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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

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ten und seipen Mücken, guter Freund!" Worauf
er lächelnd antwortete: "Wohl mir, wenn ich den
giftigen Stich einer Mücke von Ihnen abwehren könnte,
Fräulein Hardine."

Die Reizung fehlte mir nur noch. "Ich denke,
Herr Probst," brauste ich auf, "Name und Ruf des
Fräulein von Reckenburg -- --"

"Der beste Name und Ruf," unterbrach er
mich, "der Frieden des edelsten Menschen können
getrübt werden, wenn eine Kette von Zufälligkeiten
sich thörichter, oder böslicher Auffassung in die
Hände spielt. Zwingt ihre Ehe Dorothee Müller,
diesen Knaben zu verleugnen, so hat er erweislich
weder Vater noch Mutter. Er ist in Reckenburg,
unter den Augen Ihrer vertrauten Dienerin auf¬
gewachsen, durch Sie der Erziehung eines alten
Freundes übergeben worden. Ihre Person wird
es sein, an welche seine Erinnerungen, vielleicht seine
Erwartungen sich heften, zumal wenn eines Tages ein
Umschlag in Ihren äußeren Verhältnissen die Blicke
eines größeren Kreises auf Sie lenkt. Ihre einzigen
rechtfertigenden Zeugen, Justine und ich, sind Greise;
die Kirchenregister vernichtet, und die Verwicklungen
des Schicksals unberechenbar. Ich muß es daher als

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ten und ſeipen Mücken, guter Freund!“ Worauf
er lächelnd antwortete: „Wohl mir, wenn ich den
giftigen Stich einer Mücke von Ihnen abwehren könnte,
Fräulein Hardine.“

Die Reizung fehlte mir nur noch. „Ich denke,
Herr Probſt,“ brauſte ich auf, „Name und Ruf des
Fräulein von Reckenburg — —“

„Der beſte Name und Ruf,“ unterbrach er
mich, „der Frieden des edelſten Menſchen können
getrübt werden, wenn eine Kette von Zufälligkeiten
ſich thörichter, oder böslicher Auffaſſung in die
Hände ſpielt. Zwingt ihre Ehe Dorothee Müller,
dieſen Knaben zu verleugnen, ſo hat er erweislich
weder Vater noch Mutter. Er iſt in Reckenburg,
unter den Augen Ihrer vertrauten Dienerin auf¬
gewachſen, durch Sie der Erziehung eines alten
Freundes übergeben worden. Ihre Perſon wird
es ſein, an welche ſeine Erinnerungen, vielleicht ſeine
Erwartungen ſich heften, zumal wenn eines Tages ein
Umſchlag in Ihren äußeren Verhältniſſen die Blicke
eines größeren Kreiſes auf Sie lenkt. Ihre einzigen
rechtfertigenden Zeugen, Juſtine und ich, ſind Greiſe;
die Kirchenregiſter vernichtet, und die Verwicklungen
des Schickſals unberechenbar. Ich muß es daher als

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[99/0103] ten und ſeipen Mücken, guter Freund!“ Worauf er lächelnd antwortete: „Wohl mir, wenn ich den giftigen Stich einer Mücke von Ihnen abwehren könnte, Fräulein Hardine.“ Die Reizung fehlte mir nur noch. „Ich denke, Herr Probſt,“ brauſte ich auf, „Name und Ruf des Fräulein von Reckenburg — —“ „Der beſte Name und Ruf,“ unterbrach er mich, „der Frieden des edelſten Menſchen können getrübt werden, wenn eine Kette von Zufälligkeiten ſich thörichter, oder böslicher Auffaſſung in die Hände ſpielt. Zwingt ihre Ehe Dorothee Müller, dieſen Knaben zu verleugnen, ſo hat er erweislich weder Vater noch Mutter. Er iſt in Reckenburg, unter den Augen Ihrer vertrauten Dienerin auf¬ gewachſen, durch Sie der Erziehung eines alten Freundes übergeben worden. Ihre Perſon wird es ſein, an welche ſeine Erinnerungen, vielleicht ſeine Erwartungen ſich heften, zumal wenn eines Tages ein Umſchlag in Ihren äußeren Verhältniſſen die Blicke eines größeren Kreiſes auf Sie lenkt. Ihre einzigen rechtfertigenden Zeugen, Juſtine und ich, ſind Greiſe; die Kirchenregiſter vernichtet, und die Verwicklungen des Schickſals unberechenbar. Ich muß es daher als 7*

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/103>, abgerufen am 26.04.2024.