dessen Deckel, trotzdem der Wrasen auch vorn aus der Tülle quoll, beständig hin und her klapperte. Dabei hielt die Alte beide Hände gegen die Gluth und war so versunken in ihre Betrachtungen und Träumereien, daß sie nicht hörte, wie die nach dem Flur hinausführende Thür aufging und eine robuste Frauensperson ziemlich geräuschvoll eintrat. Erst als diese letztre sich geräuspert und ihre Freundin und Nachbarin, eben unsre Frau Nimptsch, mit einer gewissen Herzlichkeit bei Namen genannt hatte, wandte sich diese nach rückwärts und sagte nun auch ihrerseits freundlich und mit einem Anfluge von Schelmerei: "Na, das is recht, liebe Frau Dörr, daß Sie 'mal wieder 'rüberkommen. Und noch dazu von's "Schloß". Denn ein Schloß is es und bleibt es. Hat ja 'nen Thurm. Un nu setzen Sie sich . . Ihren lieben Mann hab' ich eben weggehen sehen. Und muß auch. Is ja heute sein Kegel¬ abend."
Die so freundlich als Frau Dörr Begrüßte war nicht blos eine robuste, sondern vor allem auch eine sehr stattlich aussehende Frau, die, neben dem Ein¬ druck des Gütigen und Zuverlässigen, zugleich den einer besonderen Beschränktheit machte. Die Nimptsch indessen nahm sichtlich keinen Anstoß daran und wiederholte nur: "Ja, sein Kegelabend. Aber, was ich sagen wollte, liebe Frau Dörr, mit Dörren seinen
1*
deſſen Deckel, trotzdem der Wraſen auch vorn aus der Tülle quoll, beſtändig hin und her klapperte. Dabei hielt die Alte beide Hände gegen die Gluth und war ſo verſunken in ihre Betrachtungen und Träumereien, daß ſie nicht hörte, wie die nach dem Flur hinausführende Thür aufging und eine robuſte Frauensperſon ziemlich geräuſchvoll eintrat. Erſt als dieſe letztre ſich geräuspert und ihre Freundin und Nachbarin, eben unſre Frau Nimptſch, mit einer gewiſſen Herzlichkeit bei Namen genannt hatte, wandte ſich dieſe nach rückwärts und ſagte nun auch ihrerſeits freundlich und mit einem Anfluge von Schelmerei: „Na, das is recht, liebe Frau Dörr, daß Sie 'mal wieder 'rüberkommen. Und noch dazu von's „Schloß“. Denn ein Schloß is es und bleibt es. Hat ja 'nen Thurm. Un nu ſetzen Sie ſich . . Ihren lieben Mann hab' ich eben weggehen ſehen. Und muß auch. Is ja heute ſein Kegel¬ abend.“
Die ſo freundlich als Frau Dörr Begrüßte war nicht blos eine robuſte, ſondern vor allem auch eine ſehr ſtattlich ausſehende Frau, die, neben dem Ein¬ druck des Gütigen und Zuverläſſigen, zugleich den einer beſonderen Beſchränktheit machte. Die Nimptſch indeſſen nahm ſichtlich keinen Anſtoß daran und wiederholte nur: „Ja, ſein Kegelabend. Aber, was ich ſagen wollte, liebe Frau Dörr, mit Dörren ſeinen
1*
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0013"n="3"/>
deſſen Deckel, trotzdem der Wraſen auch vorn aus<lb/>
der Tülle quoll, beſtändig hin und her klapperte.<lb/>
Dabei hielt die Alte beide Hände gegen die Gluth<lb/>
und war ſo verſunken in ihre Betrachtungen und<lb/>
Träumereien, daß ſie nicht hörte, wie die nach dem<lb/>
Flur hinausführende Thür aufging und eine robuſte<lb/>
Frauensperſon ziemlich geräuſchvoll eintrat. Erſt<lb/>
als dieſe letztre ſich geräuspert und ihre Freundin<lb/>
und Nachbarin, eben unſre Frau Nimptſch, mit einer<lb/>
gewiſſen Herzlichkeit bei Namen genannt hatte,<lb/>
wandte ſich dieſe nach rückwärts und ſagte nun auch<lb/>
ihrerſeits freundlich und mit einem Anfluge von<lb/>
Schelmerei: „Na, das is recht, liebe Frau Dörr, daß<lb/>
Sie 'mal wieder 'rüberkommen. Und noch dazu<lb/>
von's „<hirendition="#g">Schloß</hi>“. Denn ein Schloß is es und<lb/>
bleibt es. Hat ja 'nen Thurm. Un nu ſetzen Sie<lb/>ſich . . Ihren lieben Mann hab' ich eben weggehen<lb/>ſehen. Und muß auch. Is ja heute ſein Kegel¬<lb/>
abend.“</p><lb/><p>Die ſo freundlich als Frau Dörr Begrüßte war<lb/>
nicht blos eine robuſte, ſondern vor allem auch eine<lb/>ſehr ſtattlich ausſehende Frau, die, neben dem Ein¬<lb/>
druck des Gütigen und Zuverläſſigen, zugleich den<lb/>
einer beſonderen Beſchränktheit machte. Die Nimptſch<lb/>
indeſſen nahm ſichtlich keinen Anſtoß daran und<lb/>
wiederholte nur: „Ja, ſein Kegelabend. Aber, was<lb/>
ich ſagen wollte, liebe Frau Dörr, mit Dörren ſeinen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">1*<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[3/0013]
deſſen Deckel, trotzdem der Wraſen auch vorn aus
der Tülle quoll, beſtändig hin und her klapperte.
Dabei hielt die Alte beide Hände gegen die Gluth
und war ſo verſunken in ihre Betrachtungen und
Träumereien, daß ſie nicht hörte, wie die nach dem
Flur hinausführende Thür aufging und eine robuſte
Frauensperſon ziemlich geräuſchvoll eintrat. Erſt
als dieſe letztre ſich geräuspert und ihre Freundin
und Nachbarin, eben unſre Frau Nimptſch, mit einer
gewiſſen Herzlichkeit bei Namen genannt hatte,
wandte ſich dieſe nach rückwärts und ſagte nun auch
ihrerſeits freundlich und mit einem Anfluge von
Schelmerei: „Na, das is recht, liebe Frau Dörr, daß
Sie 'mal wieder 'rüberkommen. Und noch dazu
von's „Schloß“. Denn ein Schloß is es und
bleibt es. Hat ja 'nen Thurm. Un nu ſetzen Sie
ſich . . Ihren lieben Mann hab' ich eben weggehen
ſehen. Und muß auch. Is ja heute ſein Kegel¬
abend.“
Die ſo freundlich als Frau Dörr Begrüßte war
nicht blos eine robuſte, ſondern vor allem auch eine
ſehr ſtattlich ausſehende Frau, die, neben dem Ein¬
druck des Gütigen und Zuverläſſigen, zugleich den
einer beſonderen Beſchränktheit machte. Die Nimptſch
indeſſen nahm ſichtlich keinen Anſtoß daran und
wiederholte nur: „Ja, ſein Kegelabend. Aber, was
ich ſagen wollte, liebe Frau Dörr, mit Dörren ſeinen
1*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/13>, abgerufen am 26.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.