Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.Von denen wilden Thieren. [Spaltenumbruch]
Nachrichten, nicht aus eigener Erfah-rung überkommen oder würcklich in der That befunden haben, sondern entweder discursive gehöret oder etwan ihnen zum Theil in Büchern vorkommen sind, sol- cher maassen meistens in Muthmassun- gen bestehen mögen, oder etwan Relata sind, so ihnen von einigen Auffschneidern, eines Trinck-Gelds halber, vorgeschwa- tzet, und, da es ihnen nicht bekant, sol- [Spaltenumbruch] ches von ihnen geglaubet worden; So habe vor nöthig erachtet, mit wenigem dasjenige zu bemercken, was denen An- fängern des Weydewercks zur Nachricht dienen möchte und der Natur gemäß zeit- hero befunden worden, soviel nemlich, menschlicher Vernunfft nach, man biß- hero von denen wilden Thieren abmer- cken können. Von Natur und Eigenschafft derer wilden Thiere. [Spaltenumbruch]
Es hat der grosse Gott, gleich zu An- ters L
Von denen wilden Thieren. [Spaltenumbruch]
Nachrichten, nicht aus eigener Erfah-rung uͤberkommen oder wuͤrcklich in der That befunden haben, ſondern entweder diſcurſive gehoͤret oder etwan ihnen zum Theil in Buͤchern vorkommen ſind, ſol- cher maaſſen meiſtens in Muthmaſſun- gen beſtehen moͤgen, oder etwan Relata ſind, ſo ihnen von einigen Auffſchneidern, eines Trinck-Gelds halber, vorgeſchwa- tzet, und, da es ihnen nicht bekant, ſol- [Spaltenumbruch] ches von ihnen geglaubet worden; So habe vor noͤthig erachtet, mit wenigem dasjenige zu bemercken, was denen An- faͤngern des Weydewercks zur Nachricht dienen moͤchte und der Natur gemaͤß zeit- hero befunden worden, ſoviel nemlich, menſchlicher Vernunfft nach, man biß- hero von denen wilden Thieren abmer- cken koͤnnen. Von Natur und Eigenſchafft derer wilden Thiere. [Spaltenumbruch]
Es hat der groſſe Gott, gleich zu An- ters L
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Von denen wilden Thieren.
Nachrichten, nicht aus eigener Erfah-
rung uͤberkommen oder wuͤrcklich in der
That befunden haben, ſondern entweder
diſcurſive gehoͤret oder etwan ihnen zum
Theil in Buͤchern vorkommen ſind, ſol-
cher maaſſen meiſtens in Muthmaſſun-
gen beſtehen moͤgen, oder etwan Relata
ſind, ſo ihnen von einigen Auffſchneidern,
eines Trinck-Gelds halber, vorgeſchwa-
tzet, und, da es ihnen nicht bekant, ſol-
ches von ihnen geglaubet worden; So
habe vor noͤthig erachtet, mit wenigem
dasjenige zu bemercken, was denen An-
faͤngern des Weydewercks zur Nachricht
dienen moͤchte und der Natur gemaͤß zeit-
hero befunden worden, ſoviel nemlich,
menſchlicher Vernunfft nach, man biß-
hero von denen wilden Thieren abmer-
cken koͤnnen.
Von Natur und Eigenſchafft derer wilden Thiere.
Es hat der groſſe Gott, gleich zu An-
fange bey der Schoͤpffung als ein All-
weiſer Stiffter pro conſervatione Na-
turæ zugleich allen lebendigen Creatu-
ren eine zeugende Krafft dergeſtalt ein-
gepflantzet, daß ſie vermittelſt ihres Saa-
mens, aus innerlichem Antrieb der Na-
tur ferner ihres gleichen, ein jegliches
nach ſeiner Art zeugen ſolten. Sobald
nun der innerliche von der Feuchtigkeit
des Gehirns, Marr und Safft der Kno-
chen, der Subſtantz, Uhrſprung, Nah-
rung und Weſen nach, eigentlich erzo-
gene Saame reiff und weiter zu ver-
mehren gantz zeitig worden; ſtoͤſſet ſol-
chen die Natur, der Geſundheit zum be-
ſten, vermittelſt der Phantaſie und des
Gemuͤths, durch den Ruͤckgrad, Ductus
und Nerven, wenn derſelbe in die Ge-
burths-Glieder gefuͤhret wird, durch
hierauf erfolgte Hitze, Begierde, Luſt,
Bewegung beſagter Geburths-Glieder,
und die Impresſion des Gemuͤths her-
aus und generiret gleichſam den aller-
beſten Safft, oder herausgezogenen Ex-
tract zu einem weſentlichen Saamen,
welcher durch hitzigen Trieb der Natur
vermittelſt der Roͤhꝛe ausgeſpruͤtzet wird.
Dahero geſchiehet, daß durch allzu offte
der Natur zuwieder uͤberfluͤßige Be-
wegung, insgemein die Glieder matt
und zitternd, der Leib mager und kraͤnck-
lich, die Kraͤffte entzogen und verzehret
werden. Wann denn die Spiritus Ce-
rebri oder Gehirn-Geiſter irritiret und
eingenommen, werden die Thiere oͤffters
gantz unſinnig und wird alſo ihr Leben
verkuͤrtzet, wie man an denen Haaſen,
Sperlingen und andern zur allzu groſ-
ſen Geilheit geneigten Thieren gantz deut-
lich und klar vermercken kan. Hinge-
gen empfaͤhet das Weibliche Geſchlecht
in voller zeitiger Bluͤt mit groͤſſerer Be-
gierde und innerlich hierzu aptirter Hi-
tze, ſo durch die Impresſion eines vorha-
benden Objecti vermittelſt ihres Saa-
mens coaguliret, dahero hierdurch eine
gleichfoͤrmige Subſtantial-Eſſenz und
durch die Waͤrme concentrirete Frucht,
nicht allein am Leibe und Gliedern, Far-
ben und Haaren, ſondern auch am Ge-
muͤth und dem Weſen nach empfangen
wird, welche die Natur, ſobald ſolche
vollkom̃en reiff u. zeitig worden, ausſtoͤſ-
ſet und zur Welt bringet, auch ferner bey
zarter Jugend durch die Milch ernehret.
Nun haben manche Thiere eine weit hi-
tzigere Complexion als die andern; Theils
ſind grauſam grimmig; Theils ſind
rachgierich, zornig oder raͤuberiſch;
Andere hingegen ſind ſanfftmuͤthig, ſtill
und freundlich; Wiederumb ſind einige
tollkuͤhn, boßhafft und verwegen, an-
dere hingegen furchtſam, fluͤchtig und
ſcheu. Solches verurſachet offters zum
Theil ſowohl die Influenz des Lunæ,
und die Conſtellation oder das Clima des
Orts, wo ihre Conception geſchehen, als
der vielfaͤltige Unterſchied des Nutri-
ments und Erdbodens, dahero derglei-
chen mehrere choleriſche Feuchtigkeit der
Fruͤchte von ſalnitriſcher oder ſulphuri-
ſcher Eigenſchafft folglich nebſt andern
Umbſtaͤnden die Gemuͤths-Neigung,
Groͤſſe, Farben, und andere Kennzeichen
mehr herruͤhren. Es verſiehet ſich auch
oͤffters ein tragendes Thier, ſowohl in
ipſo Actu conceptionis, als kurtz nach
demſelben, wie des Labans Schaafe an
den bunden Staͤben, oder wann ſolches
bey wuͤrcklicher Empfaͤngniß von einem
weiſen Hund oder Wieſelchen ploͤtzlich
erſchrecket wird, imprimiret ſich ſolches die
Matrix, variiret zugleich die Farbe ihrer
Frucht, und concipiret ein Merckmahl.
Wie man denn durch die Gemaͤhlde bey
Beſchaͤlung der Stutten oder Vermeh-
rung der Caninchen ſolchen Effect der
Imagination wuͤrcklich wahrgenommen.
Wiewohl auch nicht zu laͤugnen, daß oͤff-
ters
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