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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Dritten Th. 10. Cap. von des andern Jahres Behängen.
[Spaltenumbruch] kommen gearbeitet, und der Anfang ist
bey gutem stillen Morgen gemacht wor-
den, der Herr verlangt aber augenblick-
lich, daß der Hirsch bestätiget werden soll,
so muß man alsdenn wohl sein äuserstes
wagen, ob es gleich dem Hunde gar schäd-
lich ist. Gegen den Wind muß der Hund
ja nicht suchen, massen der Hund wohl
50. Schritte den Wind von der Gefährde
oder von Haaren haben kan. Kan man
nun wegen Wind oder Regen mit Vor-
suchen des Hundes nichts machen, so muß
man in der Gefährde des Hirsches oder
Wildes ihn auf den Wegen, Aeckern und
Wiesen fleißig exerciren, um die Zeichen
zu mercken. Wenn allzu garstig Wetter
einfällt, kan man ihn mit Blasen und
Schreyen üben, wie es gebräuchlich, daß
er den Unterscheid kennen lernet, wann,
wie und was der Jäger bläset oder
schreyet.

Das 10. Capitel/
Des andern Jahres Be-
hängen.
§. 1.

Du arbeitest einen Hund so lange, biß
du merckest, daß er sich wohl hält,
und nichts übersiehet, sein Thier richtig
wegsucht, und den Wiedergang auf dem
harten und weichen Boden thut, alsdenn
muß man ihn sachte zum Stehen mit ge-
wöhnen. Dieses muß aber auch mit ei-
ner Manier und mit Lust des Hundes ge-
schehen. So man siehet, daß der Hund
anfällt, muß man stock-stille stehn, und
ihn lassen hinaus suchen, frisch von der
Faust weg, mit einer leisen Hand, fast das
halbe Hänge-Seil lang. Siehest du nun,
daß er rechte Lust zum Hinaus-suchen hat,
und er ist recht begierig, auf der Fährde,
so must du dir heran helffen, biß auf ei-
nen Schritt oder zwey, aber so leise von
der Hand seyn, daß du ihn im wäh-
renden Heran-helffen nicht rückest, und
ungefähr einen Tritt zu erkennen bekom-
mest. Siehest du, daß er auf einen Tritt
ist, so must du ihn fest anhalten, daß er
sich aufrichtet; hat er sich aufgerichtet,
must du dir heran helffen, die lincke Hand
unter dem Hals, daß der Kopff recht in
die Höhe kömmt; du must ihn ein wenig
hitzig tractiren, daß er sich brav strecken
lernet, forne hoch und hinten niedrig.
Will er sich aber nicht richten, und ist gar
[Spaltenumbruch] zu begierig, so must du dir gar heran
helffen, daß du ihn zwingen kanst, daß er
sich richten muß. Hat er sich nun gerich-
tet, und ein paarmahl eingegriffen, so
must du ihn auf den Wiedergang setzen,
und auch frisch von der Hand lang weg
suchen lassen, biß kurtz vor den Bruch.
Du must ihn kurtz lassen stehen, und biß
an den Bruch eingreiffen lernen. Bist
du an dem Bruch, wie gebräuchlich, so
must du ihn mit dem Bruch caressiren,
und auf dem Wiederwend dich herum
lassen, und brav über die Fährde, wo er
erstlich gestanden, hinaus suchen lassen.
So du siehest, daß er herum greiffet, must
du stock-stille stehen bleiben, und ihm den
Willen lassen. Kommt er auf dem Hän-
ge-Seil wieder zurück, wie sie offt pflegen
zu thun, wenn sie von der Fährde herun-
ter sind, so must du das Hänge-Seil mit
einer behenden Hand an dich nehmen,
ihn bey deinen Füssen auf die Fährde helf-
fen, caressiren, und auf die Fährde fort-
helffen, biß über die Fährde, wo er herum
gesucht hat, und ihm alsdenn wieder auf
frischen Boden helffen.

§. 2.

Bist du nun auf frischem Bo-
den, so must du dir wieder kurtz helffen, biß
auf ein paar Schritt, daß er sich wieder
richten muß, und wie zuvor stehen, alsdenn
läßt man ihn etliche mahl kurtz eingreiffen
und richten. Hat er nun Lust zu suchen,
muß man ihn noch einmahl hinaus frisch
von der Hand wegsuchen lassen, biß das
Hänge-Seil fast lang, und brave zuge-
sprochen; alsdenn must du dir immer
heran auf der Fährde forthelffen, biß auf
zwey Schritte; da hältst du ihn wieder an,
wie zuvor, daß er stehen muß. Du must
ihn ein paar mahl hitzig eingreiffen lassen,
in der grösten Hitze aber wegnehmen, daß
er suchen lernet. Auf dem harten Bo-
den, wo man nicht recht erkennen kan, ob
der Hund recht habe, oder nicht, muß man
ihn nicht allzu sehr vexiren, sondern ihn zu
einem nähern Vorthel etwan auf wei-
chen Acker führen, da man sich helffen kan.
Findest du die Fährde wieder, so du bist
herunter kommen, so laß den Hund recht
anfallen, und ein Eckgen suchen. Halt
ihn kurtz an zum Stehen, und laß ihn nur
ein paar mahl wieder eingreiffen. Hat
er noch Lust zum Suchen, so greiff eine
Ecke mit ihm vor weit ins Feld, und laß
ihn noch einmahl anfallen und suchen, wie
zuvor. Tractire ihn manierlich, und
freundlich, daß er nicht verdrießlich wird.

§. 3.

Du must einem Hund in dem

andern
U 3

Des Dritten Th. 10. Cap. von des andern Jahres Behaͤngen.
[Spaltenumbruch] kommen gearbeitet, und der Anfang iſt
bey gutem ſtillen Morgen gemacht wor-
den, der Herr verlangt aber augenblick-
lich, daß der Hirſch beſtaͤtiget werden ſoll,
ſo muß man alsdenn wohl ſein aͤuſerſtes
wagen, ob es gleich dem Hunde gar ſchaͤd-
lich iſt. Gegen den Wind muß der Hund
ja nicht ſuchen, maſſen der Hund wohl
50. Schritte den Wind von der Gefaͤhrde
oder von Haaren haben kan. Kan man
nun wegen Wind oder Regen mit Vor-
ſuchen des Hundes nichts machen, ſo muß
man in der Gefaͤhrde des Hirſches oder
Wildes ihn auf den Wegen, Aeckern und
Wieſen fleißig exerciren, um die Zeichen
zu mercken. Wenn allzu garſtig Wetter
einfaͤllt, kan man ihn mit Blaſen und
Schreyen uͤben, wie es gebraͤuchlich, daß
er den Unterſcheid kennen lernet, wann,
wie und was der Jaͤger blaͤſet oder
ſchreyet.

Das 10. Capitel/
Des andern Jahres Be-
haͤngen.
§. 1.

Du arbeiteſt einen Hund ſo lange, biß
du merckeſt, daß er ſich wohl haͤlt,
und nichts uͤberſiehet, ſein Thier richtig
wegſucht, und den Wiedergang auf dem
harten und weichen Boden thut, alsdenn
muß man ihn ſachte zum Stehen mit ge-
woͤhnen. Dieſes muß aber auch mit ei-
ner Manier und mit Luſt des Hundes ge-
ſchehen. So man ſiehet, daß der Hund
anfaͤllt, muß man ſtock-ſtille ſtehn, und
ihn laſſen hinaus ſuchen, friſch von der
Fauſt weg, mit einer leiſen Hand, faſt das
halbe Haͤnge-Seil lang. Sieheſt du nun,
daß er rechte Luſt zum Hinaus-ſuchen hat,
und er iſt recht begierig, auf der Faͤhrde,
ſo muſt du dir heran helffen, biß auf ei-
nen Schritt oder zwey, aber ſo leiſe von
der Hand ſeyn, daß du ihn im waͤh-
renden Heran-helffen nicht ruͤckeſt, und
ungefaͤhr einen Tritt zu erkennen bekom-
meſt. Sieheſt du, daß er auf einen Tritt
iſt, ſo muſt du ihn feſt anhalten, daß er
ſich aufrichtet; hat er ſich aufgerichtet,
muſt du dir heran helffen, die lincke Hand
unter dem Hals, daß der Kopff recht in
die Hoͤhe koͤmmt; du muſt ihn ein wenig
hitzig tractiren, daß er ſich brav ſtrecken
lernet, forne hoch und hinten niedrig.
Will er ſich aber nicht richten, und iſt gar
[Spaltenumbruch] zu begierig, ſo muſt du dir gar heran
helffen, daß du ihn zwingen kanſt, daß er
ſich richten muß. Hat er ſich nun gerich-
tet, und ein paarmahl eingegriffen, ſo
muſt du ihn auf den Wiedergang ſetzen,
und auch friſch von der Hand lang weg
ſuchen laſſen, biß kurtz vor den Bruch.
Du muſt ihn kurtz laſſen ſtehen, und biß
an den Bruch eingreiffen lernen. Biſt
du an dem Bruch, wie gebraͤuchlich, ſo
muſt du ihn mit dem Bruch careſſiren,
und auf dem Wiederwend dich herum
laſſen, und brav uͤber die Faͤhrde, wo er
erſtlich geſtanden, hinaus ſuchen laſſen.
So du ſieheſt, daß er herum greiffet, muſt
du ſtock-ſtille ſtehen bleiben, und ihm den
Willen laſſen. Kommt er auf dem Haͤn-
ge-Seil wieder zuruͤck, wie ſie offt pflegen
zu thun, wenn ſie von der Faͤhrde herun-
ter ſind, ſo muſt du das Haͤnge-Seil mit
einer behenden Hand an dich nehmen,
ihn bey deinen Fuͤſſen auf die Faͤhrde helf-
fen, careſſiren, und auf die Faͤhrde fort-
helffen, biß uͤber die Faͤhrde, wo er herum
geſucht hat, und ihm alsdenn wieder auf
friſchen Boden helffen.

§. 2.

Biſt du nun auf friſchem Bo-
den, ſo muſt du dir wieder kurtz helffen, biß
auf ein paar Schritt, daß er ſich wieder
richten muß, und wie zuvor ſtehen, alsdeñ
laͤßt man ihn etliche mahl kurtz eingreiffen
und richten. Hat er nun Luſt zu ſuchen,
muß man ihn noch einmahl hinaus friſch
von der Hand wegſuchen laſſen, biß das
Haͤnge-Seil faſt lang, und brave zuge-
ſprochen; alsdenn muſt du dir immer
heran auf der Faͤhrde forthelffen, biß auf
zwey Schritte; da haͤltſt du ihn wieder an,
wie zuvor, daß er ſtehen muß. Du muſt
ihn ein paar mahl hitzig eingreiffen laſſen,
in der groͤſten Hitze aber wegnehmen, daß
er ſuchen lernet. Auf dem harten Bo-
den, wo man nicht recht erkennen kan, ob
der Hund recht habe, oder nicht, muß man
ihn nicht allzu ſehr vexiren, ſondern ihn zu
einem naͤhern Vorthel etwan auf wei-
chen Acker fuͤhren, da man ſich helffen kan.
Findeſt du die Faͤhrde wieder, ſo du biſt
herunter kommen, ſo laß den Hund recht
anfallen, und ein Eckgen ſuchen. Halt
ihn kurtz an zum Stehen, und laß ihn nur
ein paar mahl wieder eingreiffen. Hat
er noch Luſt zum Suchen, ſo greiff eine
Ecke mit ihm vor weit ins Feld, und laß
ihn noch einmahl anfallen und ſuchen, wie
zuvor. Tractire ihn manierlich, und
freundlich, daß er nicht verdrießlich wird.

§. 3.

Du muſt einem Hund in dem

andern
U 3
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[157/0253] Des Dritten Th. 10. Cap. von des andern Jahres Behaͤngen. kommen gearbeitet, und der Anfang iſt bey gutem ſtillen Morgen gemacht wor- den, der Herr verlangt aber augenblick- lich, daß der Hirſch beſtaͤtiget werden ſoll, ſo muß man alsdenn wohl ſein aͤuſerſtes wagen, ob es gleich dem Hunde gar ſchaͤd- lich iſt. Gegen den Wind muß der Hund ja nicht ſuchen, maſſen der Hund wohl 50. Schritte den Wind von der Gefaͤhrde oder von Haaren haben kan. Kan man nun wegen Wind oder Regen mit Vor- ſuchen des Hundes nichts machen, ſo muß man in der Gefaͤhrde des Hirſches oder Wildes ihn auf den Wegen, Aeckern und Wieſen fleißig exerciren, um die Zeichen zu mercken. Wenn allzu garſtig Wetter einfaͤllt, kan man ihn mit Blaſen und Schreyen uͤben, wie es gebraͤuchlich, daß er den Unterſcheid kennen lernet, wann, wie und was der Jaͤger blaͤſet oder ſchreyet. Das 10. Capitel/ Des andern Jahres Be- haͤngen. §. 1. Du arbeiteſt einen Hund ſo lange, biß du merckeſt, daß er ſich wohl haͤlt, und nichts uͤberſiehet, ſein Thier richtig wegſucht, und den Wiedergang auf dem harten und weichen Boden thut, alsdenn muß man ihn ſachte zum Stehen mit ge- woͤhnen. Dieſes muß aber auch mit ei- ner Manier und mit Luſt des Hundes ge- ſchehen. So man ſiehet, daß der Hund anfaͤllt, muß man ſtock-ſtille ſtehn, und ihn laſſen hinaus ſuchen, friſch von der Fauſt weg, mit einer leiſen Hand, faſt das halbe Haͤnge-Seil lang. Sieheſt du nun, daß er rechte Luſt zum Hinaus-ſuchen hat, und er iſt recht begierig, auf der Faͤhrde, ſo muſt du dir heran helffen, biß auf ei- nen Schritt oder zwey, aber ſo leiſe von der Hand ſeyn, daß du ihn im waͤh- renden Heran-helffen nicht ruͤckeſt, und ungefaͤhr einen Tritt zu erkennen bekom- meſt. Sieheſt du, daß er auf einen Tritt iſt, ſo muſt du ihn feſt anhalten, daß er ſich aufrichtet; hat er ſich aufgerichtet, muſt du dir heran helffen, die lincke Hand unter dem Hals, daß der Kopff recht in die Hoͤhe koͤmmt; du muſt ihn ein wenig hitzig tractiren, daß er ſich brav ſtrecken lernet, forne hoch und hinten niedrig. Will er ſich aber nicht richten, und iſt gar zu begierig, ſo muſt du dir gar heran helffen, daß du ihn zwingen kanſt, daß er ſich richten muß. Hat er ſich nun gerich- tet, und ein paarmahl eingegriffen, ſo muſt du ihn auf den Wiedergang ſetzen, und auch friſch von der Hand lang weg ſuchen laſſen, biß kurtz vor den Bruch. Du muſt ihn kurtz laſſen ſtehen, und biß an den Bruch eingreiffen lernen. Biſt du an dem Bruch, wie gebraͤuchlich, ſo muſt du ihn mit dem Bruch careſſiren, und auf dem Wiederwend dich herum laſſen, und brav uͤber die Faͤhrde, wo er erſtlich geſtanden, hinaus ſuchen laſſen. So du ſieheſt, daß er herum greiffet, muſt du ſtock-ſtille ſtehen bleiben, und ihm den Willen laſſen. Kommt er auf dem Haͤn- ge-Seil wieder zuruͤck, wie ſie offt pflegen zu thun, wenn ſie von der Faͤhrde herun- ter ſind, ſo muſt du das Haͤnge-Seil mit einer behenden Hand an dich nehmen, ihn bey deinen Fuͤſſen auf die Faͤhrde helf- fen, careſſiren, und auf die Faͤhrde fort- helffen, biß uͤber die Faͤhrde, wo er herum geſucht hat, und ihm alsdenn wieder auf friſchen Boden helffen. §. 2. Biſt du nun auf friſchem Bo- den, ſo muſt du dir wieder kurtz helffen, biß auf ein paar Schritt, daß er ſich wieder richten muß, und wie zuvor ſtehen, alsdeñ laͤßt man ihn etliche mahl kurtz eingreiffen und richten. Hat er nun Luſt zu ſuchen, muß man ihn noch einmahl hinaus friſch von der Hand wegſuchen laſſen, biß das Haͤnge-Seil faſt lang, und brave zuge- ſprochen; alsdenn muſt du dir immer heran auf der Faͤhrde forthelffen, biß auf zwey Schritte; da haͤltſt du ihn wieder an, wie zuvor, daß er ſtehen muß. Du muſt ihn ein paar mahl hitzig eingreiffen laſſen, in der groͤſten Hitze aber wegnehmen, daß er ſuchen lernet. Auf dem harten Bo- den, wo man nicht recht erkennen kan, ob der Hund recht habe, oder nicht, muß man ihn nicht allzu ſehr vexiren, ſondern ihn zu einem naͤhern Vorthel etwan auf wei- chen Acker fuͤhren, da man ſich helffen kan. Findeſt du die Faͤhrde wieder, ſo du biſt herunter kommen, ſo laß den Hund recht anfallen, und ein Eckgen ſuchen. Halt ihn kurtz an zum Stehen, und laß ihn nur ein paar mahl wieder eingreiffen. Hat er noch Luſt zum Suchen, ſo greiff eine Ecke mit ihm vor weit ins Feld, und laß ihn noch einmahl anfallen und ſuchen, wie zuvor. Tractire ihn manierlich, und freundlich, daß er nicht verdrießlich wird. §. 3. Du muſt einem Hund in dem andern U 3

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/253>, abgerufen am 22.12.2024.