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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der funffzehende Discurs/
Von dem Venus-Stern.

Schönwald. Meiner Jugend grösseste Freude war/ frem-
de Länder zu sehen: wie denn auch das Reisen/ wenn man
die Augen dabey recht aufthut/ dem Verstande/ nebst
der Ergetzung/ keine geringe Zier und Licht schencket:
aber nunmehr/ nachdem unser Herr Goldstern/ von
dem Gestirn uns so viel Wunder-Sachen angedeutet/ schätzte ich
für eine weit glückseligere und grössere Ergetzung/ wenn wir erlaubt wä-
re/ mit meinen Augen/ so nahe an das Gestirn zu reisen/ daß ich solche
Göttliche Wunderwercke/ in ihrer rechten natürlichen Gestalt/ erkennen
möchte.

Winterschild. Wenn der Herr droben wäre; so dörffte er viel-
leicht eben so neu-gierig/ den Erdboden zu schauen/ verlangen. Nach
dem was man nicht erlangen kan/ brennet das menschliche Hertz am mei-
sten. Wir können unsere Gesichter/ mit dem schönen Gestirn/ nicht
lieblicher speisen/ als in solcher Weite/ die der Meister deß Gestirns ihnen
hat zugemessen: weil Er gewust/ daß es/ von Fernem/ uns zierlicher
und schöner blincken würde/ weder in der Nähe. Hier auf Erden/ sehen
wir die Sterne spielen/ wie lauter Gold/ Demanten/ und Rubinen: sol-
te uns ein Engel hinauf führen/ und die warhaffte Beschaffenheit und
Zustand zu schauen geben; dörffte uns ein unvermuteteter Anblick begeg-
nen/ und fast dergleichen Wesen fürkommen/ wie hier auf der Erden;
nemlich Gebirge/ und Wasser/ an Statt eines vermeynten hell-flammen-
den grossen Lichts.

Goldstern. Bey etlichen Gestirnen/ möchte solches wol eintreffen;
bey etlichen aber auch wol nur Feuer/ und glühende Stein-Felsen/ zu
sehen seyn. Doch würde es darum nicht/ an köstlichen und theuren Sa-
chen/ daselbst ermangeln/ und die Seltsamkeit derselben dem Herrn viel hö-
her gelten/ als die seltsamste und theurste Kleinodien deß Erdreichs. Zu-
dem ist die Entdeckung deß Verborgenen unserer Augen Paradeys/ und
grösseste Freude. Weil aber die Schwachheit unserer Natur/ von der

Nähe
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Der funffzehende Discurs/
Von dem Venus-Stern.

Schoͤnwald. Meiner Jugend groͤſſeſte Freude war/ frem-
de Laͤnder zu ſehen: wie denn auch das Reiſen/ wenn man
die Augen dabey recht aufthut/ dem Verſtande/ nebſt
der Ergetzung/ keine geringe Zier und Licht ſchencket:
aber nunmehr/ nachdem unſer Herꝛ Goldſtern/ von
dem Geſtirn uns ſo viel Wunder-Sachen angedeutet/ ſchaͤtzte ich
fuͤr eine weit gluͤckſeligere und groͤſſere Ergetzung/ wenn wir erlaubt waͤ-
re/ mit meinen Augen/ ſo nahe an das Geſtirn zu reiſen/ daß ich ſolche
Goͤttliche Wunderwercke/ in ihrer rechten natuͤrlichen Geſtalt/ erkennen
moͤchte.

Winterſchild. Wenn der Herꝛ droben waͤre; ſo doͤrffte er viel-
leicht eben ſo neu-gierig/ den Erdboden zu ſchauen/ verlangen. Nach
dem was man nicht erlangen kan/ brennet das menſchliche Hertz am mei-
ſten. Wir koͤnnen unſere Geſichter/ mit dem ſchoͤnen Geſtirn/ nicht
lieblicher ſpeiſen/ als in ſolcher Weite/ die der Meiſter deß Geſtirns ihnen
hat zugemeſſen: weil Er gewuſt/ daß es/ von Fernem/ uns zierlicher
und ſchoͤner blincken wuͤrde/ weder in der Naͤhe. Hier auf Erden/ ſehen
wir die Sterne ſpielen/ wie lauter Gold/ Demanten/ und Rubinen: ſol-
te uns ein Engel hinauf fuͤhren/ und die warhaffte Beſchaffenheit und
Zuſtand zu ſchauen geben; doͤrffte uns ein unvermuteteter Anblick begeg-
nen/ und faſt dergleichen Weſen fuͤrkommen/ wie hier auf der Erden;
nemlich Gebirge/ und Waſſer/ an Statt eines vermeynten hell-flammen-
den groſſen Lichts.

Goldſtern. Bey etlichen Geſtirnen/ moͤchte ſolches wol eintreffen;
bey etlichen aber auch wol nur Feuer/ und gluͤhende Stein-Felſen/ zu
ſehen ſeyn. Doch wuͤrde es darum nicht/ an koͤſtlichen und theuren Sa-
chen/ daſelbſt ermangeln/ und die Seltſamkeit derſelben dem Herꝛn viel hoͤ-
her gelten/ als die ſeltſamſte und theurſte Kleinodien deß Erdreichs. Zu-
dem iſt die Entdeckung deß Verborgenen unſerer Augen Paradeys/ und
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[[565]/0605] Der funffzehende Discurs/ Von dem Venus-Stern. Schoͤnwald. Meiner Jugend groͤſſeſte Freude war/ frem- de Laͤnder zu ſehen: wie denn auch das Reiſen/ wenn man die Augen dabey recht aufthut/ dem Verſtande/ nebſt der Ergetzung/ keine geringe Zier und Licht ſchencket: aber nunmehr/ nachdem unſer Herꝛ Goldſtern/ von dem Geſtirn uns ſo viel Wunder-Sachen angedeutet/ ſchaͤtzte ich fuͤr eine weit gluͤckſeligere und groͤſſere Ergetzung/ wenn wir erlaubt waͤ- re/ mit meinen Augen/ ſo nahe an das Geſtirn zu reiſen/ daß ich ſolche Goͤttliche Wunderwercke/ in ihrer rechten natuͤrlichen Geſtalt/ erkennen moͤchte. Winterſchild. Wenn der Herꝛ droben waͤre; ſo doͤrffte er viel- leicht eben ſo neu-gierig/ den Erdboden zu ſchauen/ verlangen. Nach dem was man nicht erlangen kan/ brennet das menſchliche Hertz am mei- ſten. Wir koͤnnen unſere Geſichter/ mit dem ſchoͤnen Geſtirn/ nicht lieblicher ſpeiſen/ als in ſolcher Weite/ die der Meiſter deß Geſtirns ihnen hat zugemeſſen: weil Er gewuſt/ daß es/ von Fernem/ uns zierlicher und ſchoͤner blincken wuͤrde/ weder in der Naͤhe. Hier auf Erden/ ſehen wir die Sterne ſpielen/ wie lauter Gold/ Demanten/ und Rubinen: ſol- te uns ein Engel hinauf fuͤhren/ und die warhaffte Beſchaffenheit und Zuſtand zu ſchauen geben; doͤrffte uns ein unvermuteteter Anblick begeg- nen/ und faſt dergleichen Weſen fuͤrkommen/ wie hier auf der Erden; nemlich Gebirge/ und Waſſer/ an Statt eines vermeynten hell-flammen- den groſſen Lichts. Goldſtern. Bey etlichen Geſtirnen/ moͤchte ſolches wol eintreffen; bey etlichen aber auch wol nur Feuer/ und gluͤhende Stein-Felſen/ zu ſehen ſeyn. Doch wuͤrde es darum nicht/ an koͤſtlichen und theuren Sa- chen/ daſelbſt ermangeln/ und die Seltſamkeit derſelben dem Herꝛn viel hoͤ- her gelten/ als die ſeltſamſte und theurſte Kleinodien deß Erdreichs. Zu- dem iſt die Entdeckung deß Verborgenen unſerer Augen Paradeys/ und groͤſſeſte Freude. Weil aber die Schwachheit unſerer Natur/ von der Naͤhe B b b b iij

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. [565]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/605>, abgerufen am 20.11.2024.