Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.Eugen Schmidthammel an Toni Emmer. Verona, 6. April. Lieber Toni! Dein Brief hierher befestigt mich 15*
Eugen Schmidthammel an Toni Emmer. Verona, 6. April. Lieber Toni! Dein Brief hierher befeſtigt mich 15*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <pb facs="#f0243" n="227"/> </div> <div type="letter" n="2"> <head><hi rendition="#g">Eugen Schmidthammel an Toni Emmer</hi>.<lb/></head> <opener> <dateline rendition="#right">Verona, 6. April. </dateline> </opener><lb/> <p>Lieber Toni! Dein Brief hierher befeſtigt mich<lb/> in meinem Entſchluß. Sie gibt die Briefe nicht her¬<lb/> aus, und ſo lange ich die Unglücksblätter in ihrem<lb/> Beſitz weiß, fühle ich mich nicht als freier Menſch!<lb/> Der Gebrauch meiner Glieder iſt mir beengt, ge¬<lb/> hemmt — als ein Halbgefangener kann ich vor dem<lb/> ſüßen Geſchöpf nicht umhergehen. Ich muß ver¬<lb/> ſchwinden, jetzt, nachdem ich in einem ſchwachen Augen¬<lb/> blick, hingeriſſen von ihrer Lieblichkeit, den Vater um<lb/> Zutritt in die Familie gebeten habe! In welches<lb/> Licht werd' ich kommen! Was wird das argloſe<lb/> Kind, das nicht einmal untreue Hunde ausſtehen mag,<lb/> von mir denken! Es iſt freilich nicht die Briefan¬<lb/> gelegenheit allein, die mich vertreibt. Auf dem<lb/> Dampfer nach Deſenzano — wir machten die Fahrt<lb/> zuſammen — und ich hatte ein Gefühl, als machte<lb/> ich meine Hochzeitsreiſe mit Klärchen, wenn ich ihr<lb/> allerlei kleine Dienſte leiſten, den weggeflogenen Hut<lb/> ihr wiederholen, den Putzi warten durfte, während ſie<lb/> ſich den Mantel zuknöpfte — auf dem Dampfer alſo<lb/> tauchte in Gargnano plötzlich das unheilverkündende<lb/> Geſicht der Baronin Hechingen unter den Ankommen¬<lb/> den auf. Die ſchlimmſte Zunge unſerer theueren<lb/> Kunſtmetropole, die natürlich meine und Selma's Ge¬<lb/> <fw place="bottom" type="sig">15*<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [227/0243]
Eugen Schmidthammel an Toni Emmer.
Verona, 6. April.
Lieber Toni! Dein Brief hierher befeſtigt mich
in meinem Entſchluß. Sie gibt die Briefe nicht her¬
aus, und ſo lange ich die Unglücksblätter in ihrem
Beſitz weiß, fühle ich mich nicht als freier Menſch!
Der Gebrauch meiner Glieder iſt mir beengt, ge¬
hemmt — als ein Halbgefangener kann ich vor dem
ſüßen Geſchöpf nicht umhergehen. Ich muß ver¬
ſchwinden, jetzt, nachdem ich in einem ſchwachen Augen¬
blick, hingeriſſen von ihrer Lieblichkeit, den Vater um
Zutritt in die Familie gebeten habe! In welches
Licht werd' ich kommen! Was wird das argloſe
Kind, das nicht einmal untreue Hunde ausſtehen mag,
von mir denken! Es iſt freilich nicht die Briefan¬
gelegenheit allein, die mich vertreibt. Auf dem
Dampfer nach Deſenzano — wir machten die Fahrt
zuſammen — und ich hatte ein Gefühl, als machte
ich meine Hochzeitsreiſe mit Klärchen, wenn ich ihr
allerlei kleine Dienſte leiſten, den weggeflogenen Hut
ihr wiederholen, den Putzi warten durfte, während ſie
ſich den Mantel zuknöpfte — auf dem Dampfer alſo
tauchte in Gargnano plötzlich das unheilverkündende
Geſicht der Baronin Hechingen unter den Ankommen¬
den auf. Die ſchlimmſte Zunge unſerer theueren
Kunſtmetropole, die natürlich meine und Selma's Ge¬
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