Die Stettiner hatten sich unterfangen, Eine Scheere ausgehangen Dem Feldmarschall nur zum Hohn, "Wart', ich will euch auf der Stelle Nehmen Maaß mit meiner Elle, Kreuzmillionschockschwernoth." Lied vom Derfflinger.
Unser Weg führt uns heute östlich, über das Plateau des Bar- nim hinweg, bis an den Südrand des Oderbruchs. Wir finden hier Land und Leute wesentlich verschieden von dem, was wir bis jetzt beschrieben haben; alles ist reicher, ursprünglicher, ungezähmter, das Leben hier pulst voller. Ob es ein stärkerer Beisatz von sla- vischem Blute ist, der hier eine Reihe abweichender Erscheinungen schafft, oder ob es einfach die größere Fruchtbarkeit des Bodens ist, die hier das Leben üppiger, saftvoller gestaltet -- es sei dahin gestellt. Es scheint als ob die Civilisation hier jüngeren Datums sei und noch nicht Zeit gehabt habe, das kaum eingefangene Step- penpferd zu zügeln und zu zähmen.
Das Oderbruch ist ein etwa zwei bis drei Meilen breiter und sieben Meilen langer Uferstreifen, der sich an der linken Seite
*) Gusow liegt nicht mehr im Barnim, sondern einige Meilen östlich davon, im Lande Lebus. Da ich aber die beiden andern Feldherrn aus der Zeit des großen Kurfürsten: Sparr und Goertzke in diesem Bande besprochen habe, so sollte Derfflinger (auf Gusow) nicht fehlen. Vgl. Prenden, Schloß Beuthen und die Anmerkungen zu Schloß Beuthen.
Guſow.*)
Die Stettiner hatten ſich unterfangen, Eine Scheere ausgehangen Dem Feldmarſchall nur zum Hohn, „Wart’, ich will euch auf der Stelle Nehmen Maaß mit meiner Elle, Kreuzmillionſchockſchwernoth.“ Lied vom Derfflinger.
Unſer Weg führt uns heute öſtlich, über das Plateau des Bar- nim hinweg, bis an den Südrand des Oderbruchs. Wir finden hier Land und Leute weſentlich verſchieden von dem, was wir bis jetzt beſchrieben haben; alles iſt reicher, urſprünglicher, ungezähmter, das Leben hier pulst voller. Ob es ein ſtärkerer Beiſatz von ſla- viſchem Blute iſt, der hier eine Reihe abweichender Erſcheinungen ſchafft, oder ob es einfach die größere Fruchtbarkeit des Bodens iſt, die hier das Leben üppiger, ſaftvoller geſtaltet — es ſei dahin geſtellt. Es ſcheint als ob die Civiliſation hier jüngeren Datums ſei und noch nicht Zeit gehabt habe, das kaum eingefangene Step- penpferd zu zügeln und zu zähmen.
Das Oderbruch iſt ein etwa zwei bis drei Meilen breiter und ſieben Meilen langer Uferſtreifen, der ſich an der linken Seite
*) Guſow liegt nicht mehr im Barnim, ſondern einige Meilen öſtlich davon, im Lande Lebus. Da ich aber die beiden andern Feldherrn aus der Zeit des großen Kurfürſten: Sparr und Goertzke in dieſem Bande beſprochen habe, ſo ſollte Derfflinger (auf Guſow) nicht fehlen. Vgl. Prenden, Schloß Beuthen und die Anmerkungen zu Schloß Beuthen.
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Guſow. *)
Die Stettiner hatten ſich unterfangen,
Eine Scheere ausgehangen
Dem Feldmarſchall nur zum Hohn,
„Wart’, ich will euch auf der Stelle
Nehmen Maaß mit meiner Elle,
Kreuzmillionſchockſchwernoth.“
Lied vom Derfflinger.
Unſer Weg führt uns heute öſtlich, über das Plateau des Bar-
nim hinweg, bis an den Südrand des Oderbruchs. Wir finden
hier Land und Leute weſentlich verſchieden von dem, was wir bis
jetzt beſchrieben haben; alles iſt reicher, urſprünglicher, ungezähmter,
das Leben hier pulst voller. Ob es ein ſtärkerer Beiſatz von ſla-
viſchem Blute iſt, der hier eine Reihe abweichender Erſcheinungen
ſchafft, oder ob es einfach die größere Fruchtbarkeit des Bodens
iſt, die hier das Leben üppiger, ſaftvoller geſtaltet — es ſei dahin
geſtellt. Es ſcheint als ob die Civiliſation hier jüngeren Datums
ſei und noch nicht Zeit gehabt habe, das kaum eingefangene Step-
penpferd zu zügeln und zu zähmen.
Das Oderbruch iſt ein etwa zwei bis drei Meilen breiter
und ſieben Meilen langer Uferſtreifen, der ſich an der linken Seite
*) Guſow liegt nicht mehr im Barnim, ſondern einige Meilen öſtlich
davon, im Lande Lebus. Da ich aber die beiden andern Feldherrn aus
der Zeit des großen Kurfürſten: Sparr und Goertzke in dieſem Bande
beſprochen habe, ſo ſollte Derfflinger (auf Guſow) nicht fehlen. Vgl.
Prenden, Schloß Beuthen und die Anmerkungen zu Schloß Beuthen.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. [317]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/335>, abgerufen am 03.03.2025.
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