Dieweilen offtmahlen Länder zu fin- den, woselbsten wegen der Felsen-Ge- bürge, oder auch Brücher und Moräste, keine von ermeldten Gruben und Fallen angerichtet werden können. Gleichwohl aber die Raub-Thiere zu vertilgen höchst nöthig seyn will, hat man hierzu abson- derliche so genannte Schlag-Bäume nach Grösse der Raub-Thiere, die man fan- gen will, ersonnen, und werden diesel- ben, wo es die meisten Raub-Thiere giebt, auff deren Stege und Wechsel fol- gender Gestalt gemachet: Nemlich, man leget zwey buchene Stangen neben ein- ander in die Erde, daß nichts davon zu sehen ist, lässet aber so viel Raum, daß eine darzwischen liegen kan: Dann nimmt man eine lange Stange von solchem Holtz, die darzwischen einpasse: Vorne zu bey- den Seiten werden zwey starcke Gabeln von birckenem oder anderm Holtze geschla- gen, und darüber ein Qver-Holtz geleget, hierzu wird nun ein Krantz von Werfft oder Weyden geflochten, wodurch die mittler lange Stange empor bevestiget wird, daß die Thiere solchen Wechsel und Gestelle des Sommers durch gewohnen. Diese Stell-Höltzer aber müssen ihre Rin- de behalten, auch so viel möglich, zumahl an der Schlag-Stange das Laub oder Aestlein gelassen werden, damit alles recht wilde aussehe, auf den Seiten wird es mit alt Reiß oder Aesten ver- [Spaltenumbruch]
worffen, und ist nöthig die Beywege zu hindern. Diese Stellung bleibet des Som- mers durch stehen, daß die Thiere deren gewohnen. Wann es nun umb Michae- lis-Zeit kommt, da der Raub-Thiere Bälge am besten, auch man ihre frische Spuhr findet, und es der Mühe werth, schleppet man ein Paar Tage nach ein- ander durch die Bäume Luder, und kir- ret sie, wie gemeldet: So man nun ge- wiß was mercket, stellet man auff, und setzet in der mitten der Schlag-Stange eine Stütze, leget sodann nach Stärcke des Wilds hinten von Holtz oder Stei- nen ein schweres Gewicht, nimmt den Krantz, und stecket über das Qver-Holtz durch den Krantz ein Stell-Holtz vorne kurtz an, mit dem andern Ende inne- wendig bindet man eine dreyfache dop- pelte Pferdhaarene Schnur, oder doppel- ten meßingen Drath umb das Unter- Qver-Holtz, so genau aufgestellet, und die Schnur qver über gezogen nach des Thieres Grösse, hinten angebunden wird. Wann nun alles gestellet, stösset man von der andern Seiten die Stütze mählig ab, und so mans haben kan, wirfft man dergleichen Lohsung von sol- chen Thieren untern Schlag-Baum, daß sie nichts vermercken, so kan nicht fehlen, daß sich nicht solte etwas fangen. Es ge- höret aber hierzu ein besonderer Fleiß, dessen abzuw arten.
Von einem Selb-Geschoß.
[Spaltenumbruch]
Dieses ist zwar nicht eine uhralte Er- findung, weiln das Pulver und die Büxen nicht eben so lang erdacht worden, gleich- wohl aber ist es ein gutes Mittel, das in der finstern Nacht unverhofft ankom- mende grosse und kleine Wild hierdurch zu bekommen. Der Selb-Geschoß wird von drey oder vier starcken kurtzen Läufften in ein länglicht Holtz geschäfftet: Die Zündlöcher zusammen gefüget, und ein klein Feuer-Schloß daran gemachet, mercket man nun einen Wolff oder Luchs, der bißweilen nach dem Luder dann und wann kömmet, oder ein wild Schwein, daß sich öffters in einer Suhle wältzet, oder was sonsten der Mühe werth, und man vor Kälte vergebens nicht auffpas- sen wolte, auch vor Finsterkeit nichts sehen kan, so wird dieser Selb-Geschoß mit kleinen Lauffkugeln ordentlich gela- den, und an verlangten Ort gebracht, eine haarene Schnur von 5. biß 6. Ellen [Spaltenumbruch]
lang über die Suhle gezogen oder vor dem Luder angebunden, nach dem Selb- Geschoß gezogen, und am Abzug leise an- gebunden. Wann man nun in der Mit- ten desselben solches nach Höhe des Thie- res gerichtet, und den Zugfaden hinter den Stifft geleget, spannet man das Rad, schüttet Zündkraut darauf, und setzet den Hahn mählich, stehet unberühret leise auf, und decket eine starcke Holtz- Rinde darüber, so ist es fertig. Wann nun in der Nacht etwas, es sey, woher es wolle, kommt, und an den Faden rühret, so gehet alles loß, und wird das- selbe entweder gleich liegen bleiben, oder doch nicht weit lauffen. Des Tages, so man nichts vermuthet, kan man wohl hingehen, die Rinde sachte auffheben, den Hahn zurück schlagen, und abspan- nen, dann wieder vor der Nässe zude- cken, so kan weder dem Viehe, noch dem Menschen Schaden geschehen, und da-
ferne
Vierdter Theil/
Von Schlag-Baͤumen.
[Spaltenumbruch]
Dieweilen offtmahlen Laͤnder zu fin- den, woſelbſten wegen der Felſen-Ge- buͤrge, oder auch Bruͤcher und Moraͤſte, keine von ermeldten Gruben und Fallen angerichtet werden koͤnnen. Gleichwohl aber die Raub-Thiere zu vertilgen hoͤchſt noͤthig ſeyn will, hat man hierzu abſon- derliche ſo genannte Schlag-Baͤume nach Groͤſſe der Raub-Thiere, die man fan- gen will, erſonnen, und werden dieſel- ben, wo es die meiſten Raub-Thiere giebt, auff deren Stege und Wechſel fol- gender Geſtalt gemachet: Nemlich, man leget zwey buchene Stangen neben ein- ander in die Erde, daß nichts davon zu ſehen iſt, laͤſſet aber ſo viel Raum, daß eine darzwiſchen liegen kan: Dann nim̃t man eine lange Stange von ſolchem Holtz, die darzwiſchen einpaſſe: Vorne zu bey- den Seiten werden zwey ſtarcke Gabeln von birckenem oder anderm Holtze geſchla- gen, und daruͤber ein Qver-Holtz geleget, hierzu wird nun ein Krantz von Werfft oder Weyden geflochten, wodurch die mittler lange Stange empor beveſtiget wird, daß die Thiere ſolchen Wechſel und Geſtelle des Sommers durch gewohnen. Dieſe Stell-Hoͤltzer aber muͤſſen ihre Rin- de behalten, auch ſo viel moͤglich, zumahl an der Schlag-Stange das Laub oder Aeſtlein gelaſſen werden, damit alles recht wilde ausſehe, auf den Seiten wird es mit alt Reiß oder Aeſten ver- [Spaltenumbruch]
worffen, und iſt noͤthig die Beywege zu hindern. Dieſe Stellung bleibet des Som- mers durch ſtehen, daß die Thiere deren gewohnen. Wann es nun umb Michae- lis-Zeit kommt, da der Raub-Thiere Baͤlge am beſten, auch man ihre friſche Spuhr findet, und es der Muͤhe werth, ſchleppet man ein Paar Tage nach ein- ander durch die Baͤume Luder, und kir- ret ſie, wie gemeldet: So man nun ge- wiß was mercket, ſtellet man auff, und ſetzet in der mitten der Schlag-Stange eine Stuͤtze, leget ſodann nach Staͤrcke des Wilds hinten von Holtz oder Stei- nen ein ſchweres Gewicht, nimmt den Krantz, und ſtecket uͤber das Qver-Holtz durch den Krantz ein Stell-Holtz vorne kurtz an, mit dem andern Ende inne- wendig bindet man eine dreyfache dop- pelte Pferdhaarene Schnur, oder doppel- ten meßingen Drath umb das Unter- Qver-Holtz, ſo genau aufgeſtellet, und die Schnur qver uͤber gezogen nach des Thieres Groͤſſe, hinten angebunden wird. Wann nun alles geſtellet, ſtoͤſſet man von der andern Seiten die Stuͤtze maͤhlig ab, und ſo mans haben kan, wirfft man dergleichen Lohſung von ſol- chen Thieren untern Schlag-Baum, daß ſie nichts vermercken, ſo kan nicht fehlen, daß ſich nicht ſolte etwas fangen. Es ge- hoͤret aber hierzu ein beſonderer Fleiß, deſſen abzuw arten.
Von einem Selb-Geſchoß.
[Spaltenumbruch]
Dieſes iſt zwar nicht eine uhralte Er- findung, weiln das Pulver und die Buͤxen nicht eben ſo lang erdacht worden, gleich- wohl aber iſt es ein gutes Mittel, das in der finſtern Nacht unverhofft ankom- mende groſſe und kleine Wild hierdurch zu bekommen. Der Selb-Geſchoß wird von drey oder vier ſtarcken kurtzen Laͤufften in ein laͤnglicht Holtz geſchaͤfftet: Die Zuͤndloͤcher zuſammen gefuͤget, und ein klein Feuer-Schloß daran gemachet, mercket man nun einen Wolff oder Luchs, der bißweilen nach dem Luder dann und wann koͤmmet, oder ein wild Schwein, daß ſich oͤffters in einer Suhle waͤltzet, oder was ſonſten der Muͤhe werth, und man vor Kaͤlte vergebens nicht auffpaſ- ſen wolte, auch vor Finſterkeit nichts ſehen kan, ſo wird dieſer Selb-Geſchoß mit kleinen Lauffkugeln ordentlich gela- den, und an verlangten Ort gebracht, eine haarene Schnur von 5. biß 6. Ellen [Spaltenumbruch]
lang uͤber die Suhle gezogen oder vor dem Luder angebunden, nach dem Selb- Geſchoß gezogen, und am Abzug leiſe an- gebunden. Wann man nun in der Mit- ten deſſelben ſolches nach Hoͤhe des Thie- res gerichtet, und den Zugfaden hinter den Stifft geleget, ſpannet man das Rad, ſchuͤttet Zuͤndkraut darauf, und ſetzet den Hahn maͤhlich, ſtehet unberuͤhret leiſe auf, und decket eine ſtarcke Holtz- Rinde daruͤber, ſo iſt es fertig. Wann nun in der Nacht etwas, es ſey, woher es wolle, kommt, und an den Faden ruͤhret, ſo gehet alles loß, und wird daſ- ſelbe entweder gleich liegen bleiben, oder doch nicht weit lauffen. Des Tages, ſo man nichts vermuthet, kan man wohl hingehen, die Rinde ſachte auffheben, den Hahn zuruͤck ſchlagen, und abſpan- nen, dann wieder vor der Naͤſſe zude- cken, ſo kan weder dem Viehe, noch dem Menſchen Schaden geſchehen, und da-
ferne
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[242/0376]
Vierdter Theil/
Von Schlag-Baͤumen.
Dieweilen offtmahlen Laͤnder zu fin-
den, woſelbſten wegen der Felſen-Ge-
buͤrge, oder auch Bruͤcher und Moraͤſte,
keine von ermeldten Gruben und Fallen
angerichtet werden koͤnnen. Gleichwohl
aber die Raub-Thiere zu vertilgen hoͤchſt
noͤthig ſeyn will, hat man hierzu abſon-
derliche ſo genannte Schlag-Baͤume nach
Groͤſſe der Raub-Thiere, die man fan-
gen will, erſonnen, und werden dieſel-
ben, wo es die meiſten Raub-Thiere
giebt, auff deren Stege und Wechſel fol-
gender Geſtalt gemachet: Nemlich, man
leget zwey buchene Stangen neben ein-
ander in die Erde, daß nichts davon zu
ſehen iſt, laͤſſet aber ſo viel Raum, daß
eine darzwiſchen liegen kan: Dann nim̃t
man eine lange Stange von ſolchem Holtz,
die darzwiſchen einpaſſe: Vorne zu bey-
den Seiten werden zwey ſtarcke Gabeln
von birckenem oder anderm Holtze geſchla-
gen, und daruͤber ein Qver-Holtz geleget,
hierzu wird nun ein Krantz von Werfft
oder Weyden geflochten, wodurch die
mittler lange Stange empor beveſtiget
wird, daß die Thiere ſolchen Wechſel und
Geſtelle des Sommers durch gewohnen.
Dieſe Stell-Hoͤltzer aber muͤſſen ihre Rin-
de behalten, auch ſo viel moͤglich, zumahl
an der Schlag-Stange das Laub oder
Aeſtlein gelaſſen werden, damit alles
recht wilde ausſehe, auf den Seiten
wird es mit alt Reiß oder Aeſten ver-
worffen, und iſt noͤthig die Beywege zu
hindern. Dieſe Stellung bleibet des Som-
mers durch ſtehen, daß die Thiere deren
gewohnen. Wann es nun umb Michae-
lis-Zeit kommt, da der Raub-Thiere
Baͤlge am beſten, auch man ihre friſche
Spuhr findet, und es der Muͤhe werth,
ſchleppet man ein Paar Tage nach ein-
ander durch die Baͤume Luder, und kir-
ret ſie, wie gemeldet: So man nun ge-
wiß was mercket, ſtellet man auff, und
ſetzet in der mitten der Schlag-Stange
eine Stuͤtze, leget ſodann nach Staͤrcke
des Wilds hinten von Holtz oder Stei-
nen ein ſchweres Gewicht, nimmt den
Krantz, und ſtecket uͤber das Qver-Holtz
durch den Krantz ein Stell-Holtz vorne
kurtz an, mit dem andern Ende inne-
wendig bindet man eine dreyfache dop-
pelte Pferdhaarene Schnur, oder doppel-
ten meßingen Drath umb das Unter-
Qver-Holtz, ſo genau aufgeſtellet, und
die Schnur qver uͤber gezogen nach des
Thieres Groͤſſe, hinten angebunden
wird. Wann nun alles geſtellet, ſtoͤſſet
man von der andern Seiten die Stuͤtze
maͤhlig ab, und ſo mans haben kan,
wirfft man dergleichen Lohſung von ſol-
chen Thieren untern Schlag-Baum, daß
ſie nichts vermercken, ſo kan nicht fehlen,
daß ſich nicht ſolte etwas fangen. Es ge-
hoͤret aber hierzu ein beſonderer Fleiß,
deſſen abzuw arten.
Von einem Selb-Geſchoß.
Dieſes iſt zwar nicht eine uhralte Er-
findung, weiln das Pulver und die Buͤxen
nicht eben ſo lang erdacht worden, gleich-
wohl aber iſt es ein gutes Mittel, das
in der finſtern Nacht unverhofft ankom-
mende groſſe und kleine Wild hierdurch
zu bekommen. Der Selb-Geſchoß
wird von drey oder vier ſtarcken kurtzen
Laͤufften in ein laͤnglicht Holtz geſchaͤfftet:
Die Zuͤndloͤcher zuſammen gefuͤget, und
ein klein Feuer-Schloß daran gemachet,
mercket man nun einen Wolff oder Luchs,
der bißweilen nach dem Luder dann und
wann koͤmmet, oder ein wild Schwein,
daß ſich oͤffters in einer Suhle waͤltzet,
oder was ſonſten der Muͤhe werth, und
man vor Kaͤlte vergebens nicht auffpaſ-
ſen wolte, auch vor Finſterkeit nichts
ſehen kan, ſo wird dieſer Selb-Geſchoß
mit kleinen Lauffkugeln ordentlich gela-
den, und an verlangten Ort gebracht,
eine haarene Schnur von 5. biß 6. Ellen
lang uͤber die Suhle gezogen oder vor
dem Luder angebunden, nach dem Selb-
Geſchoß gezogen, und am Abzug leiſe an-
gebunden. Wann man nun in der Mit-
ten deſſelben ſolches nach Hoͤhe des Thie-
res gerichtet, und den Zugfaden hinter
den Stifft geleget, ſpannet man das Rad,
ſchuͤttet Zuͤndkraut darauf, und ſetzet
den Hahn maͤhlich, ſtehet unberuͤhret
leiſe auf, und decket eine ſtarcke Holtz-
Rinde daruͤber, ſo iſt es fertig. Wann
nun in der Nacht etwas, es ſey, woher
es wolle, kommt, und an den Faden
ruͤhret, ſo gehet alles loß, und wird daſ-
ſelbe entweder gleich liegen bleiben, oder
doch nicht weit lauffen. Des Tages, ſo
man nichts vermuthet, kan man wohl
hingehen, die Rinde ſachte auffheben,
den Hahn zuruͤck ſchlagen, und abſpan-
nen, dann wieder vor der Naͤſſe zude-
cken, ſo kan weder dem Viehe, noch dem
Menſchen Schaden geſchehen, und da-
ferne
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/376>, abgerufen am 21.12.2024.
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