Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Oderbruch.
1.
Wie es in alten Zeiten war.

Wasser, Wasser überall,
Die Tiefe selbst verfaulte,
Schlammthiere krabbeln zahllos rings
Auf schlammiger Moderflut.

Freiligrath, nach Samuel Taylor Coleridge.

Am West-Ufer der Oder, nach rechts hin vom Flusse selber be-
grenzt, nach links hin von den Abhängen des Barnim-Plateau's
wie von einem gebogenen Arm umfaßt, liegt das Oderbruch.
Es ist eine 7 Meilen lange und etwa 2 Meilen breite Niederung,
die, ihrem Hauptbestandtheil nach, in ein hohes und niederes
Bruch (das Ober-Bruch und das Nieder-Bruch) zerfällt. An diese
beiden schließt sich noch, nach Norden hin, (also flußabwärts) das
Mittelbruch. Diese Bezeichnung ist schlecht gewählt und wird die
Ursache beständiger Verwechselungen. Als "Mittelbruch" vermuthet
man es zwischen dem Ober- und Niederbruch gelegen, während
es doch umgekehrt, am äußersten Flügel des Bruches liegt.
Seinen Namen, der besser einem andern Platz machte, hat es
wahrscheinlich daher, weil es inmitten zweier Oderarme sich aus-
breitet. Neueren Arbeiten, namentlich dem vorzüglichen Aufsatz des
Geh. Rath Wehrmann "die Eindeichung des Oderbruches" ent-
nehme ich, daß man angefangen hat, diese schlechte Bezeichnung

Das Oderbruch.
1.
Wie es in alten Zeiten war.

Waſſer, Waſſer überall,
Die Tiefe ſelbſt verfaulte,
Schlammthiere krabbeln zahllos rings
Auf ſchlammiger Moderflut.

Freiligrath, nach Samuel Taylor Coleridge.

Am Weſt-Ufer der Oder, nach rechts hin vom Fluſſe ſelber be-
grenzt, nach links hin von den Abhängen des Barnim-Plateau’s
wie von einem gebogenen Arm umfaßt, liegt das Oderbruch.
Es iſt eine 7 Meilen lange und etwa 2 Meilen breite Niederung,
die, ihrem Hauptbeſtandtheil nach, in ein hohes und niederes
Bruch (das Ober-Bruch und das Nieder-Bruch) zerfällt. An dieſe
beiden ſchließt ſich noch, nach Norden hin, (alſo flußabwärts) das
Mittelbruch. Dieſe Bezeichnung iſt ſchlecht gewählt und wird die
Urſache beſtändiger Verwechſelungen. Als „Mittelbruch“ vermuthet
man es zwiſchen dem Ober- und Niederbruch gelegen, während
es doch umgekehrt, am äußerſten Flügel des Bruches liegt.
Seinen Namen, der beſſer einem andern Platz machte, hat es
wahrſcheinlich daher, weil es inmitten zweier Oderarme ſich aus-
breitet. Neueren Arbeiten, namentlich dem vorzüglichen Aufſatz des
Geh. Rath Wehrmann „die Eindeichung des Oderbruches“ ent-
nehme ich, daß man angefangen hat, dieſe ſchlechte Bezeichnung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0202" n="[190]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Das Oderbruch.</hi> </head><lb/>
        <div n="2">
          <head>1.<lb/><hi rendition="#g">Wie es in alten Zeiten war</hi>.</head><lb/>
          <cit rendition="#et">
            <quote>               Wa&#x017F;&#x017F;er, Wa&#x017F;&#x017F;er überall,<lb/>
Die Tiefe &#x017F;elb&#x017F;t verfaulte,<lb/>
Schlammthiere krabbeln zahllos rings<lb/>
Auf &#x017F;chlammiger Moderflut.</quote><lb/>
            <bibl><hi rendition="#b">Freiligrath,</hi> nach Samuel Taylor Coleridge.</bibl>
          </cit><lb/>
          <p><hi rendition="#in">A</hi>m We&#x017F;t-Ufer der Oder, nach rechts hin vom Flu&#x017F;&#x017F;e &#x017F;elber be-<lb/>
grenzt, nach links hin von den Abhängen des Barnim-Plateau&#x2019;s<lb/>
wie von einem gebogenen Arm umfaßt, liegt das <hi rendition="#g">Oderbruch</hi>.<lb/>
Es i&#x017F;t eine 7 Meilen lange und etwa 2 Meilen breite Niederung,<lb/>
die, ihrem Hauptbe&#x017F;tandtheil nach, in ein <hi rendition="#g">hohes</hi> und <hi rendition="#g">niederes</hi><lb/>
Bruch (das Ober-Bruch und das Nieder-Bruch) zerfällt. An die&#x017F;e<lb/>
beiden &#x017F;chließt &#x017F;ich noch, nach Norden hin, (al&#x017F;o flußabwärts) das<lb/><hi rendition="#g">Mittelbruch</hi>. Die&#x017F;e Bezeichnung i&#x017F;t &#x017F;chlecht gewählt und wird die<lb/>
Ur&#x017F;ache be&#x017F;tändiger Verwech&#x017F;elungen. Als &#x201E;Mittelbruch&#x201C; vermuthet<lb/>
man es <hi rendition="#g">zwi&#x017F;chen</hi> dem Ober- und Niederbruch gelegen, während<lb/>
es doch umgekehrt, am <hi rendition="#g">äußer&#x017F;ten Flügel</hi> des Bruches liegt.<lb/>
Seinen Namen, der be&#x017F;&#x017F;er einem andern Platz machte, hat es<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich daher, weil es <hi rendition="#g">inmitten</hi> zweier Oderarme &#x017F;ich aus-<lb/>
breitet. Neueren Arbeiten, namentlich dem vorzüglichen Auf&#x017F;atz des<lb/>
Geh. Rath Wehrmann &#x201E;die Eindeichung des Oderbruches&#x201C; ent-<lb/>
nehme ich, daß man angefangen hat, die&#x017F;e &#x017F;chlechte Bezeichnung<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[190]/0202] Das Oderbruch. 1. Wie es in alten Zeiten war. Waſſer, Waſſer überall, Die Tiefe ſelbſt verfaulte, Schlammthiere krabbeln zahllos rings Auf ſchlammiger Moderflut. Freiligrath, nach Samuel Taylor Coleridge. Am Weſt-Ufer der Oder, nach rechts hin vom Fluſſe ſelber be- grenzt, nach links hin von den Abhängen des Barnim-Plateau’s wie von einem gebogenen Arm umfaßt, liegt das Oderbruch. Es iſt eine 7 Meilen lange und etwa 2 Meilen breite Niederung, die, ihrem Hauptbeſtandtheil nach, in ein hohes und niederes Bruch (das Ober-Bruch und das Nieder-Bruch) zerfällt. An dieſe beiden ſchließt ſich noch, nach Norden hin, (alſo flußabwärts) das Mittelbruch. Dieſe Bezeichnung iſt ſchlecht gewählt und wird die Urſache beſtändiger Verwechſelungen. Als „Mittelbruch“ vermuthet man es zwiſchen dem Ober- und Niederbruch gelegen, während es doch umgekehrt, am äußerſten Flügel des Bruches liegt. Seinen Namen, der beſſer einem andern Platz machte, hat es wahrſcheinlich daher, weil es inmitten zweier Oderarme ſich aus- breitet. Neueren Arbeiten, namentlich dem vorzüglichen Aufſatz des Geh. Rath Wehrmann „die Eindeichung des Oderbruches“ ent- nehme ich, daß man angefangen hat, dieſe ſchlechte Bezeichnung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/202
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. [190]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/202>, abgerufen am 21.11.2024.