Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

Sie starb im Winter 1811 oder 12, und ihre Leiche
sollte nach Rußland, entweder auf die Bariatinskischen oder
die Holstein-Beckschen Güter geschafft werden. Die Friedrichs-
felder waren zum Transport der Leiche gern bereit, da für die
Fahrt bis Memel (dort wartete russisches Fuhrwerk) 400 Thlr.
geboten wurden. Es zerschlug sich aber wieder, und es kam
nunmehr zu einem Pact mit jener moskau-astrachanischen
Karawane, die damals alljährlich, in den ersten Winter-
Monaten, Caviar nach Berlin zu bringen pflegte. Es waren
dies in der Regel 50 Schlitten, jeder mit einem Pferd und
am Hals jedes Pferdes ein Glöckchen. Auf den vordersten
dieser Schlitten wurde der Sarg gestellt, und im Schritt, die
lange Karawane hinter sich, ging es bis an die russische Grenze,
-- die Stille der Schnee-Landschaft nur durch den Ton der
Glöckchen unterbrochen.


Friedrichsfelde von 1812--16.

König Friedrich August von Sachsen.

Nach dem Tode der Prinzessin v. Holstein-Beck wurde
Friedrichsfelde durch einen Bevollmächtigten der Bariatinskischen
Familie, die als Erbe eintrat, administrirt. In diese Admini-
strationszeit fällt der Aufenthalt, bez. die Staatsgefangenschaft
des Königs von Sachsen an dieser Stelle.

Wir finden darüber Folgendes:

Der König von Sachsen, nach der Einnahme Leipzigs durch
die Verbündeten, war deren Gefangener. Am 23. October
1813 erfolgte seine Abreise nach Berlin; am 26., Morgens
4 Uhr, traf er in der preußischen Hauptstadt ein und wurde
daselbst mit "vielen Ehren" (so sagt das Tagebuch eines
sächsischen Cavaliers) empfangen. Von Leipzig aus hatten
100 Kosaken mit 3 Offizieren
den Wagen des Königs
umgeben. Außerdem begleiteten ihn Fürst Galizin und Baron
Anstetten.

Sie ſtarb im Winter 1811 oder 12, und ihre Leiche
ſollte nach Rußland, entweder auf die Bariatinskiſchen oder
die Holſtein-Beckſchen Güter geſchafft werden. Die Friedrichs-
felder waren zum Transport der Leiche gern bereit, da für die
Fahrt bis Memel (dort wartete ruſſiſches Fuhrwerk) 400 Thlr.
geboten wurden. Es zerſchlug ſich aber wieder, und es kam
nunmehr zu einem Pact mit jener moskau-aſtrachaniſchen
Karawane, die damals alljährlich, in den erſten Winter-
Monaten, Caviar nach Berlin zu bringen pflegte. Es waren
dies in der Regel 50 Schlitten, jeder mit einem Pferd und
am Hals jedes Pferdes ein Glöckchen. Auf den vorderſten
dieſer Schlitten wurde der Sarg geſtellt, und im Schritt, die
lange Karawane hinter ſich, ging es bis an die ruſſiſche Grenze,
— die Stille der Schnee-Landſchaft nur durch den Ton der
Glöckchen unterbrochen.


Friedrichsfelde von 1812—16.

König Friedrich Auguſt von Sachſen.

Nach dem Tode der Prinzeſſin v. Holſtein-Beck wurde
Friedrichsfelde durch einen Bevollmächtigten der Bariatinskiſchen
Familie, die als Erbe eintrat, adminiſtrirt. In dieſe Admini-
ſtrationszeit fällt der Aufenthalt, bez. die Staatsgefangenſchaft
des Königs von Sachſen an dieſer Stelle.

Wir finden darüber Folgendes:

Der König von Sachſen, nach der Einnahme Leipzigs durch
die Verbündeten, war deren Gefangener. Am 23. October
1813 erfolgte ſeine Abreiſe nach Berlin; am 26., Morgens
4 Uhr, traf er in der preußiſchen Hauptſtadt ein und wurde
daſelbſt mit „vielen Ehren“ (ſo ſagt das Tagebuch eines
ſächſiſchen Cavaliers) empfangen. Von Leipzig aus hatten
100 Koſaken mit 3 Offizieren
den Wagen des Königs
umgeben. Außerdem begleiteten ihn Fürſt Galizin und Baron
Anſtetten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0433" n="415"/>
            <p>Sie &#x017F;tarb im Winter 1811 oder 12, und ihre Leiche<lb/>
&#x017F;ollte nach Rußland, entweder auf die Bariatinski&#x017F;chen oder<lb/>
die Hol&#x017F;tein-Beck&#x017F;chen Güter ge&#x017F;chafft werden. Die Friedrichs-<lb/>
felder waren zum Transport der Leiche gern bereit, da für die<lb/>
Fahrt bis <hi rendition="#g">Memel</hi> (dort wartete ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;ches Fuhrwerk) 400 Thlr.<lb/>
geboten wurden. Es zer&#x017F;chlug &#x017F;ich aber wieder, und es kam<lb/>
nunmehr zu einem Pact mit jener moskau-a&#x017F;trachani&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#g">Karawane</hi>, die damals alljährlich, in den er&#x017F;ten Winter-<lb/>
Monaten, Caviar nach Berlin zu bringen pflegte. Es waren<lb/>
dies in der Regel 50 Schlitten, jeder mit <hi rendition="#g">einem</hi> Pferd und<lb/>
am Hals jedes Pferdes ein Glöckchen. Auf den vorder&#x017F;ten<lb/>
die&#x017F;er Schlitten wurde der Sarg ge&#x017F;tellt, und im Schritt, die<lb/>
lange Karawane hinter &#x017F;ich, ging es bis an die ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;che Grenze,<lb/>
&#x2014; die Stille der Schnee-Land&#x017F;chaft nur durch den Ton der<lb/>
Glöckchen unterbrochen.</p>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Friedrichsfelde von 1812&#x2014;16.</hi> </head><lb/>
            <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">König Friedrich Augu&#x017F;t von Sach&#x017F;en</hi>.</hi> </p><lb/>
            <p>Nach dem Tode der Prinze&#x017F;&#x017F;in v. Hol&#x017F;tein-Beck wurde<lb/>
Friedrichsfelde durch einen Bevollmächtigten der Bariatinski&#x017F;chen<lb/>
Familie, die als Erbe eintrat, admini&#x017F;trirt. In die&#x017F;e Admini-<lb/>
&#x017F;trationszeit fällt der Aufenthalt, bez. die Staatsgefangen&#x017F;chaft<lb/>
des <hi rendition="#g">Königs von Sach&#x017F;en</hi> an die&#x017F;er Stelle.</p><lb/>
            <p>Wir finden darüber Folgendes:</p><lb/>
            <p>Der König von Sach&#x017F;en, nach der Einnahme Leipzigs durch<lb/>
die Verbündeten, war deren Gefangener. Am 23. October<lb/>
1813 erfolgte &#x017F;eine Abrei&#x017F;e nach Berlin; am 26., Morgens<lb/>
4 Uhr, traf er in der preußi&#x017F;chen Haupt&#x017F;tadt ein und wurde<lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;t mit &#x201E;vielen Ehren&#x201C; (&#x017F;o &#x017F;agt das <hi rendition="#g">Tagebuch</hi> eines<lb/>
&#x017F;äch&#x017F;i&#x017F;chen Cavaliers) empfangen. Von Leipzig aus <hi rendition="#g">hatten<lb/>
100 Ko&#x017F;aken mit 3 Offizieren</hi> den Wagen des Königs<lb/>
umgeben. Außerdem begleiteten ihn Für&#x017F;t Galizin und Baron<lb/>
An&#x017F;tetten.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[415/0433] Sie ſtarb im Winter 1811 oder 12, und ihre Leiche ſollte nach Rußland, entweder auf die Bariatinskiſchen oder die Holſtein-Beckſchen Güter geſchafft werden. Die Friedrichs- felder waren zum Transport der Leiche gern bereit, da für die Fahrt bis Memel (dort wartete ruſſiſches Fuhrwerk) 400 Thlr. geboten wurden. Es zerſchlug ſich aber wieder, und es kam nunmehr zu einem Pact mit jener moskau-aſtrachaniſchen Karawane, die damals alljährlich, in den erſten Winter- Monaten, Caviar nach Berlin zu bringen pflegte. Es waren dies in der Regel 50 Schlitten, jeder mit einem Pferd und am Hals jedes Pferdes ein Glöckchen. Auf den vorderſten dieſer Schlitten wurde der Sarg geſtellt, und im Schritt, die lange Karawane hinter ſich, ging es bis an die ruſſiſche Grenze, — die Stille der Schnee-Landſchaft nur durch den Ton der Glöckchen unterbrochen. Friedrichsfelde von 1812—16. König Friedrich Auguſt von Sachſen. Nach dem Tode der Prinzeſſin v. Holſtein-Beck wurde Friedrichsfelde durch einen Bevollmächtigten der Bariatinskiſchen Familie, die als Erbe eintrat, adminiſtrirt. In dieſe Admini- ſtrationszeit fällt der Aufenthalt, bez. die Staatsgefangenſchaft des Königs von Sachſen an dieſer Stelle. Wir finden darüber Folgendes: Der König von Sachſen, nach der Einnahme Leipzigs durch die Verbündeten, war deren Gefangener. Am 23. October 1813 erfolgte ſeine Abreiſe nach Berlin; am 26., Morgens 4 Uhr, traf er in der preußiſchen Hauptſtadt ein und wurde daſelbſt mit „vielen Ehren“ (ſo ſagt das Tagebuch eines ſächſiſchen Cavaliers) empfangen. Von Leipzig aus hatten 100 Koſaken mit 3 Offizieren den Wagen des Königs umgeben. Außerdem begleiteten ihn Fürſt Galizin und Baron Anſtetten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/433
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/433>, abgerufen am 03.12.2024.