des gewiß sehr häufig; die überall auf den Feldern umherliegenden Rollsteine, wie sie das Material zu den Kirchen selber boten, wur- den ausgehöhlt und die "Taufe" war fertig. Die Bearbeitungs- kunst bleibt unter allen Umständen anstaunenswerth, wenn man erwägt, wie geringe technische Hülfsmittel damals zu Gebote stan- den. Jetzt begegnet man solchen "Taufen" nur sehr selten noch. Beides, Schnitz-Altar wie Taufstein (der letztere gewiß), stammen aus Pfuelscher Zeit.
5. Gielsdorf.
Gielsdorf, nur durch den schönen Ihland-See und seine Um- gebungen von Wilkendorf getrennt, ist seit 400 Jahren im Besitz der Familie. In einen der alten Kirchenpfeiler wurde, mit Bezug- nahme darauf, eine Steintafel eingemauert, die die Inschrift trägt: Zur Erinnerung an die 1460 unter Churfürst Friedrich geschehene Belehnung des Werner Pful mit Gielsdorf und an den vier- hundertjährigen Besitz seiner Erben. Gustav von Pfuel, 1860."
Auch in der Gielsdorfer Kirche befindet sich ein ausgemei- ßelter Taufstein, doch ist derselbe ersichtlich aus spätrer Zeit, nicht so groß wie der Wilkendorfer, und statt in Granit in bloßem Kalkstein (wahrscheinlich aus dem benachbarten Rüdersdorf) aus- geführt. In Front trägt der Stein ein flach gearbeitetes Kreuz, und als Umschrift um dasselbe, in Form eines Kranzes, die Worte: NON GLORIOR NISI IN CRUCE DOMINI.
Die Emporen der alten Kirche ruhen auf kurzen, grob- geschnitzten Holzpfeilern; in einen derselben sind die Worte ein- geschnitten: BERTRAMB V. PFUEL. ANNO MDCX. Dieser Bertramb von Pfuel war ein Vetter Curt Bertrams v. Pf., der während des 30jährigen Krieges eine Rolle spielte und auf den wir noch weiter unten zurückkommen.
Unter dem Altar der Gielsdorfer Kirche soll ein anderer Pfuel (Christian Friedrich) bestattet sein. Eine Stückkugel riß ihm beim Sturm auf Kaiserswerth (1702) den Kopf weg und Rumpf und Glieder wurden in Gielsdorf begraben. Er war Oberst in einem Infanterie-Regiment. Sein Bild befindet sich in Jahnsfelde. Ein
des gewiß ſehr häufig; die überall auf den Feldern umherliegenden Rollſteine, wie ſie das Material zu den Kirchen ſelber boten, wur- den ausgehöhlt und die „Taufe“ war fertig. Die Bearbeitungs- kunſt bleibt unter allen Umſtänden anſtaunenswerth, wenn man erwägt, wie geringe techniſche Hülfsmittel damals zu Gebote ſtan- den. Jetzt begegnet man ſolchen „Taufen“ nur ſehr ſelten noch. Beides, Schnitz-Altar wie Taufſtein (der letztere gewiß), ſtammen aus Pfuelſcher Zeit.
5. Gielsdorf.
Gielsdorf, nur durch den ſchönen Ihland-See und ſeine Um- gebungen von Wilkendorf getrennt, iſt ſeit 400 Jahren im Beſitz der Familie. In einen der alten Kirchenpfeiler wurde, mit Bezug- nahme darauf, eine Steintafel eingemauert, die die Inſchrift trägt: Zur Erinnerung an die 1460 unter Churfürſt Friedrich geſchehene Belehnung des Werner Pful mit Gielsdorf und an den vier- hundertjährigen Beſitz ſeiner Erben. Guſtav von Pfuel, 1860.“
Auch in der Gielsdorfer Kirche befindet ſich ein ausgemei- ßelter Taufſtein, doch iſt derſelbe erſichtlich aus ſpätrer Zeit, nicht ſo groß wie der Wilkendorfer, und ſtatt in Granit in bloßem Kalkſtein (wahrſcheinlich aus dem benachbarten Rüdersdorf) aus- geführt. In Front trägt der Stein ein flach gearbeitetes Kreuz, und als Umſchrift um daſſelbe, in Form eines Kranzes, die Worte: NON GLORIOR NISI IN CRUCE DOMINI.
Die Emporen der alten Kirche ruhen auf kurzen, grob- geſchnitzten Holzpfeilern; in einen derſelben ſind die Worte ein- geſchnitten: BERTRAMB V. PFUEL. ANNO MDCX. Dieſer Bertramb von Pfuel war ein Vetter Curt Bertrams v. Pf., der während des 30jährigen Krieges eine Rolle ſpielte und auf den wir noch weiter unten zurückkommen.
Unter dem Altar der Gielsdorfer Kirche ſoll ein anderer Pfuel (Chriſtian Friedrich) beſtattet ſein. Eine Stückkugel riß ihm beim Sturm auf Kaiſerswerth (1702) den Kopf weg und Rumpf und Glieder wurden in Gielsdorf begraben. Er war Oberſt in einem Infanterie-Regiment. Sein Bild befindet ſich in Jahnsfelde. Ein
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0498"n="486"/>
des gewiß ſehr häufig; die überall auf den Feldern umherliegenden<lb/>
Rollſteine, wie ſie das Material zu den Kirchen ſelber boten, wur-<lb/>
den ausgehöhlt und die „Taufe“ war fertig. Die Bearbeitungs-<lb/>
kunſt bleibt unter allen Umſtänden anſtaunenswerth, wenn man<lb/>
erwägt, wie geringe techniſche Hülfsmittel damals zu Gebote ſtan-<lb/>
den. Jetzt begegnet man ſolchen „Taufen“ nur ſehr ſelten noch.<lb/>
Beides, Schnitz-Altar wie Taufſtein (der letztere gewiß), ſtammen<lb/>
aus Pfuelſcher Zeit.</p></div><lb/><divn="2"><head>5. <hirendition="#g">Gielsdorf</hi>.</head><lb/><p>Gielsdorf, nur durch den ſchönen Ihland-See und ſeine Um-<lb/>
gebungen von Wilkendorf getrennt, iſt ſeit 400 Jahren im Beſitz<lb/>
der Familie. In einen der alten Kirchenpfeiler wurde, mit Bezug-<lb/>
nahme darauf, eine Steintafel eingemauert, die die Inſchrift trägt:<lb/>
Zur Erinnerung an die 1460 unter Churfürſt Friedrich geſchehene<lb/>
Belehnung des <hirendition="#g">Werner Pful</hi> mit Gielsdorf und an den vier-<lb/>
hundertjährigen Beſitz ſeiner Erben. Guſtav von Pfuel, 1860.“</p><lb/><p>Auch in der Gielsdorfer Kirche befindet ſich ein ausgemei-<lb/>
ßelter Taufſtein, doch iſt derſelbe erſichtlich aus ſpätrer Zeit, nicht<lb/>ſo groß wie der Wilkendorfer, und ſtatt in Granit in bloßem<lb/>
Kalkſtein (wahrſcheinlich aus dem benachbarten Rüdersdorf) aus-<lb/>
geführt. In Front trägt der Stein ein flach gearbeitetes Kreuz,<lb/>
und als Umſchrift um daſſelbe, in Form eines Kranzes, die Worte:<lb/><hirendition="#aq">NON GLORIOR NISI IN CRUCE DOMINI.</hi></p><lb/><p>Die Emporen der alten Kirche ruhen auf kurzen, grob-<lb/>
geſchnitzten Holzpfeilern; in einen derſelben ſind die Worte ein-<lb/>
geſchnitten: <hirendition="#aq">BERTRAMB V. PFUEL. ANNO MDCX.</hi> Dieſer<lb/>
Bertramb von Pfuel war ein Vetter <hirendition="#g">Curt</hi> Bertrams v. Pf., der<lb/>
während des 30jährigen Krieges eine Rolle ſpielte und auf den<lb/>
wir noch weiter unten zurückkommen.</p><lb/><p>Unter dem Altar der Gielsdorfer Kirche ſoll ein anderer Pfuel<lb/>
(Chriſtian Friedrich) beſtattet ſein. Eine Stückkugel riß ihm beim<lb/>
Sturm auf Kaiſerswerth (1702) den Kopf weg und Rumpf und<lb/>
Glieder wurden in Gielsdorf begraben. Er war Oberſt in einem<lb/>
Infanterie-Regiment. Sein Bild befindet ſich in Jahnsfelde. Ein<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[486/0498]
des gewiß ſehr häufig; die überall auf den Feldern umherliegenden
Rollſteine, wie ſie das Material zu den Kirchen ſelber boten, wur-
den ausgehöhlt und die „Taufe“ war fertig. Die Bearbeitungs-
kunſt bleibt unter allen Umſtänden anſtaunenswerth, wenn man
erwägt, wie geringe techniſche Hülfsmittel damals zu Gebote ſtan-
den. Jetzt begegnet man ſolchen „Taufen“ nur ſehr ſelten noch.
Beides, Schnitz-Altar wie Taufſtein (der letztere gewiß), ſtammen
aus Pfuelſcher Zeit.
5. Gielsdorf.
Gielsdorf, nur durch den ſchönen Ihland-See und ſeine Um-
gebungen von Wilkendorf getrennt, iſt ſeit 400 Jahren im Beſitz
der Familie. In einen der alten Kirchenpfeiler wurde, mit Bezug-
nahme darauf, eine Steintafel eingemauert, die die Inſchrift trägt:
Zur Erinnerung an die 1460 unter Churfürſt Friedrich geſchehene
Belehnung des Werner Pful mit Gielsdorf und an den vier-
hundertjährigen Beſitz ſeiner Erben. Guſtav von Pfuel, 1860.“
Auch in der Gielsdorfer Kirche befindet ſich ein ausgemei-
ßelter Taufſtein, doch iſt derſelbe erſichtlich aus ſpätrer Zeit, nicht
ſo groß wie der Wilkendorfer, und ſtatt in Granit in bloßem
Kalkſtein (wahrſcheinlich aus dem benachbarten Rüdersdorf) aus-
geführt. In Front trägt der Stein ein flach gearbeitetes Kreuz,
und als Umſchrift um daſſelbe, in Form eines Kranzes, die Worte:
NON GLORIOR NISI IN CRUCE DOMINI.
Die Emporen der alten Kirche ruhen auf kurzen, grob-
geſchnitzten Holzpfeilern; in einen derſelben ſind die Worte ein-
geſchnitten: BERTRAMB V. PFUEL. ANNO MDCX. Dieſer
Bertramb von Pfuel war ein Vetter Curt Bertrams v. Pf., der
während des 30jährigen Krieges eine Rolle ſpielte und auf den
wir noch weiter unten zurückkommen.
Unter dem Altar der Gielsdorfer Kirche ſoll ein anderer Pfuel
(Chriſtian Friedrich) beſtattet ſein. Eine Stückkugel riß ihm beim
Sturm auf Kaiſerswerth (1702) den Kopf weg und Rumpf und
Glieder wurden in Gielsdorf begraben. Er war Oberſt in einem
Infanterie-Regiment. Sein Bild befindet ſich in Jahnsfelde. Ein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/498>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.