Was aber wahrhaft geistliche Prediger sind, solche die sagen, daß man sich soll einer den andern dulden und nur Christi Ruhm ver- mehren, die werden gewiß selig. Denn es wird nicht heißen: bist du lutherisch oder bist du reformirt? sondern es wird heißen: hast du meine Gebote gehalten, oder bist du blos ein braver Disputator gewesen? Es wird heißen: weg mit die letzten zum Teufel in's Feuer, aber die meine Gebote gehalten, kommt zu mir in mein Reich. Gott geb uns allen seine Gnade und geb allen seinen evangelischen Kindern, daß sie mögen seine Gebote halten und daß Gott möge zum Teufel schicken alle die, die Uneinigkeit verur- sachen. Friedrich Wilhelm."
Es braucht wohl nicht erst versichert zu werden, daß diesem Königlichen Erlaß die Einführung des Simultaneums auf dem Fuße folgte.
Dies war 1726. Im Jahre 1735 erhielt Gabriel Lucas W. eine Vocation nach Berlin und wurde Prediger an der St. Georgen Kirche daselbst, während der Prediger eben dieser St. Georgen Kirche nach Friedrichsfelde hin versetzt wurde. Natür- lich empfand letzterer dies als eine Degradation und führte sich deshalb mit folgenden Worten in Friedrichsfelde ein:
Gott grüß Euch, Ihr lieben Bauern, Ich werd hier nicht lange dauern, Drum seht mich nur mit Rechten an -- Ich heiße Daniel Schoenemann.
Er hielt auch Wort und legte im selben Jahre noch sein Friedrichsfelder Pfarramt nieder.
Ernst Gottlieb Woltersdorf.
Ernst Gottlieb W. wurde, wie schon Eingangs hervorge- hoben, am 31. Mai 1725 in Friedrichsfelde geboren. Er blieb daselbst bis zur Uebersiedlung seines Vaters nach Berlin, also bis zu seinem zehnten Lebensjahre, besuchte danach das graue Kloster und ging mit 17 Jahren zum Studium der Theologie nach Halle. "Es war dort eben noch -- so schreibt Pastor Besser -- das letzte der sieben fetten Jahre. Man konnte den Samen reiner Lehre
Was aber wahrhaft geiſtliche Prediger ſind, ſolche die ſagen, daß man ſich ſoll einer den andern dulden und nur Chriſti Ruhm ver- mehren, die werden gewiß ſelig. Denn es wird nicht heißen: biſt du lutheriſch oder biſt du reformirt? ſondern es wird heißen: haſt du meine Gebote gehalten, oder biſt du blos ein braver Disputator geweſen? Es wird heißen: weg mit die letzten zum Teufel in’s Feuer, aber die meine Gebote gehalten, kommt zu mir in mein Reich. Gott geb uns allen ſeine Gnade und geb allen ſeinen evangeliſchen Kindern, daß ſie mögen ſeine Gebote halten und daß Gott möge zum Teufel ſchicken alle die, die Uneinigkeit verur- ſachen. Friedrich Wilhelm.“
Es braucht wohl nicht erſt verſichert zu werden, daß dieſem Königlichen Erlaß die Einführung des Simultaneums auf dem Fuße folgte.
Dies war 1726. Im Jahre 1735 erhielt Gabriel Lucas W. eine Vocation nach Berlin und wurde Prediger an der St. Georgen Kirche daſelbſt, während der Prediger eben dieſer St. Georgen Kirche nach Friedrichsfelde hin verſetzt wurde. Natür- lich empfand letzterer dies als eine Degradation und führte ſich deshalb mit folgenden Worten in Friedrichsfelde ein:
Gott grüß Euch, Ihr lieben Bauern, Ich werd hier nicht lange dauern, Drum ſeht mich nur mit Rechten an — Ich heiße Daniel Schoenemann.
Er hielt auch Wort und legte im ſelben Jahre noch ſein Friedrichsfelder Pfarramt nieder.
Ernſt Gottlieb Woltersdorf.
Ernſt Gottlieb W. wurde, wie ſchon Eingangs hervorge- hoben, am 31. Mai 1725 in Friedrichsfelde geboren. Er blieb daſelbſt bis zur Ueberſiedlung ſeines Vaters nach Berlin, alſo bis zu ſeinem zehnten Lebensjahre, beſuchte danach das graue Kloſter und ging mit 17 Jahren zum Studium der Theologie nach Halle. „Es war dort eben noch — ſo ſchreibt Paſtor Beſſer — das letzte der ſieben fetten Jahre. Man konnte den Samen reiner Lehre
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Was aber wahrhaft geiſtliche Prediger ſind, ſolche die ſagen, daß man
ſich ſoll einer den andern dulden und nur Chriſti Ruhm ver-
mehren, die werden gewiß ſelig. Denn es wird nicht heißen: biſt
du lutheriſch oder biſt du reformirt? ſondern es wird heißen: haſt
du meine Gebote gehalten, oder biſt du blos ein braver Disputator
geweſen? Es wird heißen: weg mit die letzten zum Teufel in’s
Feuer, aber die meine Gebote gehalten, kommt zu mir in mein
Reich. Gott geb uns allen ſeine Gnade und geb allen ſeinen
evangeliſchen Kindern, daß ſie mögen ſeine Gebote halten und daß
Gott möge zum Teufel ſchicken alle die, die Uneinigkeit verur-
ſachen. Friedrich Wilhelm.“
Es braucht wohl nicht erſt verſichert zu werden, daß dieſem
Königlichen Erlaß die Einführung des Simultaneums auf dem
Fuße folgte.
Dies war 1726. Im Jahre 1735 erhielt Gabriel Lucas W.
eine Vocation nach Berlin und wurde Prediger an der
St. Georgen Kirche daſelbſt, während der Prediger eben dieſer
St. Georgen Kirche nach Friedrichsfelde hin verſetzt wurde. Natür-
lich empfand letzterer dies als eine Degradation und führte ſich
deshalb mit folgenden Worten in Friedrichsfelde ein:
Gott grüß Euch, Ihr lieben Bauern,
Ich werd hier nicht lange dauern,
Drum ſeht mich nur mit Rechten an —
Ich heiße Daniel Schoenemann.
Er hielt auch Wort und legte im ſelben Jahre noch ſein
Friedrichsfelder Pfarramt nieder.
Ernſt Gottlieb Woltersdorf.
Ernſt Gottlieb W. wurde, wie ſchon Eingangs hervorge-
hoben, am 31. Mai 1725 in Friedrichsfelde geboren. Er blieb
daſelbſt bis zur Ueberſiedlung ſeines Vaters nach Berlin, alſo bis
zu ſeinem zehnten Lebensjahre, beſuchte danach das graue Kloſter und
ging mit 17 Jahren zum Studium der Theologie nach Halle. „Es
war dort eben noch — ſo ſchreibt Paſtor Beſſer — das letzte
der ſieben fetten Jahre. Man konnte den Samen reiner Lehre
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der vierte Band "Spreeland. Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow" 1882 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/170>, abgerufen am 21.11.2024.
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