Dies alles sind freilich nur Hypothesen; aber wenn sie auch nicht absolut das Richtige treffen, so lehnen sie sich doch an Rich- tiges an und schweifen wohl nicht völlig in die Irre.
Was immer aber auch das Motiv dieses Mordes gewesen sein möge, entschuldbarer Parteihaß oder niedrigste Ruchlosigkeit, so viel erhellt aus dieser Ueberlieferung -- ihre thatsächliche Begründung immer vorausgesetzt -- daß die Tage in Kloster Lehnin nicht immer interesselos verliefen (wie gelegentlich geglaubt worden ist), und daß, wenn wir dennoch im Großen und Gan- zen einer gewissen Farblosigkeit begegnen, der Grund dafür nicht darin zu suchen ist, daß überhaupt nichts geschah, sondern ledig- lich darin, daß das Geschehene nicht aufgezeichnet, nicht überlie- fert wurde.
Mönch Herrmann, der mit seinem Anhang an die Stätte des Mordes vordringt, die Verwundeten in ihren Stroh- verstecken tödtet oder tödten läßt, dann selber, während zehnjäh- riger Fehde, in Schlafsaal und Refectorium die Waffenrüstung Falco's trägt, -- das giebt schon ein Bild, dem es keineswegs an Farbe fehlt, auch nicht an jenem Roth, das nun 'mal die Haupt- und Grundfarbe aller Geschichte ist.
Ueber den Ausgang des Abtes Herrmann erfahren wir nichts; sehr wahrscheinlich, daß er noch eine Reihe von Jahren dem Kloster vorstand; -- erst 1352 finden wir den Namen eines Nachfolgers verzeichnet.
Abt Heinrich Stich (etwa von 1399--1430).
Heinrich Stich, vor seiner Abtwahl Kellermeister (celle- rarius) des Klosters, wurde sehr wahrscheinlich im Jahre 1399 zum Abt gewählt. Seine Regierung fällt in die sogenannte
den Mönches vor dem Papst, während ihm doch andere Tribunale, weltliche wie geistliche, so viel näher gelegen hätten, spricht dafür, daß der zu verklagende Abt Herrmann, sammt der Majorität des Klosters, (der Loburg-Partei) antipäpstlich, d. h. also bairisch waren.
Dies alles ſind freilich nur Hypotheſen; aber wenn ſie auch nicht abſolut das Richtige treffen, ſo lehnen ſie ſich doch an Rich- tiges an und ſchweifen wohl nicht völlig in die Irre.
Was immer aber auch das Motiv dieſes Mordes geweſen ſein möge, entſchuldbarer Parteihaß oder niedrigſte Ruchloſigkeit, ſo viel erhellt aus dieſer Ueberlieferung — ihre thatſächliche Begründung immer vorausgeſetzt — daß die Tage in Kloſter Lehnin nicht immer intereſſelos verliefen (wie gelegentlich geglaubt worden iſt), und daß, wenn wir dennoch im Großen und Gan- zen einer gewiſſen Farbloſigkeit begegnen, der Grund dafür nicht darin zu ſuchen iſt, daß überhaupt nichts geſchah, ſondern ledig- lich darin, daß das Geſchehene nicht aufgezeichnet, nicht überlie- fert wurde.
Mönch Herrmann, der mit ſeinem Anhang an die Stätte des Mordes vordringt, die Verwundeten in ihren Stroh- verſtecken tödtet oder tödten läßt, dann ſelber, während zehnjäh- riger Fehde, in Schlafſaal und Refectorium die Waffenrüſtung Falco’s trägt, — das giebt ſchon ein Bild, dem es keineswegs an Farbe fehlt, auch nicht an jenem Roth, das nun ’mal die Haupt- und Grundfarbe aller Geſchichte iſt.
Ueber den Ausgang des Abtes Herrmann erfahren wir nichts; ſehr wahrſcheinlich, daß er noch eine Reihe von Jahren dem Kloſter vorſtand; — erſt 1352 finden wir den Namen eines Nachfolgers verzeichnet.
Abt Heinrich Stich (etwa von 1399—1430).
Heinrich Stich, vor ſeiner Abtwahl Kellermeiſter (celle- rarius) des Kloſters, wurde ſehr wahrſcheinlich im Jahre 1399 zum Abt gewählt. Seine Regierung fällt in die ſogenannte
den Mönches vor dem Papſt, während ihm doch andere Tribunale, weltliche wie geiſtliche, ſo viel näher gelegen hätten, ſpricht dafür, daß der zu verklagende Abt Herrmann, ſammt der Majorität des Kloſters, (der Loburg-Partei) antipäpſtlich, d. h. alſo bairiſch waren.
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Dies alles ſind freilich nur Hypotheſen; aber wenn ſie auch
nicht abſolut das Richtige treffen, ſo lehnen ſie ſich doch an Rich-
tiges an und ſchweifen wohl nicht völlig in die Irre.
Was immer aber auch das Motiv dieſes Mordes geweſen
ſein möge, entſchuldbarer Parteihaß oder niedrigſte Ruchloſigkeit,
ſo viel erhellt aus dieſer Ueberlieferung — ihre thatſächliche
Begründung immer vorausgeſetzt — daß die Tage in Kloſter
Lehnin nicht immer intereſſelos verliefen (wie gelegentlich geglaubt
worden iſt), und daß, wenn wir dennoch im Großen und Gan-
zen einer gewiſſen Farbloſigkeit begegnen, der Grund dafür nicht
darin zu ſuchen iſt, daß überhaupt nichts geſchah, ſondern ledig-
lich darin, daß das Geſchehene nicht aufgezeichnet, nicht überlie-
fert wurde.
Mönch Herrmann, der mit ſeinem Anhang an die
Stätte des Mordes vordringt, die Verwundeten in ihren Stroh-
verſtecken tödtet oder tödten läßt, dann ſelber, während zehnjäh-
riger Fehde, in Schlafſaal und Refectorium die Waffenrüſtung
Falco’s trägt, — das giebt ſchon ein Bild, dem es keineswegs
an Farbe fehlt, auch nicht an jenem Roth, das nun ’mal die
Haupt- und Grundfarbe aller Geſchichte iſt.
Ueber den Ausgang des Abtes Herrmann erfahren wir
nichts; ſehr wahrſcheinlich, daß er noch eine Reihe von Jahren
dem Kloſter vorſtand; — erſt 1352 finden wir den Namen eines
Nachfolgers verzeichnet.
Abt Heinrich Stich (etwa von 1399—1430).
Heinrich Stich, vor ſeiner Abtwahl Kellermeiſter (celle-
rarius) des Kloſters, wurde ſehr wahrſcheinlich im Jahre 1399
zum Abt gewählt. Seine Regierung fällt in die ſogenannte
*)
*) den Mönches vor dem Papſt, während ihm doch andere Tribunale,
weltliche wie geiſtliche, ſo viel näher gelegen hätten, ſpricht dafür, daß
der zu verklagende Abt Herrmann, ſammt der Majorität des Kloſters,
(der Loburg-Partei) antipäpſtlich, d. h. alſo bairiſch waren.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/109>, abgerufen am 22.02.2025.
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