Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

Bild:
<< vorherige Seite
Erster Theil/
[Spaltenumbruch]
Von der Aespe.

Dieses Holtz wächset gemeiniglich in
grossen Wäldern sowohl, als in Büschen
und Vorhöltzern, umb die Dörffer, an
feuchten Orten, in leimichtem und halb
magern Boden, wird über dreyßig Jahr
selten alt, weil der im Kern von sich selbst
gezeugte Wurm solche anfrißt, wovon
sie wandelbahr wird, und nachhero
schwartz anläufft: Jnwendig wird sie
gerne mülbigt und so ein Ast abgebrochen
wird, gleich an demselben Ort faul, da
sie alsdenn der Specht aushacket, darin-
nen wohnet und Junge hecket. Jm
Martio schiessen Fingerslange rauche
Käutzgen hervor, worinnen der Saame
befindlich, so von der Sonnen abgedör-
ret von einander zerstäubet. Dieses
Holtz ist inwendig sandigt, welcher Sand
aus der Erden mit dem Safft in die Hö-
he treibet, so die Muldenmacher an ih-
rem Gezeug aus der Erfahrung bewei-
sen können. Sie ist im Wetter von kei-
ner Dauerhafftigkeit, und werden dar-
aus Backtröge, Mulden und anderes
Geschirre gemacht, auch zum Stacken
von denen Kleibern, weil es nicht schwin-
det oder aufreisset, gebrauchet, dahero
auch die Drechßler und Bildhauer viel
und mancherley Arbeit daraus machen,
weil es ein schön weiß, glatt und leicht
Holtz ist. Sonst dienet es zu anderm
Bauen gar nicht, weil es alsobald sto-
cket. Der junge Wiederwachs schläget
häuffig unter ihme aus, welchen das
Wildpräth sowohl, als die Rinde und
Knospen mit gröster Begierde abässet.
Das Aespen-Laub hat runde dicke fette
Blätter, so auf einer Seiten aschegrün,
auf der andern blaß sind. Und weiln
die Blätter an dünnen gelben langen
Stiehlen hangen, und sich stets bewegen,
ob sie gleich keine Lufft anwehet, stetig
zittern und Geräusch verursachen, wird
vom Raseln der Baum auf Holländisch
Rateler genennet. Die Teutschen ver-
gleichen eine feige Memme oder zaghaff-
ten Menschen im Kriege einer Aespe, da-
hero das Sprichwort entstanden: du zit-
terst wie ein Aespen-Laub. Man hält
per Traditionem davor, es habe sich
der Verräther Judas an eine Aespe ge-
hänget, als er in Verzweiffelung gera-
then sey. Sonsten wollen einige, daß
man zu Behängens-Zeit frühe an der
Aespe, den Wind, und ob selbigen Mor-
gen mit dem Leithhund etwas nützlich zu
[Spaltenumbruch] verrichten sey, wahrnehmen könne, wel-
ches aber nicht seyn kan, weil derselben
Laub beständig wackelt; Vielmehr ist
solches von einer Linde zu verstehen, bey
welcher dieses Experiment eintreffen soll.

Von der Leder.

Nachdem ich vom Laub-Holtze wil-
der Bäume, soviel die nöthigsten und
bekantesten zu seyn erachte, geschrieben, so
folget nun in der Ordnung das Tangel-
oder Hartz-Holtz, welches sowohl im rau-
hen Winter, als zur warmen Som-
mers-Zeit in seinem Terpentinischen Li-
quore
immerwährend grünet. Unter
solchem haben unstreitig den Vorzug die
Cedern, als welche vornehmlich der An-
tiquit
ät nach in Heiliger Schrifft am mei-
sten berühmet sind, daß sie auch Cedern
GOttes genennet werden, welche in ei-
ner unglaublichen Menge der Hochweise
König Salomon auf dem Berge Liba-
no, mit Bewilligung des Königs Huram
zu Tyro, durch achtzig tausend Zimmer-
Leute oder Holtz-Hauer schlagen, und
durch stebenzig tausend Last-Träger her-
unter an das Meer bringen, und ferner
zu Wasser nach Japho flössen lassen, von
wannen es weiter zu Lande nach Jeru-
salem zum Tempel des grossen GOttes
gebracht worden, zu welcher Arbeit er
absonderlich drey tausend, und sechs hun-
dert Vögte, Aufseher oder Verwalter,
die das Volck zur Arbeit antreiben mu-
sten, gehalten, welchem Volcke zu ihrer
Verpflegung zwantzig tausend Maaß
oder Cor gestossener Weitzen, zwantzig
tausend Cor Gerste, eben soviel tausend
Bath Weins, und auch soviel Oehls ge-
schicket, umb solche Arbeit desto eher zu
beschleunigen: Vorjetzo haben besagte
Cedern auf dem Berge Libano von vor-
mahls gehabter grossen Menge derge-
stalt abgenommen, daß davon heut zu
Tage von denen Reisenden kaum noch
etliche zwantzig eintzlen hin und wieder
stehende gefunden werden, mögen also
damahls wohl ziemlich ruiniret worden
seyn. Die Eigenschafft aber des Ceder-
Baums betreffend, findet man desselben
zweyerley Gattung oder Arten, eine die
grösser, welche Zapffen träget, die ande-
re aber, die kleiner, welche Beere, denen
Wacholder-Beeren nicht ungleich, her-
vor bringet. Die rechte grosse Ceder,
deren Art auf dem Berge Libano gewach-
sen seyn soll, ist ein gerader, und sehr

hoher
Erſter Theil/
[Spaltenumbruch]
Von der Aeſpe.

Dieſes Holtz waͤchſet gemeiniglich in
groſſen Waͤldern ſowohl, als in Buͤſchen
und Vorhoͤltzern, umb die Doͤrffer, an
feuchten Orten, in leimichtem und halb
magern Boden, wird uͤber dreyßig Jahr
ſelten alt, weil der im Kern von ſich ſelbſt
gezeugte Wurm ſolche anfrißt, wovon
ſie wandelbahr wird, und nachhero
ſchwartz anlaͤufft: Jnwendig wird ſie
gerne muͤlbigt und ſo ein Aſt abgebrochen
wird, gleich an demſelben Ort faul, da
ſie alsdenn der Specht aushacket, darin-
nen wohnet und Junge hecket. Jm
Martio ſchieſſen Fingerslange rauche
Kaͤutzgen hervor, worinnen der Saame
befindlich, ſo von der Sonnen abgedoͤr-
ret von einander zerſtaͤubet. Dieſes
Holtz iſt inwendig ſandigt, welcher Sand
aus der Erden mit dem Safft in die Hoͤ-
he treibet, ſo die Muldenmacher an ih-
rem Gezeug aus der Erfahrung bewei-
ſen koͤnnen. Sie iſt im Wetter von kei-
ner Dauerhafftigkeit, und werden dar-
aus Backtroͤge, Mulden und anderes
Geſchirre gemacht, auch zum Stacken
von denen Kleibern, weil es nicht ſchwin-
det oder aufreiſſet, gebrauchet, dahero
auch die Drechßler und Bildhauer viel
und mancherley Arbeit daraus machen,
weil es ein ſchoͤn weiß, glatt und leicht
Holtz iſt. Sonſt dienet es zu anderm
Bauen gar nicht, weil es alſobald ſto-
cket. Der junge Wiederwachs ſchlaͤget
haͤuffig unter ihme aus, welchen das
Wildpraͤth ſowohl, als die Rinde und
Knoſpen mit groͤſter Begierde abaͤſſet.
Das Aeſpen-Laub hat runde dicke fette
Blaͤtter, ſo auf einer Seiten aſchegruͤn,
auf der andern blaß ſind. Und weiln
die Blaͤtter an duͤnnen gelben langen
Stiehlen hangen, und ſich ſtets bewegen,
ob ſie gleich keine Lufft anwehet, ſtetig
zittern und Geraͤuſch verurſachen, wird
vom Raſeln der Baum auf Hollaͤndiſch
Rateler genennet. Die Teutſchen ver-
gleichen eine feige Memme oder zaghaff-
ten Menſchen im Kriege einer Aeſpe, da-
hero das Sprichwort entſtanden: du zit-
terſt wie ein Aeſpen-Laub. Man haͤlt
per Traditionem davor, es habe ſich
der Verraͤther Judas an eine Aeſpe ge-
haͤnget, als er in Verzweiffelung gera-
then ſey. Sonſten wollen einige, daß
man zu Behaͤngens-Zeit fruͤhe an der
Aeſpe, den Wind, und ob ſelbigen Mor-
gen mit dem Leithhund etwas nuͤtzlich zu
[Spaltenumbruch] verrichten ſey, wahrnehmen koͤnne, wel-
ches aber nicht ſeyn kan, weil derſelben
Laub beſtaͤndig wackelt; Vielmehr iſt
ſolches von einer Linde zu verſtehen, bey
welcher dieſes Experiment eintreffen ſoll.

Von der Leder.

Nachdem ich vom Laub-Holtze wil-
der Baͤume, ſoviel die noͤthigſten und
bekanteſten zu ſeyn erachte, geſchrieben, ſo
folget nun in der Ordnung das Tangel-
oder Hartz-Holtz, welches ſowohl im rau-
hen Winter, als zur warmen Som-
mers-Zeit in ſeinem Terpentiniſchen Li-
quore
immerwaͤhrend gruͤnet. Unter
ſolchem haben unſtreitig den Vorzug die
Cedern, als welche vornehmlich der An-
tiquit
aͤt nach in Heiliger Schrifft am mei-
ſten beruͤhmet ſind, daß ſie auch Cedern
GOttes genennet werden, welche in ei-
ner unglaublichen Menge der Hochweiſe
Koͤnig Salomon auf dem Berge Liba-
no, mit Bewilligung des Koͤnigs Huram
zu Tyro, durch achtzig tauſend Zimmer-
Leute oder Holtz-Hauer ſchlagen, und
durch ſtebenzig tauſend Laſt-Traͤger her-
unter an das Meer bringen, und ferner
zu Waſſer nach Japho floͤſſen laſſen, von
wannen es weiter zu Lande nach Jeru-
ſalem zum Tempel des groſſen GOttes
gebracht worden, zu welcher Arbeit er
abſonderlich drey tauſend, und ſechs hun-
dert Voͤgte, Aufſeher oder Verwalter,
die das Volck zur Arbeit antreiben mu-
ſten, gehalten, welchem Volcke zu ihrer
Verpflegung zwantzig tauſend Maaß
oder Cor geſtoſſener Weitzen, zwantzig
tauſend Cor Gerſte, eben ſoviel tauſend
Bath Weins, und auch ſoviel Oehls ge-
ſchicket, umb ſolche Arbeit deſto eher zu
beſchleunigen: Vorjetzo haben beſagte
Cedern auf dem Berge Libano von vor-
mahls gehabter groſſen Menge derge-
ſtalt abgenommen, daß davon heut zu
Tage von denen Reiſenden kaum noch
etliche zwantzig eintzlen hin und wieder
ſtehende gefunden werden, moͤgen alſo
damahls wohl ziemlich ruiniret worden
ſeyn. Die Eigenſchafft aber des Ceder-
Baums betreffend, findet man deſſelben
zweyerley Gattung oder Arten, eine die
groͤſſer, welche Zapffen traͤget, die ande-
re aber, die kleiner, welche Beere, denen
Wacholder-Beeren nicht ungleich, her-
vor bringet. Die rechte groſſe Ceder,
deren Art auf dem Berge Libano gewach-
ſen ſeyn ſoll, iſt ein gerader, und ſehr

hoher
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0100" n="34"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Er&#x017F;ter Theil/</hi> </fw><lb/>
            <cb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#in">V</hi>on der <hi rendition="#in">A</hi>e&#x017F;pe.</hi> </head><lb/>
            <p>Die&#x017F;es Holtz wa&#x0364;ch&#x017F;et gemeiniglich in<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Wa&#x0364;ldern &#x017F;owohl, als in Bu&#x0364;&#x017F;chen<lb/>
und Vorho&#x0364;ltzern, umb die Do&#x0364;rffer, an<lb/>
feuchten Orten, in leimichtem und halb<lb/>
magern Boden, wird u&#x0364;ber dreyßig Jahr<lb/>
&#x017F;elten alt, weil der im Kern von &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
gezeugte Wurm &#x017F;olche anfrißt, wovon<lb/>
&#x017F;ie wandelbahr wird, und nachhero<lb/>
&#x017F;chwartz anla&#x0364;ufft: Jnwendig wird &#x017F;ie<lb/>
gerne mu&#x0364;lbigt und &#x017F;o ein A&#x017F;t abgebrochen<lb/>
wird, gleich an dem&#x017F;elben Ort faul, da<lb/>
&#x017F;ie alsdenn der Specht aushacket, darin-<lb/>
nen wohnet und Junge hecket. Jm<lb/>
Martio &#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en Fingerslange rauche<lb/>
Ka&#x0364;utzgen hervor, worinnen der Saame<lb/>
befindlich, &#x017F;o von der Sonnen abgedo&#x0364;r-<lb/>
ret von einander zer&#x017F;ta&#x0364;ubet. Die&#x017F;es<lb/>
Holtz i&#x017F;t inwendig &#x017F;andigt, welcher Sand<lb/>
aus der Erden mit dem Safft in die Ho&#x0364;-<lb/>
he treibet, &#x017F;o die Muldenmacher an ih-<lb/>
rem Gezeug aus der Erfahrung bewei-<lb/>
&#x017F;en ko&#x0364;nnen. Sie i&#x017F;t im Wetter von kei-<lb/>
ner Dauerhafftigkeit, und werden dar-<lb/>
aus Backtro&#x0364;ge, Mulden und anderes<lb/>
Ge&#x017F;chirre gemacht, auch zum Stacken<lb/>
von denen Kleibern, weil es nicht &#x017F;chwin-<lb/>
det oder aufrei&#x017F;&#x017F;et, gebrauchet, dahero<lb/>
auch die Drechßler und Bildhauer viel<lb/>
und mancherley Arbeit daraus machen,<lb/>
weil es ein &#x017F;cho&#x0364;n weiß, glatt und leicht<lb/>
Holtz i&#x017F;t. Son&#x017F;t dienet es zu anderm<lb/>
Bauen gar nicht, weil es al&#x017F;obald &#x017F;to-<lb/>
cket. Der junge Wiederwachs &#x017F;chla&#x0364;get<lb/>
ha&#x0364;uffig unter ihme aus, welchen das<lb/>
Wildpra&#x0364;th &#x017F;owohl, als die Rinde und<lb/>
Kno&#x017F;pen mit gro&#x0364;&#x017F;ter Begierde aba&#x0364;&#x017F;&#x017F;et.<lb/>
Das Ae&#x017F;pen-Laub hat runde dicke fette<lb/>
Bla&#x0364;tter, &#x017F;o auf einer Seiten a&#x017F;chegru&#x0364;n,<lb/>
auf der andern blaß &#x017F;ind. Und weiln<lb/>
die Bla&#x0364;tter an du&#x0364;nnen gelben langen<lb/>
Stiehlen hangen, und &#x017F;ich &#x017F;tets bewegen,<lb/>
ob &#x017F;ie gleich keine Lufft anwehet, &#x017F;tetig<lb/>
zittern und Gera&#x0364;u&#x017F;ch verur&#x017F;achen, wird<lb/>
vom Ra&#x017F;eln der Baum auf Holla&#x0364;ndi&#x017F;ch<lb/><hi rendition="#aq">Rateler</hi> genennet. Die Teut&#x017F;chen ver-<lb/>
gleichen eine feige Memme oder zaghaff-<lb/>
ten Men&#x017F;chen im Kriege einer Ae&#x017F;pe, da-<lb/>
hero das Sprichwort ent&#x017F;tanden: du zit-<lb/>
ter&#x017F;t wie ein Ae&#x017F;pen-Laub. Man ha&#x0364;lt<lb/><hi rendition="#aq">per Traditionem</hi> davor, es habe &#x017F;ich<lb/>
der Verra&#x0364;ther Judas an eine Ae&#x017F;pe ge-<lb/>
ha&#x0364;nget, als er in Verzweiffelung gera-<lb/>
then &#x017F;ey. Son&#x017F;ten wollen einige, daß<lb/>
man zu Beha&#x0364;ngens-Zeit fru&#x0364;he an der<lb/>
Ae&#x017F;pe, den Wind, und ob &#x017F;elbigen Mor-<lb/>
gen mit dem Leithhund etwas nu&#x0364;tzlich zu<lb/><cb/>
verrichten &#x017F;ey, wahrnehmen ko&#x0364;nne, wel-<lb/>
ches aber nicht &#x017F;eyn kan, weil der&#x017F;elben<lb/>
Laub be&#x017F;ta&#x0364;ndig wackelt; Vielmehr i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;olches von einer Linde zu ver&#x017F;tehen, bey<lb/>
welcher die&#x017F;es <hi rendition="#aq">Experiment</hi> eintreffen &#x017F;oll.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Von der <hi rendition="#in">L</hi>eder.</hi> </head><lb/>
            <p>Nachdem ich vom Laub-Holtze wil-<lb/>
der Ba&#x0364;ume, &#x017F;oviel die no&#x0364;thig&#x017F;ten und<lb/>
bekante&#x017F;ten zu &#x017F;eyn erachte, ge&#x017F;chrieben, &#x017F;o<lb/>
folget nun in der Ordnung das Tangel-<lb/>
oder Hartz-Holtz, welches &#x017F;owohl im rau-<lb/>
hen Winter, als zur warmen Som-<lb/>
mers-Zeit in &#x017F;einem Terpentini&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Li-<lb/>
quore</hi> immerwa&#x0364;hrend gru&#x0364;net. Unter<lb/>
&#x017F;olchem haben un&#x017F;treitig den Vorzug die<lb/>
Cedern, als welche vornehmlich der <hi rendition="#aq">An-<lb/>
tiquit</hi>a&#x0364;t nach in Heiliger Schrifft am mei-<lb/>
&#x017F;ten beru&#x0364;hmet &#x017F;ind, daß &#x017F;ie auch Cedern<lb/>
GOttes genennet werden, welche in ei-<lb/>
ner unglaublichen Menge der Hochwei&#x017F;e<lb/>
Ko&#x0364;nig Salomon auf dem Berge Liba-<lb/>
no, mit Bewilligung des Ko&#x0364;nigs Huram<lb/>
zu Tyro, durch achtzig tau&#x017F;end Zimmer-<lb/>
Leute oder Holtz-Hauer &#x017F;chlagen, und<lb/>
durch &#x017F;tebenzig tau&#x017F;end La&#x017F;t-Tra&#x0364;ger her-<lb/>
unter an das Meer bringen, und ferner<lb/>
zu Wa&#x017F;&#x017F;er nach Japho flo&#x0364;&#x017F;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en, von<lb/>
wannen es weiter zu Lande nach Jeru-<lb/>
&#x017F;alem zum Tempel des gro&#x017F;&#x017F;en GOttes<lb/>
gebracht worden, zu welcher Arbeit er<lb/>
ab&#x017F;onderlich drey tau&#x017F;end, und &#x017F;echs hun-<lb/>
dert Vo&#x0364;gte, Auf&#x017F;eher oder Verwalter,<lb/>
die das Volck zur Arbeit antreiben mu-<lb/>
&#x017F;ten, gehalten, welchem Volcke zu ihrer<lb/>
Verpflegung zwantzig tau&#x017F;end Maaß<lb/>
oder Cor ge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;ener Weitzen, zwantzig<lb/>
tau&#x017F;end Cor Ger&#x017F;te, eben &#x017F;oviel tau&#x017F;end<lb/>
Bath Weins, und auch &#x017F;oviel Oehls ge-<lb/>
&#x017F;chicket, umb &#x017F;olche Arbeit de&#x017F;to eher zu<lb/>
be&#x017F;chleunigen: Vorjetzo haben be&#x017F;agte<lb/>
Cedern auf dem Berge Libano von vor-<lb/>
mahls gehabter gro&#x017F;&#x017F;en Menge derge-<lb/>
&#x017F;talt abgenommen, daß davon heut zu<lb/>
Tage von denen Rei&#x017F;enden kaum noch<lb/>
etliche zwantzig eintzlen hin und wieder<lb/>
&#x017F;tehende gefunden werden, mo&#x0364;gen al&#x017F;o<lb/>
damahls wohl ziemlich <hi rendition="#aq">ruinir</hi>et worden<lb/>
&#x017F;eyn. Die Eigen&#x017F;chafft aber des Ceder-<lb/>
Baums betreffend, findet man de&#x017F;&#x017F;elben<lb/>
zweyerley Gattung oder Arten, eine die<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, welche Zapffen tra&#x0364;get, die ande-<lb/>
re aber, die kleiner, welche Beere, denen<lb/>
Wacholder-Beeren nicht ungleich, her-<lb/>
vor bringet. Die rechte gro&#x017F;&#x017F;e Ceder,<lb/>
deren Art auf dem Berge Libano gewach-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;eyn &#x017F;oll, i&#x017F;t ein gerader, und &#x017F;ehr<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hoher</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[34/0100] Erſter Theil/ Von der Aeſpe. Dieſes Holtz waͤchſet gemeiniglich in groſſen Waͤldern ſowohl, als in Buͤſchen und Vorhoͤltzern, umb die Doͤrffer, an feuchten Orten, in leimichtem und halb magern Boden, wird uͤber dreyßig Jahr ſelten alt, weil der im Kern von ſich ſelbſt gezeugte Wurm ſolche anfrißt, wovon ſie wandelbahr wird, und nachhero ſchwartz anlaͤufft: Jnwendig wird ſie gerne muͤlbigt und ſo ein Aſt abgebrochen wird, gleich an demſelben Ort faul, da ſie alsdenn der Specht aushacket, darin- nen wohnet und Junge hecket. Jm Martio ſchieſſen Fingerslange rauche Kaͤutzgen hervor, worinnen der Saame befindlich, ſo von der Sonnen abgedoͤr- ret von einander zerſtaͤubet. Dieſes Holtz iſt inwendig ſandigt, welcher Sand aus der Erden mit dem Safft in die Hoͤ- he treibet, ſo die Muldenmacher an ih- rem Gezeug aus der Erfahrung bewei- ſen koͤnnen. Sie iſt im Wetter von kei- ner Dauerhafftigkeit, und werden dar- aus Backtroͤge, Mulden und anderes Geſchirre gemacht, auch zum Stacken von denen Kleibern, weil es nicht ſchwin- det oder aufreiſſet, gebrauchet, dahero auch die Drechßler und Bildhauer viel und mancherley Arbeit daraus machen, weil es ein ſchoͤn weiß, glatt und leicht Holtz iſt. Sonſt dienet es zu anderm Bauen gar nicht, weil es alſobald ſto- cket. Der junge Wiederwachs ſchlaͤget haͤuffig unter ihme aus, welchen das Wildpraͤth ſowohl, als die Rinde und Knoſpen mit groͤſter Begierde abaͤſſet. Das Aeſpen-Laub hat runde dicke fette Blaͤtter, ſo auf einer Seiten aſchegruͤn, auf der andern blaß ſind. Und weiln die Blaͤtter an duͤnnen gelben langen Stiehlen hangen, und ſich ſtets bewegen, ob ſie gleich keine Lufft anwehet, ſtetig zittern und Geraͤuſch verurſachen, wird vom Raſeln der Baum auf Hollaͤndiſch Rateler genennet. Die Teutſchen ver- gleichen eine feige Memme oder zaghaff- ten Menſchen im Kriege einer Aeſpe, da- hero das Sprichwort entſtanden: du zit- terſt wie ein Aeſpen-Laub. Man haͤlt per Traditionem davor, es habe ſich der Verraͤther Judas an eine Aeſpe ge- haͤnget, als er in Verzweiffelung gera- then ſey. Sonſten wollen einige, daß man zu Behaͤngens-Zeit fruͤhe an der Aeſpe, den Wind, und ob ſelbigen Mor- gen mit dem Leithhund etwas nuͤtzlich zu verrichten ſey, wahrnehmen koͤnne, wel- ches aber nicht ſeyn kan, weil derſelben Laub beſtaͤndig wackelt; Vielmehr iſt ſolches von einer Linde zu verſtehen, bey welcher dieſes Experiment eintreffen ſoll. Von der Leder. Nachdem ich vom Laub-Holtze wil- der Baͤume, ſoviel die noͤthigſten und bekanteſten zu ſeyn erachte, geſchrieben, ſo folget nun in der Ordnung das Tangel- oder Hartz-Holtz, welches ſowohl im rau- hen Winter, als zur warmen Som- mers-Zeit in ſeinem Terpentiniſchen Li- quore immerwaͤhrend gruͤnet. Unter ſolchem haben unſtreitig den Vorzug die Cedern, als welche vornehmlich der An- tiquitaͤt nach in Heiliger Schrifft am mei- ſten beruͤhmet ſind, daß ſie auch Cedern GOttes genennet werden, welche in ei- ner unglaublichen Menge der Hochweiſe Koͤnig Salomon auf dem Berge Liba- no, mit Bewilligung des Koͤnigs Huram zu Tyro, durch achtzig tauſend Zimmer- Leute oder Holtz-Hauer ſchlagen, und durch ſtebenzig tauſend Laſt-Traͤger her- unter an das Meer bringen, und ferner zu Waſſer nach Japho floͤſſen laſſen, von wannen es weiter zu Lande nach Jeru- ſalem zum Tempel des groſſen GOttes gebracht worden, zu welcher Arbeit er abſonderlich drey tauſend, und ſechs hun- dert Voͤgte, Aufſeher oder Verwalter, die das Volck zur Arbeit antreiben mu- ſten, gehalten, welchem Volcke zu ihrer Verpflegung zwantzig tauſend Maaß oder Cor geſtoſſener Weitzen, zwantzig tauſend Cor Gerſte, eben ſoviel tauſend Bath Weins, und auch ſoviel Oehls ge- ſchicket, umb ſolche Arbeit deſto eher zu beſchleunigen: Vorjetzo haben beſagte Cedern auf dem Berge Libano von vor- mahls gehabter groſſen Menge derge- ſtalt abgenommen, daß davon heut zu Tage von denen Reiſenden kaum noch etliche zwantzig eintzlen hin und wieder ſtehende gefunden werden, moͤgen alſo damahls wohl ziemlich ruiniret worden ſeyn. Die Eigenſchafft aber des Ceder- Baums betreffend, findet man deſſelben zweyerley Gattung oder Arten, eine die groͤſſer, welche Zapffen traͤget, die ande- re aber, die kleiner, welche Beere, denen Wacholder-Beeren nicht ungleich, her- vor bringet. Die rechte groſſe Ceder, deren Art auf dem Berge Libano gewach- ſen ſeyn ſoll, iſt ein gerader, und ſehr hoher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/100
Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/100>, abgerufen am 21.11.2024.