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[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802.

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sen fletschenden Mund, dies struppigte
Haar, den höckerigen Wuchs, den plumpen
Fuß, die kreischende Stimme, kann dies
in einem Manne vereinigt ein Weib, ein
Weib wie Abenza einnehmen? -- Und ich
liebe Abenza, liebe sie wie man noch nie
geliebt. Wär' ich doch wohlgestaltet! Alles
gäb' ich darum, was Deine Macht, Tant-
chen, mir angedeihen lassen könnte Alles!
-- Abenza wär' mein, mit ihr des Sultans
Albinalis Thron, und der Glücklichste der
Sterblichen wär' ich.

Aber itzt, grausames Schicksal! Abenza
verachtet mich, weist mich von sich, liebt
einen Andern, zieht einen elenden Emir,
der kaum einige Parasangen Landes zum
Erbe hat, mir, dem Fürstensohn, dessen
Macht keine Gränzen kennt, vor -- Jch
verzweifle.

Eine Thräne des Mitleids entfiel der

ſen fletſchenden Mund, dies ſtruppigte
Haar, den hoͤckerigen Wuchs, den plumpen
Fuß, die kreiſchende Stimme, kann dies
in einem Manne vereinigt ein Weib, ein
Weib wie Abenza einnehmen? — Und ich
liebe Abenza, liebe ſie wie man noch nie
geliebt. Waͤr' ich doch wohlgeſtaltet! Alles
gaͤb' ich darum, was Deine Macht, Tant-
chen, mir angedeihen laſſen koͤnnte Alles!
— Abenza waͤr' mein, mit ihr des Sultans
Albinalis Thron, und der Gluͤcklichſte der
Sterblichen waͤr' ich.

Aber itzt, grauſames Schickſal! Abenza
verachtet mich, weiſt mich von ſich, liebt
einen Andern, zieht einen elenden Emir,
der kaum einige Paraſangen Landes zum
Erbe hat, mir, dem Fuͤrſtenſohn, deſſen
Macht keine Graͤnzen kennt, vor — Jch
verzweifle.

Eine Thraͤne des Mitleids entfiel der

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[222/0226] ſen fletſchenden Mund, dies ſtruppigte Haar, den hoͤckerigen Wuchs, den plumpen Fuß, die kreiſchende Stimme, kann dies in einem Manne vereinigt ein Weib, ein Weib wie Abenza einnehmen? — Und ich liebe Abenza, liebe ſie wie man noch nie geliebt. Waͤr' ich doch wohlgeſtaltet! Alles gaͤb' ich darum, was Deine Macht, Tant- chen, mir angedeihen laſſen koͤnnte Alles! — Abenza waͤr' mein, mit ihr des Sultans Albinalis Thron, und der Gluͤcklichſte der Sterblichen waͤr' ich. Aber itzt, grauſames Schickſal! Abenza verachtet mich, weiſt mich von ſich, liebt einen Andern, zieht einen elenden Emir, der kaum einige Paraſangen Landes zum Erbe hat, mir, dem Fuͤrſtenſohn, deſſen Macht keine Graͤnzen kennt, vor — Jch verzweifle. Eine Thraͤne des Mitleids entfiel der

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Zitationshilfe: [Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/226>, abgerufen am 26.04.2024.