich muͤßte beym groͤßten Theil
der Woͤrter oder Sprache, das, was der Bemer-
kungsſinn der Sachen heiſſen moͤchte, vor den
Lauten oder Woͤrtern ſelbſt vorausgegangen ſeyn.
Ob und wie nun der ſprachleere erſte Menſch dieſe
Erfindung angeſtellt haben moͤchte; muͤßte die
Betrachtung der Sprache im Ganzen, mit des
Menſchen
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[Füchsel, Georg Christian]: Entwurf zu der ältesten Erd- und Menschengeschichte. Frankfurt u. a., 1773, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fuechsel_entwurf_1773/106>, abgerufen am 03.03.2025.
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