Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite
Gütergotz.
Und sie tragen den leuchtenden Juthrie-Gott
Hinaus an den See und den Hain,
Und sie opfern ihm ihre Garben
Am Garben-Opferstein.

Lieben lerne!
Und zur Fremde wird die Heimath,
Und zur Nähe wird die Ferne.

Unser Weg führte uns heute, von Marschquartier Potsdam
aus, südlich, um den Nuthe-Ufern, diesem alten Grenzstreifen
zwischen der Zauche und dem Lande Teltow, einen ersten Be-
such zu machen.

Wie auch sonst schon gehen wir im Zickzack vor und zunächst
uns ostwärts haltend -- links ein Ackerstreifen, rechts eine dünne
Schonung -- erreichen wir, plötzlich aufathmend in dieser Wüste,
eine von Fluß und See umspannte Oase: Kohlhasenbrück.

1.

Ein niedriges Gehöft, nach der Straße hin umzäunt, in
Front von einer mächtigen Eiche, im Rücken von einer alten
weitverzweigten Linde überschattet -- das ist das jetzige Kohl-
hasenbrück; ein Platz voll moderner Zuthat und Wandlung, der
alten Krug- und Fährstelle vergangener Jahrhunderte muth-
maßlich wenig ähnlich, aber doch zugleich voll jener historischen
Färbung, die um alle Oertlichkeiten her ist, die viel erlebt und
viel gesehen haben.

Neueste Forschung hat nun freilich von den Erlebnissen,
die man diesem Orte anzurechnen gewohnt war, erhebliche Ab-
züge gemacht und hat festgestellt, daß der trotzige märkische Roß-

Fontane, Wanderungen. III. 23
Gütergotz.
Und ſie tragen den leuchtenden Juthrie-Gott
Hinaus an den See und den Hain,
Und ſie opfern ihm ihre Garben
Am Garben-Opferſtein.

Lieben lerne!
Und zur Fremde wird die Heimath,
Und zur Nähe wird die Ferne.

Unſer Weg führte uns heute, von Marſchquartier Potsdam
aus, ſüdlich, um den Nuthe-Ufern, dieſem alten Grenzſtreifen
zwiſchen der Zauche und dem Lande Teltow, einen erſten Be-
ſuch zu machen.

Wie auch ſonſt ſchon gehen wir im Zickzack vor und zunächſt
uns oſtwärts haltend — links ein Ackerſtreifen, rechts eine dünne
Schonung — erreichen wir, plötzlich aufathmend in dieſer Wüſte,
eine von Fluß und See umſpannte Oaſe: Kohlhaſenbrück.

1.

Ein niedriges Gehöft, nach der Straße hin umzäunt, in
Front von einer mächtigen Eiche, im Rücken von einer alten
weitverzweigten Linde überſchattet — das iſt das jetzige Kohl-
haſenbrück; ein Platz voll moderner Zuthat und Wandlung, der
alten Krug- und Fährſtelle vergangener Jahrhunderte muth-
maßlich wenig ähnlich, aber doch zugleich voll jener hiſtoriſchen
Färbung, die um alle Oertlichkeiten her iſt, die viel erlebt und
viel geſehen haben.

Neueſte Forſchung hat nun freilich von den Erlebniſſen,
die man dieſem Orte anzurechnen gewohnt war, erhebliche Ab-
züge gemacht und hat feſtgeſtellt, daß der trotzige märkiſche Roß-

Fontane, Wanderungen. III. 23
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0371" n="[353]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Gütergotz</hi>.</hi> </head><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>Und &#x017F;ie tragen den leuchtenden <hi rendition="#g">Juthrie</hi>-Gott</l><lb/>
          <l>Hinaus an den See und den Hain,</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;ie opfern ihm ihre Garben</l><lb/>
          <l>Am Garben-Opfer&#x017F;tein.</l>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <lg type="poem">
          <l><hi rendition="#g">Lieben lerne</hi>!</l><lb/>
          <l>Und zur Fremde wird die Heimath,</l><lb/>
          <l>Und zur Nähe wird die Ferne.</l>
        </lg><lb/>
        <p><hi rendition="#in">U</hi>n&#x017F;er Weg führte uns heute, von Mar&#x017F;chquartier <hi rendition="#g">Potsdam</hi><lb/>
aus, &#x017F;üdlich, um den Nuthe-Ufern, die&#x017F;em alten Grenz&#x017F;treifen<lb/>
zwi&#x017F;chen der Zauche und dem Lande Teltow, einen er&#x017F;ten Be-<lb/>
&#x017F;uch zu machen.</p><lb/>
        <p>Wie auch &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;chon gehen wir im Zickzack vor und zunäch&#x017F;t<lb/>
uns o&#x017F;twärts haltend &#x2014; links ein Acker&#x017F;treifen, rechts eine dünne<lb/>
Schonung &#x2014; erreichen wir, plötzlich aufathmend in die&#x017F;er Wü&#x017F;te,<lb/>
eine von Fluß und See um&#x017F;pannte Oa&#x017F;e: <hi rendition="#g">Kohlha&#x017F;enbrück</hi>.</p><lb/>
        <div n="2">
          <head>1.</head><lb/>
          <p>Ein niedriges Gehöft, nach der Straße hin umzäunt, in<lb/>
Front von einer mächtigen Eiche, im Rücken von einer alten<lb/>
weitverzweigten Linde über&#x017F;chattet &#x2014; das i&#x017F;t das jetzige Kohl-<lb/>
ha&#x017F;enbrück; ein Platz voll moderner Zuthat und Wandlung, der<lb/>
alten Krug- und Fähr&#x017F;telle vergangener Jahrhunderte muth-<lb/>
maßlich wenig ähnlich, aber doch zugleich voll jener hi&#x017F;tori&#x017F;chen<lb/>
Färbung, die um alle Oertlichkeiten her i&#x017F;t, die viel erlebt und<lb/>
viel ge&#x017F;ehen haben.</p><lb/>
          <p>Neue&#x017F;te For&#x017F;chung hat nun freilich von den Erlebni&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
die man die&#x017F;em Orte anzurechnen gewohnt war, erhebliche Ab-<lb/>
züge gemacht und hat fe&#x017F;tge&#x017F;tellt, daß der trotzige märki&#x017F;che Roß-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Fontane</hi>, Wanderungen. <hi rendition="#aq">III.</hi> 23</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[353]/0371] Gütergotz. Und ſie tragen den leuchtenden Juthrie-Gott Hinaus an den See und den Hain, Und ſie opfern ihm ihre Garben Am Garben-Opferſtein. Lieben lerne! Und zur Fremde wird die Heimath, Und zur Nähe wird die Ferne. Unſer Weg führte uns heute, von Marſchquartier Potsdam aus, ſüdlich, um den Nuthe-Ufern, dieſem alten Grenzſtreifen zwiſchen der Zauche und dem Lande Teltow, einen erſten Be- ſuch zu machen. Wie auch ſonſt ſchon gehen wir im Zickzack vor und zunächſt uns oſtwärts haltend — links ein Ackerſtreifen, rechts eine dünne Schonung — erreichen wir, plötzlich aufathmend in dieſer Wüſte, eine von Fluß und See umſpannte Oaſe: Kohlhaſenbrück. 1. Ein niedriges Gehöft, nach der Straße hin umzäunt, in Front von einer mächtigen Eiche, im Rücken von einer alten weitverzweigten Linde überſchattet — das iſt das jetzige Kohl- haſenbrück; ein Platz voll moderner Zuthat und Wandlung, der alten Krug- und Fährſtelle vergangener Jahrhunderte muth- maßlich wenig ähnlich, aber doch zugleich voll jener hiſtoriſchen Färbung, die um alle Oertlichkeiten her iſt, die viel erlebt und viel geſehen haben. Neueſte Forſchung hat nun freilich von den Erlebniſſen, die man dieſem Orte anzurechnen gewohnt war, erhebliche Ab- züge gemacht und hat feſtgeſtellt, daß der trotzige märkiſche Roß- Fontane, Wanderungen. III. 23

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/371
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. [353]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/371>, abgerufen am 21.11.2024.