Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.Von denen wilden Thieren. [Spaltenumbruch]
Spuhr einer Bachen, wann sie tragendworden und schon umb die Helffte ist, kan man desto leichter mercken und vor gewiß tragend ansprechen, wenn die bey- den Hinter-Läufft eine gute Qver-Hand hinter denen Vordern zurücke bleiben, weit von einander sind und zu beyden Seiten auswärts stehen. Wenn auch viel Jungen im Leibe sind, so sie sperren und schwer machen, schleppen sie offte ei- nen Hinter-Laufft um den andern, [Spaltenumbruch] welches mehr als zu gewiß ist, wiewohl auch hierinnen leicht zu fehlen, daher es gar genau observiret werden muß. Die Lohsung eines wilden Schweins, wann es in der Feiste und Mastzeit, ist schlei- migt beysammen und von starckem Ge- ruch, im Sommer von Früchten als ein Dann-Zapffen getrungen; der Bachen Lohsung aber ist kleckweise, jedennoch auch unterschiedlich. Von dem Rehe. [Spaltenumbruch]
Dieses liebliche und anmuthige Thier- ist, N 3
Von denen wilden Thieren. [Spaltenumbruch]
Spuhr einer Bachen, wann ſie tragendworden und ſchon umb die Helffte iſt, kan man deſto leichter mercken und vor gewiß tragend anſprechen, wenn die bey- den Hinter-Laͤufft eine gute Qver-Hand hinter denen Vordern zuruͤcke bleiben, weit von einander ſind und zu beyden Seiten auswaͤrts ſtehen. Wenn auch viel Jungen im Leibe ſind, ſo ſie ſperren und ſchwer machen, ſchleppen ſie offte ei- nen Hinter-Laufft um den andern, [Spaltenumbruch] welches mehr als zu gewiß iſt, wiewohl auch hierinnen leicht zu fehlen, daher es gar genau obſerviret werden muß. Die Lohſung eines wilden Schweins, wann es in der Feiſte und Maſtzeit, iſt ſchlei- migt beyſammen und von ſtarckem Ge- ruch, im Sommer von Fruͤchten als ein Dann-Zapffen getrungen; der Bachen Lohſung aber iſt kleckweiſe, jedennoch auch unterſchiedlich. Von dem Rehe. [Spaltenumbruch]
Dieſes liebliche und anmuthige Thier- iſt, N 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0197" n="101"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von denen wilden Thieren.</hi></fw><lb/><cb/> Spuhr einer Bachen, wann ſie tragend<lb/> worden und ſchon umb die Helffte iſt,<lb/> kan man deſto leichter mercken und vor<lb/> gewiß tragend anſprechen, wenn die bey-<lb/> den Hinter-Laͤufft eine gute Qver-Hand<lb/> hinter denen Vordern zuruͤcke bleiben,<lb/> weit von einander ſind und zu beyden<lb/> Seiten auswaͤrts ſtehen. Wenn auch<lb/> viel Jungen im Leibe ſind, ſo ſie ſperren<lb/> und ſchwer machen, ſchleppen ſie offte ei-<lb/> nen Hinter-Laufft um den andern,<lb/><cb/> welches mehr als zu gewiß iſt, wiewohl<lb/> auch hierinnen leicht zu fehlen, daher es<lb/> gar genau <hi rendition="#aq">obſervir</hi>et werden muß. Die<lb/> Lohſung eines wilden Schweins, wann<lb/> es in der Feiſte und Maſtzeit, iſt ſchlei-<lb/> migt beyſammen und von ſtarckem Ge-<lb/> ruch, im Sommer von Fruͤchten als ein<lb/> Dann-Zapffen getrungen; der Bachen<lb/> Lohſung aber iſt kleckweiſe, jedennoch<lb/> auch unterſchiedlich.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Von dem Rehe.</hi> </head><lb/> <cb/> <p>Dieſes liebliche und anmuthige Thier-<lb/> lein, ob es wohl klein vom Leibe iſt, er-<lb/> ſetzet es doch ſolches umb deſto mehr, mit<lb/> der Guͤte ſeines zarten und wohlge-<lb/> ſchmackten Wildpraͤths. Es hat mit<lb/> ſeinen Gehoͤrngen, Natur, Eigenſchafft<lb/> und Spuhr oder Gefaͤhrd einige Gleich-<lb/> heit mit denen Hirſchen, doch wie gemel-<lb/> det, von kleinerer Art: Auch hat es der<lb/> Ziegen Eigenſchafft und iſt von geyler<lb/> Natur ſehr hitzig. Seine Brunfft waͤh-<lb/> ret im December ungefehr vierzehen Ta-<lb/> ge und hat der Rehebock nur eine Ruͤcke<lb/> bey ſich, auch bleiben Maͤnnlein und<lb/> Weiblein gerne beyſammen, biß die Zeit<lb/> koͤmmt, daß das Weiblein ſetzen ſoll.<lb/> Dann gehet die Ruͤcke ziemlich weit ſeit-<lb/> waͤrts, aus Furcht, daß der Bock die<lb/> Jungen umbbringen moͤchte. So lan-<lb/> ge, biß die kleinen ſelber freſſen koͤnnen,<lb/> erziehet ſie ſolche, alsdann begiebt ſie<lb/> ſich wieder zu ihrem Rehbock. Meiſten-<lb/> theils bringen ſie im Majo auf einmahl<lb/> zwey Jungen, ein Boͤcklein und ein<lb/> Ruͤcklein, die denn gemeiniglich beyſam-<lb/> men bleiben. Ein Reh-Kalb iſt auch<lb/> bundfleckigt, wie ein Hirſch oder Wild-<lb/> Kalb, nur daß es kleiner iſt, welches die<lb/> Alte ſauget und bey ſich behaͤlt, biß uͤbers<lb/> Jahr, hernach wechſeln ſie weiter. Der<lb/> Rehebock, wann er ein Jahr alt iſt, ſe-<lb/> tzet ſein Gehoͤrngen mit zwey Spitzen,<lb/> wie die Hirſche. Jm andern und drit-<lb/> ten Jahre vier Enden oder Gabeln, auch<lb/> wohl ſechs Enden, bey welcher Zahl er<lb/> verbleibet, wiewohl man Rehbocks-Ge-<lb/> hoͤrne von acht und mehr Enden ange-<lb/> troffen hat. Es wird aber ſolches nie-<lb/> mahls, wieviel es Enden habe, ange-<lb/> ſprochen, ſondern nur ein Gehoͤrn genen-<lb/> net. Sie werffen daſſelbige im Chriſt-<lb/> Monat und noch zeitlicher ab, ſetzen<lb/> auch balde wieder ihre Kolben auf, daß<lb/> ſie im Januario oder Februario ihr Ge-<lb/><cb/> hoͤrn vollkommen haben. Doch werf-<lb/> fen die alten Boͤcke eher als die Jungen<lb/> ab, und ſetzen auch eher wieder auf. Jm<lb/> Fruͤhling und Sommer ſind ſie gerne in<lb/> denen jung aufgeſchoſſenen Hoͤltzern, wo<lb/> ſie nahe die Saat-Felder finden und des<lb/> Nachts ſich weiden koͤnnen. Jm Win-<lb/> ter aber verſtecken ſie ſich in tieffe Waͤl-<lb/> der, wo es Brunnquellen, gruͤne Kraͤu-<lb/> ter, Brombeer-Straͤucher, Werfften<lb/> und Bimſen giebt, da ſie die Knoſpen,<lb/> gruͤne Blaͤtter, und Schoͤßlinge, der neu<lb/> wachſenden Straͤucher abbeiſſen. Der<lb/> Bock hat einen ſtaͤrckern Fuß, rundere<lb/> Schaalen und einen voͤllern Ballen, als<lb/> das Weiblein, bey welchem alles ſpitzi-<lb/> ger. Der Bock tritt allezeit am erſten<lb/> aus dem Holtze umb zu kundſchafften,<lb/> ob keine Gefahr verhanden und die Ruͤ-<lb/> cke folget hernach: Hingegen wann ſie ge-<lb/> jaget und geſchrecket werden, bleibt das<lb/> Boͤcklein allezeit zuruͤcke. Die Rehe<lb/> halten ſich nicht zuſammen wie die Hir-<lb/> ſche in einem <hi rendition="#aq">Troupp,</hi> ſondern paarwei-<lb/> ſe und theilen ſich breiter aus, daß ſie<lb/> mehr Nahrung haben. Sie koͤnnen uͤ-<lb/> ber drey hundert Schritt Menſchen und<lb/> Hunde wittern. Sie brunfften, wie<lb/> bereits oben geſaget, im Chriſt-Monat,<lb/> und jagt der Bock die Ruͤcke ſo lange her-<lb/> umb, biß ſie muͤde wird. Wann die<lb/> Ruͤcke empfangen hat, traͤgt ſie zwantzig<lb/> Wochen. Jn ihrer Faͤhrd, ſo ſie fluͤch-<lb/> tig iſt, oder gejaget wird, machet ſie viel<lb/> krumme Spruͤnge; Wenn ein Rehbock<lb/> erſchrickt, ſpringt er ſehr hoch, daß es<lb/> auff die Erde putzet und ſchreyet zugleich<lb/> hefftig. Wann das Reh von einem<lb/> Wolff, Hunde oder Fuchß jaͤhling er-<lb/> ſchrecket wird, daß es ſich fluͤchtig <hi rendition="#aq">ſalvi-<lb/> r</hi>en will, ſogleich aber und <hi rendition="#aq">in continenti<lb/> confus</hi> wird, ſo kommet es aus dem<lb/> Sprung, huͤpffet hin und her, und wird<lb/> dahero leichte ergriffen: <hi rendition="#aq">Ratio phyſica</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">N 3</fw><fw place="bottom" type="catch">iſt,</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [101/0197]
Von denen wilden Thieren.
Spuhr einer Bachen, wann ſie tragend
worden und ſchon umb die Helffte iſt,
kan man deſto leichter mercken und vor
gewiß tragend anſprechen, wenn die bey-
den Hinter-Laͤufft eine gute Qver-Hand
hinter denen Vordern zuruͤcke bleiben,
weit von einander ſind und zu beyden
Seiten auswaͤrts ſtehen. Wenn auch
viel Jungen im Leibe ſind, ſo ſie ſperren
und ſchwer machen, ſchleppen ſie offte ei-
nen Hinter-Laufft um den andern,
welches mehr als zu gewiß iſt, wiewohl
auch hierinnen leicht zu fehlen, daher es
gar genau obſerviret werden muß. Die
Lohſung eines wilden Schweins, wann
es in der Feiſte und Maſtzeit, iſt ſchlei-
migt beyſammen und von ſtarckem Ge-
ruch, im Sommer von Fruͤchten als ein
Dann-Zapffen getrungen; der Bachen
Lohſung aber iſt kleckweiſe, jedennoch
auch unterſchiedlich.
Von dem Rehe.
Dieſes liebliche und anmuthige Thier-
lein, ob es wohl klein vom Leibe iſt, er-
ſetzet es doch ſolches umb deſto mehr, mit
der Guͤte ſeines zarten und wohlge-
ſchmackten Wildpraͤths. Es hat mit
ſeinen Gehoͤrngen, Natur, Eigenſchafft
und Spuhr oder Gefaͤhrd einige Gleich-
heit mit denen Hirſchen, doch wie gemel-
det, von kleinerer Art: Auch hat es der
Ziegen Eigenſchafft und iſt von geyler
Natur ſehr hitzig. Seine Brunfft waͤh-
ret im December ungefehr vierzehen Ta-
ge und hat der Rehebock nur eine Ruͤcke
bey ſich, auch bleiben Maͤnnlein und
Weiblein gerne beyſammen, biß die Zeit
koͤmmt, daß das Weiblein ſetzen ſoll.
Dann gehet die Ruͤcke ziemlich weit ſeit-
waͤrts, aus Furcht, daß der Bock die
Jungen umbbringen moͤchte. So lan-
ge, biß die kleinen ſelber freſſen koͤnnen,
erziehet ſie ſolche, alsdann begiebt ſie
ſich wieder zu ihrem Rehbock. Meiſten-
theils bringen ſie im Majo auf einmahl
zwey Jungen, ein Boͤcklein und ein
Ruͤcklein, die denn gemeiniglich beyſam-
men bleiben. Ein Reh-Kalb iſt auch
bundfleckigt, wie ein Hirſch oder Wild-
Kalb, nur daß es kleiner iſt, welches die
Alte ſauget und bey ſich behaͤlt, biß uͤbers
Jahr, hernach wechſeln ſie weiter. Der
Rehebock, wann er ein Jahr alt iſt, ſe-
tzet ſein Gehoͤrngen mit zwey Spitzen,
wie die Hirſche. Jm andern und drit-
ten Jahre vier Enden oder Gabeln, auch
wohl ſechs Enden, bey welcher Zahl er
verbleibet, wiewohl man Rehbocks-Ge-
hoͤrne von acht und mehr Enden ange-
troffen hat. Es wird aber ſolches nie-
mahls, wieviel es Enden habe, ange-
ſprochen, ſondern nur ein Gehoͤrn genen-
net. Sie werffen daſſelbige im Chriſt-
Monat und noch zeitlicher ab, ſetzen
auch balde wieder ihre Kolben auf, daß
ſie im Januario oder Februario ihr Ge-
hoͤrn vollkommen haben. Doch werf-
fen die alten Boͤcke eher als die Jungen
ab, und ſetzen auch eher wieder auf. Jm
Fruͤhling und Sommer ſind ſie gerne in
denen jung aufgeſchoſſenen Hoͤltzern, wo
ſie nahe die Saat-Felder finden und des
Nachts ſich weiden koͤnnen. Jm Win-
ter aber verſtecken ſie ſich in tieffe Waͤl-
der, wo es Brunnquellen, gruͤne Kraͤu-
ter, Brombeer-Straͤucher, Werfften
und Bimſen giebt, da ſie die Knoſpen,
gruͤne Blaͤtter, und Schoͤßlinge, der neu
wachſenden Straͤucher abbeiſſen. Der
Bock hat einen ſtaͤrckern Fuß, rundere
Schaalen und einen voͤllern Ballen, als
das Weiblein, bey welchem alles ſpitzi-
ger. Der Bock tritt allezeit am erſten
aus dem Holtze umb zu kundſchafften,
ob keine Gefahr verhanden und die Ruͤ-
cke folget hernach: Hingegen wann ſie ge-
jaget und geſchrecket werden, bleibt das
Boͤcklein allezeit zuruͤcke. Die Rehe
halten ſich nicht zuſammen wie die Hir-
ſche in einem Troupp, ſondern paarwei-
ſe und theilen ſich breiter aus, daß ſie
mehr Nahrung haben. Sie koͤnnen uͤ-
ber drey hundert Schritt Menſchen und
Hunde wittern. Sie brunfften, wie
bereits oben geſaget, im Chriſt-Monat,
und jagt der Bock die Ruͤcke ſo lange her-
umb, biß ſie muͤde wird. Wann die
Ruͤcke empfangen hat, traͤgt ſie zwantzig
Wochen. Jn ihrer Faͤhrd, ſo ſie fluͤch-
tig iſt, oder gejaget wird, machet ſie viel
krumme Spruͤnge; Wenn ein Rehbock
erſchrickt, ſpringt er ſehr hoch, daß es
auff die Erde putzet und ſchreyet zugleich
hefftig. Wann das Reh von einem
Wolff, Hunde oder Fuchß jaͤhling er-
ſchrecket wird, daß es ſich fluͤchtig ſalvi-
ren will, ſogleich aber und in continenti
confus wird, ſo kommet es aus dem
Sprung, huͤpffet hin und her, und wird
dahero leichte ergriffen: Ratio phyſica
iſt,
N 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |