Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

und einen großen Kirchenschlüssel an einem Lederriemen über den Arm gehängt.

"Was giebt es?"

"Ein Begräbnis, gnädige Frau. In a Viertelstund' müssens da sein. A Kind wie a Engel. Aber G'vatter Tod isch a Kenner un wenn er kann, nimmt er nichts schlechts. I werd' a paar Stühl' zurecht stelle für die gnädge Frau und den Herrn Gemoahl."

"Nicht doch, Meßner, der Herr da ist nicht mein Gemahl. Er ist schon ein Witwer und hat abgeschlossen." Und dabei malte sie mit dem Sonnenschirm in den Sand.

"Hätt i doch g'dacht, Sie wär'n a Paar, un a stattlich's un glücklich's dazu, so gut passe Sie zusammen. Und so charmant; besunners die gnädge Frau."

"Aber Meßner, Sie werden mich noch eitel machen ... Eine Frau in meinen Jahren ..."

"Ach, die Jahre sind nichts, das Herz ist alles. Und so lang es hier noch schlägt, hat keiner abgeschlossen. Abschluß giebt erscht der Tod. Aber da kummen's schon. Und's is Zeit, daß i geh un die Lichter ansteck."

Indem auch hörte man schon Gesang von der Straße her und nicht lange mehr, so sahen sie den

und einen großen Kirchenschlüssel an einem Lederriemen über den Arm gehängt.

„Was giebt es?“

„Ein Begräbnis, gnädige Frau. In a Viertelstund’ müssens da sein. A Kind wie a Engel. Aber G’vatter Tod isch a Kenner un wenn er kann, nimmt er nichts schlechts. I werd’ a paar Stühl’ zurecht stelle für die gnädge Frau und den Herrn Gemoahl.“

„Nicht doch, Meßner, der Herr da ist nicht mein Gemahl. Er ist schon ein Witwer und hat abgeschlossen.“ Und dabei malte sie mit dem Sonnenschirm in den Sand.

„Hätt i doch g’dacht, Sie wär’n a Paar, un a stattlich’s un glücklich’s dazu, so gut passe Sie zusammen. Und so charmant; besunners die gnädge Frau.“

„Aber Meßner, Sie werden mich noch eitel machen … Eine Frau in meinen Jahren …“

„Ach, die Jahre sind nichts, das Herz ist alles. Und so lang es hier noch schlägt, hat keiner abgeschlossen. Abschluß giebt erscht der Tod. Aber da kummen’s schon. Und’s is Zeit, daß i geh un die Lichter ansteck.“

Indem auch hörte man schon Gesang von der Straße her und nicht lange mehr, so sahen sie den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0079" n="77"/>
und einen großen Kirchenschlüssel an einem Lederriemen über den Arm                     gehängt.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was giebt es?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ein Begräbnis, gnädige Frau. In a Viertelstund&#x2019; müssens da sein. A Kind wie a                     Engel. Aber G&#x2019;vatter Tod isch a Kenner un wenn er kann, nimmt er nichts                     schlechts. I werd&#x2019; a paar Stühl&#x2019; zurecht stelle für die gnädge Frau und den                     Herrn Gemoahl.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nicht doch, Meßner, der Herr da ist nicht mein Gemahl. Er ist schon ein Witwer                     und hat abgeschlossen.&#x201C; Und dabei malte sie mit dem Sonnenschirm in den                     Sand.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Hätt i doch g&#x2019;dacht, Sie wär&#x2019;n a Paar, un a stattlich&#x2019;s un glücklich&#x2019;s dazu, so                     gut passe Sie zusammen. Und so charmant; besunners die gnädge Frau.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber Meßner, Sie werden mich noch eitel machen &#x2026; Eine Frau in meinen                     Jahren &#x2026;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ach, die Jahre sind nichts, das Herz ist alles. Und so lang es hier noch                     schlägt, hat keiner abgeschlossen. Abschluß giebt erscht der Tod. Aber da                     kummen&#x2019;s schon. Und&#x2019;s is Zeit, daß i geh un die Lichter ansteck.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Indem auch hörte man schon Gesang von der Straße her und nicht lange mehr, so                     sahen sie den
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0079] und einen großen Kirchenschlüssel an einem Lederriemen über den Arm gehängt. „Was giebt es?“ „Ein Begräbnis, gnädige Frau. In a Viertelstund’ müssens da sein. A Kind wie a Engel. Aber G’vatter Tod isch a Kenner un wenn er kann, nimmt er nichts schlechts. I werd’ a paar Stühl’ zurecht stelle für die gnädge Frau und den Herrn Gemoahl.“ „Nicht doch, Meßner, der Herr da ist nicht mein Gemahl. Er ist schon ein Witwer und hat abgeschlossen.“ Und dabei malte sie mit dem Sonnenschirm in den Sand. „Hätt i doch g’dacht, Sie wär’n a Paar, un a stattlich’s un glücklich’s dazu, so gut passe Sie zusammen. Und so charmant; besunners die gnädge Frau.“ „Aber Meßner, Sie werden mich noch eitel machen … Eine Frau in meinen Jahren …“ „Ach, die Jahre sind nichts, das Herz ist alles. Und so lang es hier noch schlägt, hat keiner abgeschlossen. Abschluß giebt erscht der Tod. Aber da kummen’s schon. Und’s is Zeit, daß i geh un die Lichter ansteck.“ Indem auch hörte man schon Gesang von der Straße her und nicht lange mehr, so sahen sie den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2014-01-22T15:28:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2014-01-22T15:28:28Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet;
  • Druckfehler: stillschweigend korrigiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet;
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.

Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/79
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/79>, abgerufen am 27.04.2024.