Des Fisch-Buchs 31. Cap. von den Karpffen und Karauschen.
[Spaltenumbruch]
Karpffen. 2) Nach der Grösse und Alter sind es Saamen-Karpffen, welche an- noch in ihrem Wachsthum begriffen. Den Foetum annuum nennet man einen jährigen Strich, oder Setzlinge; darnach kömmt der zweyjährige und dreyjährige Strich; im vierdten Jahr werden sie erst Karpffen, und darnach Haupt- oder Spiegel-Karpffen.
§. 2.
Jn Sachsen werden schöne und wohl-schmackhaffte Karpffen in der Saa- le, ingleichen in der schwartzen Elster ge- fangen, und hält man die Strohm- Karpffen insgemein vor besser, auch schmackhaffter, als die Teich-Karpffen. Jn der Schnauder, einem Wässergen bey Pegau, fängt man auch sehr grosse, fet- te, und alte Karpffen, deren Köpffe biß- weilen mit Mooß gantz bedeckt sind. Nicht weniger sind die Seeburgischen Karpffen berühmt, die in der grossen See bey See- burg in der Grafschafft Manßfeld gefan- gen werden, als die in dasigen Gegen- den weit und breit herum hochgeachtet werden.
§. 3.
Die Karpffen werden auf mancherley Art in der Küchen zuberei- tet, entweder trocken gesotten, oder mit einer Brühe von Speck und Zwiebeln, oder einer Polnischen Brühe zugerichtet. So wissen sie auch die Juden trefflich zu- zubereiten. Der Kopff wird bey den Karpffen vor das beste Stück gehalten, das schlechteste hingegen ist der Schwantz, als der gar zu viel Gräten hat. Es wer- den auch die Karpffen zerpflückt, und mancherley Speisen davon zu wege ge- bracht. Die Karpffen sind gar eine ge- sunde Speise, und geben gute Nahrung. Jedoch muß man auch nicht zu viel davon genüssen, sonst vermehren sie gar zu sehr den Schleim im Geblüte, und verursa- chen nicht allein Verstopffungen, sondern wohl gar ein tägliches Fieber, daher kömmt es auch, daß man sie denjenigen, welche zum Stein und zur Colica geneigt sind, verbietet. Diejenigen Karpffen, so in sehr moderigten Seen und Teichen sitzen, und daher auch einen schlammichten Geschmack an sich nehmen, sind nicht so gesund, als die andern.
§. 4.
Die allerbesten Karpffen sind, welche einen gelben und harten Bauch haben, einen kurtzen runden Kopff, und schwärtzlicht über dem Leibe sind. Wenn sie aber grosse Bäuche zeigen, und, so man sie drauf drückt, Gruben behalten, er- kennet man sie vor schlecht. Hat man sie [Spaltenumbruch]
aufgerissen, sind sie an Gedärmen, Blut- fliessen, und Wammen zu erkennen, wel- ches aber gar leicht, und einem iedweden bekandt ist. Sie leichen im Junio, und alsdenn gehen sie gantz tief, und kan man solche schwerlich, oder wohl gar nicht an den Angel-Haacken bekommen, weil sie in solcher Zeit wenig fressen, auch die Kö- der nicht anbeissen. Sie leichen nicht al- le zu einer Zeit, sondern nachdem sie sich in einem guten Wasser befinden, dessen Boden Leim oder grießlicht ist, nachdem sind sie fruchtbar. Will man wissen, ob sie in diesem, oder jenem Fluß leichen, so darff man nur gegen Ostern und Pfing- sten auf ihr Aufspringen Achtung geben, wenn sie solches nicht thun, leichen sie ge- wiß gar nicht, da man es aber vernimmt, so leichen sie in 14. Tagen hernach. Ei- nige sagen, sie hätten dreyerley Leich-Zei- ten, erstlich, wenn die Aepffel-Bäume blüheten, darnach um Pfingsten, alsdenn auf Johannis.
§. 5.
Wenn man Honig mit Teige vermischt, so gehen sie gerne darnach. Man pflegt ihnen auch einen Tag oder vier klein gekrümelt Brod ins Wasser zu werffen, und sie damit zu körnen, an den Ort, da man meynet, daß sie sich aufhal- ten, so gewohnen sie dahin, alsdenn an- gelt man da, und fänget sie heraus. Man muß aber tief sencken, denn sie gehen auf den Grund. Einige nehmen die Haut vom Stockfisch, lassen sie wohl sieden, thun ein wenig Safran dazu, und machen es sodann an die Angeln. Vor dem Leichen beissen sie nicht wohl, aber nach dem Lei- chen viel besser, denn alsdenn sind sie hun- gerig. Auch beissen sie gerne an Pfeffer- Kuchen. Des Nachts sind sie mit den Netzen am besten zu fangen, denn da se- hen sie nicht, wie am Tage. Sie halten sich gerne in leimichten, schlammichten, und lettichten Gründen auf, es muß a- ber der Boden nicht gar zu niedrig seyn, sonst bekommen sie einen moderigten Ge- schmack. Man setzet bißweilen in die Tei- che einige grosse Schleyen zu ihnen, daß sie ihnen im Schlamm vorarbeiten, da- mit sie hernachgehen können.
§. 6.
Es ist unnöthig die Karpffen in einem Teiche zu speisen, es gehet mehr auf, als es Nutzen bringt, sie gewöhnen sich dran, und nehmen hernachmahls die natürliche Weyde nicht an, davon sie im Wachsthum mehr gehindert als beför- dert werden; sie werden auch durch Nacht-Aengel und dergleichen leichtlich ge-
fangen,
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Des Fiſch-Buchs 31. Cap. von den Karpffen und Karauſchen.
[Spaltenumbruch]
Karpffen. 2) Nach der Groͤſſe und Alter ſind es Saamen-Karpffen, welche an- noch in ihrem Wachsthum begriffen. Den Fœtum annuum nennet man einen jaͤhrigen Strich, oder Setzlinge; darnach koͤmmt der zweyjaͤhrige und dreyjaͤhrige Strich; im vierdten Jahr werden ſie erſt Karpffen, und darnach Haupt- oder Spiegel-Karpffen.
§. 2.
Jn Sachſen werden ſchoͤne und wohl-ſchmackhaffte Karpffen in der Saa- le, ingleichen in der ſchwartzen Elſter ge- fangen, und haͤlt man die Strohm- Karpffen insgemein vor beſſer, auch ſchmackhaffter, als die Teich-Karpffen. Jn der Schnauder, einem Waͤſſergen bey Pegau, faͤngt man auch ſehr groſſe, fet- te, und alte Karpffen, deren Koͤpffe biß- weilen mit Mooß gantz bedeckt ſind. Nicht weniger ſind die Seeburgiſchen Karpffen beruͤhmt, die in der groſſen See bey See- burg in der Grafſchafft Manßfeld gefan- gen werden, als die in daſigen Gegen- den weit und breit herum hochgeachtet werden.
§. 3.
Die Karpffen werden auf mancherley Art in der Kuͤchen zuberei- tet, entweder trocken geſotten, oder mit einer Bruͤhe von Speck und Zwiebeln, oder einer Polniſchen Bruͤhe zugerichtet. So wiſſen ſie auch die Juden trefflich zu- zubereiten. Der Kopff wird bey den Karpffen vor das beſte Stuͤck gehalten, das ſchlechteſte hingegen iſt der Schwantz, als der gar zu viel Graͤten hat. Es wer- den auch die Karpffen zerpfluͤckt, und mancherley Speiſen davon zu wege ge- bracht. Die Karpffen ſind gar eine ge- ſunde Speiſe, und geben gute Nahrung. Jedoch muß man auch nicht zu viel davon genuͤſſen, ſonſt vermehren ſie gar zu ſehr den Schleim im Gebluͤte, und verurſa- chen nicht allein Verſtopffungen, ſondern wohl gar ein taͤgliches Fieber, daher koͤm̃t es auch, daß man ſie denjenigen, welche zum Stein und zur Colica geneigt ſind, verbietet. Diejenigen Karpffen, ſo in ſehr moderigten Seen und Teichen ſitzen, und daher auch einen ſchlam̃ichten Geſchmack an ſich nehmen, ſind nicht ſo geſund, als die andern.
§. 4.
Die allerbeſten Karpffen ſind, welche einen gelben und harten Bauch haben, einen kurtzen runden Kopff, und ſchwaͤrtzlicht uͤber dem Leibe ſind. Wenn ſie aber groſſe Baͤuche zeigen, und, ſo man ſie drauf druͤckt, Gruben behalten, er- kennet man ſie vor ſchlecht. Hat man ſie [Spaltenumbruch]
aufgeriſſen, ſind ſie an Gedaͤrmen, Blut- flieſſen, und Wammen zu erkennen, wel- ches aber gar leicht, und einem iedweden bekandt iſt. Sie leichen im Junio, und alsdenn gehen ſie gantz tief, und kan man ſolche ſchwerlich, oder wohl gar nicht an den Angel-Haacken bekommen, weil ſie in ſolcher Zeit wenig freſſen, auch die Koͤ- der nicht anbeiſſen. Sie leichen nicht al- le zu einer Zeit, ſondern nachdem ſie ſich in einem guten Waſſer befinden, deſſen Boden Leim oder grießlicht iſt, nachdem ſind ſie fruchtbar. Will man wiſſen, ob ſie in dieſem, oder jenem Fluß leichen, ſo darff man nur gegen Oſtern und Pfing- ſten auf ihr Aufſpringen Achtung geben, wenn ſie ſolches nicht thun, leichen ſie ge- wiß gar nicht, da man es aber vernimmt, ſo leichen ſie in 14. Tagen hernach. Ei- nige ſagen, ſie haͤtten dreyerley Leich-Zei- ten, erſtlich, wenn die Aepffel-Baͤume bluͤheten, darnach um Pfingſten, alsdenn auf Johannis.
§. 5.
Wenn man Honig mit Teige vermiſcht, ſo gehen ſie gerne darnach. Man pflegt ihnen auch einen Tag oder vier klein gekruͤmelt Brod ins Waſſer zu werffen, und ſie damit zu koͤrnen, an den Ort, da man meynet, daß ſie ſich aufhal- ten, ſo gewohnen ſie dahin, alsdenn an- gelt man da, und faͤnget ſie heraus. Man muß aber tief ſencken, denn ſie gehen auf den Grund. Einige nehmen die Haut vom Stockfiſch, laſſen ſie wohl ſieden, thun ein wenig Safran dazu, und machen es ſodann an die Angeln. Vor dem Leichen beiſſen ſie nicht wohl, aber nach dem Lei- chen viel beſſer, denn alsdenn ſind ſie hun- gerig. Auch beiſſen ſie gerne an Pfeffer- Kuchen. Des Nachts ſind ſie mit den Netzen am beſten zu fangen, denn da ſe- hen ſie nicht, wie am Tage. Sie halten ſich gerne in leimichten, ſchlammichten, und lettichten Gruͤnden auf, es muß a- ber der Boden nicht gar zu niedrig ſeyn, ſonſt bekommen ſie einen moderigten Ge- ſchmack. Man ſetzet bißweilen in die Tei- che einige groſſe Schleyen zu ihnen, daß ſie ihnen im Schlamm vorarbeiten, da- mit ſie hernachgehen koͤnnen.
§. 6.
Es iſt unnoͤthig die Karpffen in einem Teiche zu ſpeiſen, es gehet mehr auf, als es Nutzen bringt, ſie gewoͤhnen ſich dran, und nehmen hernachmahls die natuͤrliche Weyde nicht an, davon ſie im Wachsthum mehr gehindert als befoͤr- dert werden; ſie werden auch durch Nacht-Aengel und dergleichen leichtlich ge-
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Des Fiſch-Buchs 31. Cap. von den Karpffen und Karauſchen.
Karpffen. 2) Nach der Groͤſſe und Alter
ſind es Saamen-Karpffen, welche an-
noch in ihrem Wachsthum begriffen.
Den Fœtum annuum nennet man einen
jaͤhrigen Strich, oder Setzlinge; darnach
koͤmmt der zweyjaͤhrige und dreyjaͤhrige
Strich; im vierdten Jahr werden ſie erſt
Karpffen, und darnach Haupt- oder
Spiegel-Karpffen.
§. 2. Jn Sachſen werden ſchoͤne und
wohl-ſchmackhaffte Karpffen in der Saa-
le, ingleichen in der ſchwartzen Elſter ge-
fangen, und haͤlt man die Strohm-
Karpffen insgemein vor beſſer, auch
ſchmackhaffter, als die Teich-Karpffen.
Jn der Schnauder, einem Waͤſſergen bey
Pegau, faͤngt man auch ſehr groſſe, fet-
te, und alte Karpffen, deren Koͤpffe biß-
weilen mit Mooß gantz bedeckt ſind. Nicht
weniger ſind die Seeburgiſchen Karpffen
beruͤhmt, die in der groſſen See bey See-
burg in der Grafſchafft Manßfeld gefan-
gen werden, als die in daſigen Gegen-
den weit und breit herum hochgeachtet
werden.
§. 3. Die Karpffen werden auf
mancherley Art in der Kuͤchen zuberei-
tet, entweder trocken geſotten, oder mit
einer Bruͤhe von Speck und Zwiebeln,
oder einer Polniſchen Bruͤhe zugerichtet.
So wiſſen ſie auch die Juden trefflich zu-
zubereiten. Der Kopff wird bey den
Karpffen vor das beſte Stuͤck gehalten,
das ſchlechteſte hingegen iſt der Schwantz,
als der gar zu viel Graͤten hat. Es wer-
den auch die Karpffen zerpfluͤckt, und
mancherley Speiſen davon zu wege ge-
bracht. Die Karpffen ſind gar eine ge-
ſunde Speiſe, und geben gute Nahrung.
Jedoch muß man auch nicht zu viel davon
genuͤſſen, ſonſt vermehren ſie gar zu ſehr
den Schleim im Gebluͤte, und verurſa-
chen nicht allein Verſtopffungen, ſondern
wohl gar ein taͤgliches Fieber, daher koͤm̃t
es auch, daß man ſie denjenigen, welche
zum Stein und zur Colica geneigt ſind,
verbietet. Diejenigen Karpffen, ſo in ſehr
moderigten Seen und Teichen ſitzen, und
daher auch einen ſchlam̃ichten Geſchmack
an ſich nehmen, ſind nicht ſo geſund, als
die andern.
§. 4. Die allerbeſten Karpffen ſind,
welche einen gelben und harten Bauch
haben, einen kurtzen runden Kopff, und
ſchwaͤrtzlicht uͤber dem Leibe ſind. Wenn
ſie aber groſſe Baͤuche zeigen, und, ſo man
ſie drauf druͤckt, Gruben behalten, er-
kennet man ſie vor ſchlecht. Hat man ſie
aufgeriſſen, ſind ſie an Gedaͤrmen, Blut-
flieſſen, und Wammen zu erkennen, wel-
ches aber gar leicht, und einem iedweden
bekandt iſt. Sie leichen im Junio, und
alsdenn gehen ſie gantz tief, und kan man
ſolche ſchwerlich, oder wohl gar nicht an
den Angel-Haacken bekommen, weil ſie
in ſolcher Zeit wenig freſſen, auch die Koͤ-
der nicht anbeiſſen. Sie leichen nicht al-
le zu einer Zeit, ſondern nachdem ſie ſich
in einem guten Waſſer befinden, deſſen
Boden Leim oder grießlicht iſt, nachdem
ſind ſie fruchtbar. Will man wiſſen, ob
ſie in dieſem, oder jenem Fluß leichen, ſo
darff man nur gegen Oſtern und Pfing-
ſten auf ihr Aufſpringen Achtung geben,
wenn ſie ſolches nicht thun, leichen ſie ge-
wiß gar nicht, da man es aber vernimmt,
ſo leichen ſie in 14. Tagen hernach. Ei-
nige ſagen, ſie haͤtten dreyerley Leich-Zei-
ten, erſtlich, wenn die Aepffel-Baͤume
bluͤheten, darnach um Pfingſten, alsdenn
auf Johannis.
§. 5. Wenn man Honig mit Teige
vermiſcht, ſo gehen ſie gerne darnach.
Man pflegt ihnen auch einen Tag oder
vier klein gekruͤmelt Brod ins Waſſer zu
werffen, und ſie damit zu koͤrnen, an den
Ort, da man meynet, daß ſie ſich aufhal-
ten, ſo gewohnen ſie dahin, alsdenn an-
gelt man da, und faͤnget ſie heraus. Man
muß aber tief ſencken, denn ſie gehen auf
den Grund. Einige nehmen die Haut
vom Stockfiſch, laſſen ſie wohl ſieden, thun
ein wenig Safran dazu, und machen es
ſodann an die Angeln. Vor dem Leichen
beiſſen ſie nicht wohl, aber nach dem Lei-
chen viel beſſer, denn alsdenn ſind ſie hun-
gerig. Auch beiſſen ſie gerne an Pfeffer-
Kuchen. Des Nachts ſind ſie mit den
Netzen am beſten zu fangen, denn da ſe-
hen ſie nicht, wie am Tage. Sie halten
ſich gerne in leimichten, ſchlammichten,
und lettichten Gruͤnden auf, es muß a-
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che einige groſſe Schleyen zu ihnen, daß
ſie ihnen im Schlamm vorarbeiten, da-
mit ſie hernachgehen koͤnnen.
§. 6. Es iſt unnoͤthig die Karpffen
in einem Teiche zu ſpeiſen, es gehet mehr
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ſich dran, und nehmen hernachmahls die
natuͤrliche Weyde nicht an, davon ſie im
Wachsthum mehr gehindert als befoͤr-
dert werden; ſie werden auch durch
Nacht-Aengel und dergleichen leichtlich ge-
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/607>, abgerufen am 22.02.2025.
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