[Spaltenumbruch]
gewesen, daß die Hirsche und ander Wild für grosser Dürre in Wäldern und auf den Feldern umgefallen und verschmach- tet, daher auch diese nachfolgende Verse, welche die Jahrzahl in sich begreiffen, ge- macht worden.
Zur Erbauung der Stadt Hertzberg oder Hirtzberg, wie es die alten Diplomata schreiben, soll folgendes Gelegenheit gege- ben haben. Es hätte Albertus Ursus Marggraff zu Brandenburg, und Her- tzog zu Sachsen, der ein gewaltiger Jäger gewesen, einstens in den Beer-Waldi- schen Heiden, so unweit Hertzberg gele- gen, gejaget, und einen starcken wohlge- hörnten Hirsch angetroffen, denselben fleißig nachgestellt, solchen aber niemahls zum Stande bringen können, sondern es wäre derselbe stets, so bald er die Leute ansichtig worden, vor ihn geflohen, end- lich hat er ihn doch nach vieler Mühe in der Gegend, da hernach die Stadt ange- leget worden, gefällt, und ihn durch den Kopff geschossen. Es soll solcher Hirsch nebst Alberti Brust-Bilde und einen Bo- gen in der Hand führend im Schloß Beer- walde im sechzehenden Seculo noch seyn gesehen worden, auch mit der Stadt al- ten und grossen Jnsiegel zu beweisen seyn. Siehe Peckenstein Theatr. Sax p. 321. Auf dem Heßisch-Darmstädtischen Schlosse Merlau unweit Grünberg, trifft man alle Gemächer mit so raren Hirsch-Ge- weyhen an, daß man sich billich darüber höchlich verwundern muß.
§. 3.
Wie gefährlich und schädlich die Hirsche in der Brunst, Verfolgung und grossen Hunger sind, beglauben folgende Begebenheiten, die Herr Lehman in sei- nem Schau-Platz der Ertzgebürgischen- Merckwürdigkeiten p. 587. anführet. Anno 1638. hatte ein Student aus der Schlette in Neudorff geprediget, da er heim gehet, siehet er zwey Hirsche mitein- ander an der Strasse kämpffen. Er zie- het seinen Degen, und vermeint sie von- einander zu treiben, die aber stellen sich zur Gegenwehr, und jagen ihn, biß er mit Noth einen Zaun ergreifft, und sich daselbst so lange aufhält, biß sie wieder aufeinander erhitzet und gekämpffet. [Spaltenumbruch]Anno 1659. gieng ein Hirsch in Walters- dorff herum, und wurde von Hunden verfolget. Er retirirte sich mit den Rücken an den Bach, und wehrte sich forne sehr gewaltig. Der Richter im Dorffe wolte verwehren, daß der Hirsch nicht gar er- müdet und niedergerissen würde, da setzet der Hirsch auf ihn zu, fasset ihn auf die Geweyhe, und warff ihn in die Bach. Auf den Unter-Hammer im Wiesenthal kam im harten Winter ein grosser Brand-Hirsch vor das Churfürstl. Zoll-Hauß, stunde vor den Fenstern und suchte Futter, welches ihm auch vom Boden herab geworffen wurde. Ein gegen über wohnen der Hammer- Herr siehet diesen hungerigen Gast stehen, gehet guter Meynung auf ihn zu, und lan- get ihm ein wenig Heu auf einer Schin- del entgegen, der Hirsch ergrimmete sich, und stieß ihn danieder, verfieng sich aber in seinen mit vielem Band staffirten Klei- dern, daß ein Geschrey wurde, und der ohnfern wohnende Böhmische Ober-För- ster mit seiner Pürsch-Büchse gelauffen kam, und den Hirsch, in Betrachtung der Todes-Gefahr, über den zur Erde liegen- den Hammermeister niederschoß. Anno 1637. wurden auf dem Schloß Hartenstein täglich ein junger Hirsch und eine arme Magd aus der Hof-Küche gespeiset, der Hirsch lieff in Wald, und kam wieder. Jm Herbst trifft er das arme Mensch im Walde an, dahin es Schwämme zu samm- len gegangen war, und stößt es todt. Er wurde aber, ehe sie begraben worden, er- schossen, und vor die Hunde geworffen. Anno 1655. hatte Veit Dietrich Wagner, Amts-Hauptmann zu Sachsenfeld, einen Hirsch im Zwinger, der brach sich im October heraus, lieff einen Bauer von Behrfeld zu Boden, verwundete ihn sehr übel, und hätte ihn gar ermordet, wenn ihn nicht die Hunde gerettet. Eben im gedachten Jahre hielte Caspar Wittich ein Hammer-Herr unter Johann Geor- genstadt einen jungen Hirsch, welchen er aufgezogen, und so zahm gemacht, daß er neben den Schlitten und Reutern wie ein Hund her lieff. Dieser gab einem Berg- mann vom Hause aus das Geleite biß in Schwartzenberg, und stieß daselbst auf dem Marckt zwey Menschen nieder, biß ihn die Hunde zum Thor hinaus jagten. Zwey Tage hierauf kam er am Sonntage zum Breitenbrunnen unter der Kirche weil Predigt gehalten wurde, hinein, darüber ein Allarm entstunde, indem die Communicanten nicht wusten, wie sie
ohne
Des Andern Theils 49. Capitel.
[Spaltenumbruch]
geweſen, daß die Hirſche und ander Wild fuͤr groſſer Duͤrre in Waͤldern und auf den Feldern umgefallen und verſchmach- tet, daher auch dieſe nachfolgende Verſe, welche die Jahrzahl in ſich begreiffen, ge- macht worden.
Zur Erbauung der Stadt Hertzberg oder Hirtzberg, wie es die alten Diplomata ſchreiben, ſoll folgendes Gelegenheit gege- ben haben. Es haͤtte Albertus Urſus Marggraff zu Brandenburg, und Her- tzog zu Sachſen, der ein gewaltiger Jaͤger geweſen, einſtens in den Beer-Waldi- ſchen Heiden, ſo unweit Hertzberg gele- gen, gejaget, und einen ſtarcken wohlge- hoͤrnten Hirſch angetroffen, denſelben fleißig nachgeſtellt, ſolchen aber niemahls zum Stande bringen koͤnnen, ſondern es waͤre derſelbe ſtets, ſo bald er die Leute anſichtig worden, vor ihn geflohen, end- lich hat er ihn doch nach vieler Muͤhe in der Gegend, da hernach die Stadt ange- leget worden, gefaͤllt, und ihn durch den Kopff geſchoſſen. Es ſoll ſolcher Hirſch nebſt Alberti Bruſt-Bilde und einen Bo- gen in der Hand fuͤhrend im Schloß Beer- walde im ſechzehenden Seculo noch ſeyn geſehen worden, auch mit der Stadt al- ten und groſſen Jnſiegel zu beweiſen ſeyn. Siehe Peckenſtein Theatr. Sax p. 321. Auf dem Heßiſch-Darmſtaͤdtiſchen Schloſſe Merlau unweit Gruͤnberg, trifft man alle Gemaͤcher mit ſo raren Hirſch-Ge- weyhen an, daß man ſich billich daruͤber hoͤchlich verwundern muß.
§. 3.
Wie gefaͤhrlich und ſchaͤdlich die Hirſche in der Brunſt, Verfolgung und groſſen Hunger ſind, beglauben folgende Begebenheiten, die Herr Lehman in ſei- nem Schau-Platz der Ertzgebuͤrgiſchen- Merckwuͤrdigkeiten p. 587. anfuͤhret. Anno 1638. hatte ein Student aus der Schlette in Neudorff geprediget, da er heim gehet, ſiehet er zwey Hirſche mitein- ander an der Straſſe kaͤmpffen. Er zie- het ſeinen Degen, und vermeint ſie von- einander zu treiben, die aber ſtellen ſich zur Gegenwehr, und jagen ihn, biß er mit Noth einen Zaun ergreifft, und ſich daſelbſt ſo lange aufhaͤlt, biß ſie wieder aufeinander erhitzet und gekaͤmpffet. [Spaltenumbruch]Anno 1659. gieng ein Hirſch in Walters- dorff herum, und wurde von Hunden verfolget. Er retirirte ſich mit den Ruͤcken an den Bach, und wehrte ſich forne ſehr gewaltig. Der Richter im Dorffe wolte verwehren, daß der Hirſch nicht gar er- muͤdet und niedergeriſſen wuͤrde, da ſetzet der Hirſch auf ihn zu, faſſet ihn auf die Geweyhe, und warff ihn in die Bach. Auf den Unter-Ham̃er im Wieſenthal kam im harten Winter ein groſſer Brand-Hirſch vor das Churfuͤrſtl. Zoll-Hauß, ſtunde vor den Fenſtern und ſuchte Futter, welches ihm auch vom Boden herab geworffen wurde. Ein gegen uͤbeꝛ wohnen deꝛ Ham̃er- Herr ſiehet dieſen hungerigen Gaſt ſtehen, gehet guter Meynung auf ihn zu, und lan- get ihm ein wenig Heu auf einer Schin- del entgegen, der Hirſch ergrimmete ſich, und ſtieß ihn danieder, verfieng ſich aber in ſeinen mit vielem Band ſtaffirten Klei- dern, daß ein Geſchrey wurde, und der ohnfern wohnende Boͤhmiſche Ober-Foͤr- ſter mit ſeiner Puͤrſch-Buͤchſe gelauffen kam, und den Hirſch, in Betrachtung der Todes-Gefahr, uͤber den zur Erde liegen- den Hammermeiſter niederſchoß. Anno 1637. wurden auf dem Schloß Hartenſtein taͤglich ein junger Hirſch und eine arme Magd aus der Hof-Kuͤche geſpeiſet, der Hirſch lieff in Wald, und kam wieder. Jm Herbſt trifft er das arme Menſch im Walde an, dahin es Schwaͤmme zu ſam̃- len gegangen war, und ſtoͤßt es todt. Er wurde aber, ehe ſie begraben worden, er- ſchoſſen, und vor die Hunde geworffen. Anno 1655. hatte Veit Dietrich Wagner, Amts-Hauptmann zu Sachſenfeld, einen Hirſch im Zwinger, der brach ſich im October heraus, lieff einen Bauer von Behrfeld zu Boden, verwundete ihn ſehr uͤbel, und haͤtte ihn gar ermordet, wenn ihn nicht die Hunde gerettet. Eben im gedachten Jahre hielte Caſpar Wittich ein Hammer-Herr unter Johann Geor- genſtadt einen jungen Hirſch, welchen er aufgezogen, und ſo zahm gemacht, daß er neben den Schlitten und Reutern wie ein Hund her lieff. Dieſer gab einem Berg- mann vom Hauſe aus das Geleite biß in Schwartzenberg, und ſtieß daſelbſt auf dem Marckt zwey Menſchen nieder, biß ihn die Hunde zum Thor hinaus jagten. Zwey Tage hierauf kam er am Sonntage zum Breitenbrunnen unter der Kirche weil Predigt gehalten wurde, hinein, daruͤber ein Allarm entſtunde, indem die Communicanten nicht wuſten, wie ſie
ohne
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0228"n="140"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Des Andern Theils 49. Capitel.</hi></fw><lb/><cb/>
geweſen, daß die Hirſche und ander Wild<lb/>
fuͤr groſſer Duͤrre in Waͤldern und auf<lb/>
den Feldern umgefallen und verſchmach-<lb/>
tet, daher auch dieſe nachfolgende Verſe,<lb/>
welche die Jahrzahl in ſich begreiffen, ge-<lb/>
macht worden.</p><lb/><cit><quote><hirendition="#et"><hirendition="#aq">SqVaLet ager, qVerVLos InCeſtat<lb/>
fVnere ſaLtVs<lb/>
ECCe rVens trIſtI CerVa pereMta<lb/>
sItI.</hi></hi></quote></cit><lb/><p>Zur Erbauung der Stadt Hertzberg oder<lb/>
Hirtzberg, wie es die alten <hirendition="#aq">Diplomata</hi><lb/>ſchreiben, ſoll folgendes Gelegenheit gege-<lb/>
ben haben. Es haͤtte <hirendition="#aq">Albertus Urſus</hi><lb/>
Marggraff zu Brandenburg, und Her-<lb/>
tzog zu Sachſen, der ein gewaltiger Jaͤger<lb/>
geweſen, einſtens in den Beer-Waldi-<lb/>ſchen Heiden, ſo unweit Hertzberg gele-<lb/>
gen, gejaget, und einen ſtarcken wohlge-<lb/>
hoͤrnten Hirſch angetroffen, denſelben<lb/>
fleißig nachgeſtellt, ſolchen aber niemahls<lb/>
zum Stande bringen koͤnnen, ſondern es<lb/>
waͤre derſelbe ſtets, ſo bald er die Leute<lb/>
anſichtig worden, vor ihn geflohen, end-<lb/>
lich hat er ihn doch nach vieler Muͤhe in<lb/>
der Gegend, da hernach die Stadt ange-<lb/>
leget worden, gefaͤllt, und ihn durch den<lb/>
Kopff geſchoſſen. Es ſoll ſolcher Hirſch<lb/>
nebſt <hirendition="#aq">Alberti</hi> Bruſt-Bilde und einen Bo-<lb/>
gen in der Hand fuͤhrend im Schloß Beer-<lb/>
walde im ſechzehenden <hirendition="#aq">Seculo</hi> noch ſeyn<lb/>
geſehen worden, auch mit der Stadt al-<lb/>
ten und groſſen Jnſiegel zu beweiſen ſeyn.<lb/>
Siehe Peckenſtein <hirendition="#aq">Theatr. Sax p.</hi> 321. Auf<lb/>
dem Heßiſch-Darmſtaͤdtiſchen Schloſſe<lb/>
Merlau unweit Gruͤnberg, trifft man<lb/>
alle Gemaͤcher mit ſo raren Hirſch-Ge-<lb/>
weyhen an, daß man ſich billich daruͤber<lb/>
hoͤchlich verwundern muß.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 3.</head><p>Wie gefaͤhrlich und ſchaͤdlich die<lb/>
Hirſche in der Brunſt, Verfolgung und<lb/>
groſſen Hunger ſind, beglauben folgende<lb/>
Begebenheiten, die Herr Lehman in ſei-<lb/>
nem Schau-Platz der Ertzgebuͤrgiſchen-<lb/>
Merckwuͤrdigkeiten <hirendition="#aq">p.</hi> 587. anfuͤhret.<lb/><hirendition="#aq">Anno</hi> 1638. hatte ein Student aus der<lb/>
Schlette in Neudorff geprediget, da er<lb/>
heim gehet, ſiehet er zwey Hirſche mitein-<lb/>
ander an der Straſſe kaͤmpffen. Er zie-<lb/>
het ſeinen Degen, und vermeint ſie von-<lb/>
einander zu treiben, die aber ſtellen ſich<lb/>
zur Gegenwehr, und jagen ihn, biß er<lb/>
mit Noth einen Zaun ergreifft, und ſich<lb/>
daſelbſt ſo lange aufhaͤlt, biß ſie wieder<lb/>
aufeinander erhitzet und gekaͤmpffet.<lb/><cb/><hirendition="#aq">Anno</hi> 1659. gieng ein Hirſch in Walters-<lb/>
dorff herum, und wurde von Hunden<lb/>
verfolget. Er <hirendition="#aq">retiri</hi>rte ſich mit den Ruͤcken<lb/>
an den Bach, und wehrte ſich forne ſehr<lb/>
gewaltig. Der Richter im Dorffe wolte<lb/>
verwehren, daß der Hirſch nicht gar er-<lb/>
muͤdet und niedergeriſſen wuͤrde, da ſetzet<lb/>
der Hirſch auf ihn zu, faſſet ihn auf die<lb/>
Geweyhe, und warff ihn in die Bach. Auf<lb/>
den Unter-Ham̃er im Wieſenthal kam im<lb/>
harten Winter ein groſſer Brand-Hirſch<lb/>
vor das Churfuͤrſtl. Zoll-Hauß, ſtunde vor<lb/>
den Fenſtern und ſuchte Futter, welches<lb/>
ihm auch vom Boden herab geworffen<lb/>
wurde. Ein gegen uͤbeꝛ wohnen deꝛ Ham̃er-<lb/>
Herr ſiehet dieſen hungerigen Gaſt ſtehen,<lb/>
gehet guter Meynung auf ihn zu, und lan-<lb/>
get ihm ein wenig Heu auf einer Schin-<lb/>
del entgegen, der Hirſch ergrimmete ſich,<lb/>
und ſtieß ihn danieder, verfieng ſich aber<lb/>
in ſeinen mit vielem Band ſtaffirten Klei-<lb/>
dern, daß ein Geſchrey wurde, und der<lb/>
ohnfern wohnende Boͤhmiſche Ober-Foͤr-<lb/>ſter mit ſeiner Puͤrſch-Buͤchſe gelauffen<lb/>
kam, und den Hirſch, in Betrachtung der<lb/>
Todes-Gefahr, uͤber den zur Erde liegen-<lb/>
den Hammermeiſter niederſchoß. <hirendition="#aq">Anno</hi><lb/>
1637. wurden auf dem Schloß Hartenſtein<lb/>
taͤglich ein junger Hirſch und eine arme<lb/>
Magd aus der Hof-Kuͤche geſpeiſet, der<lb/>
Hirſch lieff in Wald, und kam wieder.<lb/>
Jm Herbſt trifft er das arme Menſch im<lb/>
Walde an, dahin es Schwaͤmme zu ſam̃-<lb/>
len gegangen war, und ſtoͤßt es todt. Er<lb/>
wurde aber, ehe ſie begraben worden, er-<lb/>ſchoſſen, und vor die Hunde geworffen.<lb/><hirendition="#aq">Anno</hi> 1655. hatte Veit Dietrich Wagner,<lb/>
Amts-Hauptmann zu Sachſenfeld, einen<lb/>
Hirſch im Zwinger, der brach ſich im<lb/><hirendition="#aq">October</hi> heraus, lieff einen Bauer von<lb/>
Behrfeld zu Boden, verwundete ihn ſehr<lb/>
uͤbel, und haͤtte ihn gar ermordet, wenn<lb/>
ihn nicht die Hunde gerettet. Eben im<lb/>
gedachten Jahre hielte Caſpar Wittich<lb/>
ein Hammer-Herr unter Johann Geor-<lb/>
genſtadt einen jungen Hirſch, welchen er<lb/>
aufgezogen, und ſo zahm gemacht, daß er<lb/>
neben den Schlitten und Reutern wie ein<lb/>
Hund her lieff. Dieſer gab einem Berg-<lb/>
mann vom Hauſe aus das Geleite biß in<lb/>
Schwartzenberg, und ſtieß daſelbſt auf<lb/>
dem Marckt zwey Menſchen nieder, biß<lb/>
ihn die Hunde zum Thor hinaus jagten.<lb/>
Zwey Tage hierauf kam er am Sonntage<lb/>
zum Breitenbrunnen unter der Kirche<lb/>
weil Predigt gehalten wurde, hinein,<lb/>
daruͤber ein <hirendition="#aq">Allarm</hi> entſtunde, indem die<lb/><hirendition="#aq">Communicant</hi>en nicht wuſten, wie ſie<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ohne</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[140/0228]
Des Andern Theils 49. Capitel.
geweſen, daß die Hirſche und ander Wild
fuͤr groſſer Duͤrre in Waͤldern und auf
den Feldern umgefallen und verſchmach-
tet, daher auch dieſe nachfolgende Verſe,
welche die Jahrzahl in ſich begreiffen, ge-
macht worden.
SqVaLet ager, qVerVLos InCeſtat
fVnere ſaLtVs
ECCe rVens trIſtI CerVa pereMta
sItI.
Zur Erbauung der Stadt Hertzberg oder
Hirtzberg, wie es die alten Diplomata
ſchreiben, ſoll folgendes Gelegenheit gege-
ben haben. Es haͤtte Albertus Urſus
Marggraff zu Brandenburg, und Her-
tzog zu Sachſen, der ein gewaltiger Jaͤger
geweſen, einſtens in den Beer-Waldi-
ſchen Heiden, ſo unweit Hertzberg gele-
gen, gejaget, und einen ſtarcken wohlge-
hoͤrnten Hirſch angetroffen, denſelben
fleißig nachgeſtellt, ſolchen aber niemahls
zum Stande bringen koͤnnen, ſondern es
waͤre derſelbe ſtets, ſo bald er die Leute
anſichtig worden, vor ihn geflohen, end-
lich hat er ihn doch nach vieler Muͤhe in
der Gegend, da hernach die Stadt ange-
leget worden, gefaͤllt, und ihn durch den
Kopff geſchoſſen. Es ſoll ſolcher Hirſch
nebſt Alberti Bruſt-Bilde und einen Bo-
gen in der Hand fuͤhrend im Schloß Beer-
walde im ſechzehenden Seculo noch ſeyn
geſehen worden, auch mit der Stadt al-
ten und groſſen Jnſiegel zu beweiſen ſeyn.
Siehe Peckenſtein Theatr. Sax p. 321. Auf
dem Heßiſch-Darmſtaͤdtiſchen Schloſſe
Merlau unweit Gruͤnberg, trifft man
alle Gemaͤcher mit ſo raren Hirſch-Ge-
weyhen an, daß man ſich billich daruͤber
hoͤchlich verwundern muß.
§. 3. Wie gefaͤhrlich und ſchaͤdlich die
Hirſche in der Brunſt, Verfolgung und
groſſen Hunger ſind, beglauben folgende
Begebenheiten, die Herr Lehman in ſei-
nem Schau-Platz der Ertzgebuͤrgiſchen-
Merckwuͤrdigkeiten p. 587. anfuͤhret.
Anno 1638. hatte ein Student aus der
Schlette in Neudorff geprediget, da er
heim gehet, ſiehet er zwey Hirſche mitein-
ander an der Straſſe kaͤmpffen. Er zie-
het ſeinen Degen, und vermeint ſie von-
einander zu treiben, die aber ſtellen ſich
zur Gegenwehr, und jagen ihn, biß er
mit Noth einen Zaun ergreifft, und ſich
daſelbſt ſo lange aufhaͤlt, biß ſie wieder
aufeinander erhitzet und gekaͤmpffet.
Anno 1659. gieng ein Hirſch in Walters-
dorff herum, und wurde von Hunden
verfolget. Er retirirte ſich mit den Ruͤcken
an den Bach, und wehrte ſich forne ſehr
gewaltig. Der Richter im Dorffe wolte
verwehren, daß der Hirſch nicht gar er-
muͤdet und niedergeriſſen wuͤrde, da ſetzet
der Hirſch auf ihn zu, faſſet ihn auf die
Geweyhe, und warff ihn in die Bach. Auf
den Unter-Ham̃er im Wieſenthal kam im
harten Winter ein groſſer Brand-Hirſch
vor das Churfuͤrſtl. Zoll-Hauß, ſtunde vor
den Fenſtern und ſuchte Futter, welches
ihm auch vom Boden herab geworffen
wurde. Ein gegen uͤbeꝛ wohnen deꝛ Ham̃er-
Herr ſiehet dieſen hungerigen Gaſt ſtehen,
gehet guter Meynung auf ihn zu, und lan-
get ihm ein wenig Heu auf einer Schin-
del entgegen, der Hirſch ergrimmete ſich,
und ſtieß ihn danieder, verfieng ſich aber
in ſeinen mit vielem Band ſtaffirten Klei-
dern, daß ein Geſchrey wurde, und der
ohnfern wohnende Boͤhmiſche Ober-Foͤr-
ſter mit ſeiner Puͤrſch-Buͤchſe gelauffen
kam, und den Hirſch, in Betrachtung der
Todes-Gefahr, uͤber den zur Erde liegen-
den Hammermeiſter niederſchoß. Anno
1637. wurden auf dem Schloß Hartenſtein
taͤglich ein junger Hirſch und eine arme
Magd aus der Hof-Kuͤche geſpeiſet, der
Hirſch lieff in Wald, und kam wieder.
Jm Herbſt trifft er das arme Menſch im
Walde an, dahin es Schwaͤmme zu ſam̃-
len gegangen war, und ſtoͤßt es todt. Er
wurde aber, ehe ſie begraben worden, er-
ſchoſſen, und vor die Hunde geworffen.
Anno 1655. hatte Veit Dietrich Wagner,
Amts-Hauptmann zu Sachſenfeld, einen
Hirſch im Zwinger, der brach ſich im
October heraus, lieff einen Bauer von
Behrfeld zu Boden, verwundete ihn ſehr
uͤbel, und haͤtte ihn gar ermordet, wenn
ihn nicht die Hunde gerettet. Eben im
gedachten Jahre hielte Caſpar Wittich
ein Hammer-Herr unter Johann Geor-
genſtadt einen jungen Hirſch, welchen er
aufgezogen, und ſo zahm gemacht, daß er
neben den Schlitten und Reutern wie ein
Hund her lieff. Dieſer gab einem Berg-
mann vom Hauſe aus das Geleite biß in
Schwartzenberg, und ſtieß daſelbſt auf
dem Marckt zwey Menſchen nieder, biß
ihn die Hunde zum Thor hinaus jagten.
Zwey Tage hierauf kam er am Sonntage
zum Breitenbrunnen unter der Kirche
weil Predigt gehalten wurde, hinein,
daruͤber ein Allarm entſtunde, indem die
Communicanten nicht wuſten, wie ſie
ohne
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/228>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.