Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.I. Buch. II. Theil. II. Titel. I. Abschnitt. §. 82. Aus der Natur eines Gesetzes überhaupt §. 83. Das Medium der Anwendung des Straf- und *) Daraus lässt sich über die transactio pro redimenda
vexa entscheiden. Dafür Boehmer ad Carpzov. Q. 148. Obs. 1. Quistorp peinl. R. Thl. I. §. 104. -- Dagegen mit Recht Kleinschrod syst. Entw. Thl. II. §. 126. I. Buch. II. Theil. II. Titel. I. Abſchnitt. §. 82. Aus der Natur eines Geſetzes überhaupt §. 83. Das Medium der Anwendung des Straf- und *) Daraus läſst ſich über die transactio pro redimenda
vexa entſcheiden. Dafür Boehmer ad Carpzov. Q. 148. Obſ. 1. Quiſtorp peinl. R. Thl. I. §. 104. — Dagegen mit Recht Kleinſchrod ſyſt. Entw. Thl. II. §. 126. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <pb facs="#f0092" n="64"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#i">I. Buch. II. Theil. II. Titel. I. Abſchnitt.</hi> </fw><lb/> <div n="6"> <head>§. 82.</head><lb/> <p>Aus der Natur eines Geſetzes überhaupt<lb/> flieſsen für das Strafgeſetz die Hauptbe-<lb/> ſtimmungen: 1) das <hi rendition="#i">Strafgeſetz</hi> iſt gültig <hi rendition="#i">durch<lb/> ſich ſelbſt</hi>. Seine Anwendung kann nicht erſt<lb/> abhängen von einer beſondern Beurtheilung<lb/> ſeiner Zweckmäſsigkeit oder Rechtmäſsigkeit.<lb/> 2) Das <hi rendition="#i">Strafgeſetz iſt gültig für alle in demſel-<lb/> ben enthaltenen Fälle</hi>. Kein Fall, der unter das<lb/> Geſetz paſst, iſt ausgeſchloſsen, als wenn er<lb/> durch einen geſetzlichen Grund ſelbſt ausge-<lb/> ſchloſsen iſt.</p> </div><lb/> <div n="6"> <head>§. 83.</head><lb/> <p>Das Medium der Anwendung des Straf-<lb/> geſetzes iſt das <hi rendition="#i">richterliche Urtheil</hi>; die Perſon,<lb/> die daſſelbe anwendet, heiſst der <hi rendition="#i">Richter</hi>. Da<lb/> nun das Geſetz für alle in demſelben enthal-<lb/> tenen Fälle gültig, der Richter aber nur Diener<lb/> des Geſetzes iſt, ſo folgt: daſs jedes richter-<lb/> liche Urtheil nur durch <hi rendition="#i">geſetzliche Gründe</hi> be-<lb/> ſtimmt werden darf, und alſo ſelbſt in dem<lb/> Willen des Geſetzes gegründet ſeyn muſs. Alſo<lb/> kann 1) die Sentenz einen Angeſchuldigten<lb/> nur dann losſprechen, wenn das Geſetz ſelbſt<lb/> ihn losſpricht und dieſes letzte <hi rendition="#i">gewiſs</hi> iſt <note place="foot" n="*)">Daraus läſst ſich über die <hi rendition="#i">transactio pro redimenda</hi><lb/> vexa entſcheiden. Dafür <hi rendition="#i">Boehmer ad Carpzov</hi>. Q.<lb/> 148. Obſ. 1. <hi rendition="#g">Quiſtorp</hi> <hi rendition="#i">peinl. R.</hi> Thl. I. §. 104. —<lb/> Dagegen mit Recht <hi rendition="#g">Kleinſchrod</hi> <hi rendition="#i">ſyſt. Entw</hi>.<lb/> Thl. II. §. 126.</note>;<lb/> ſie kann ihm aber auch 2) nur diejenige Strafe<lb/> zuerkennen, welche <hi rendition="#i">geſetzlich nothwendig</hi> iſt.<lb/> Willkührliche Verwandlung oder Milderung<lb/> <fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [64/0092]
I. Buch. II. Theil. II. Titel. I. Abſchnitt.
§. 82.
Aus der Natur eines Geſetzes überhaupt
flieſsen für das Strafgeſetz die Hauptbe-
ſtimmungen: 1) das Strafgeſetz iſt gültig durch
ſich ſelbſt. Seine Anwendung kann nicht erſt
abhängen von einer beſondern Beurtheilung
ſeiner Zweckmäſsigkeit oder Rechtmäſsigkeit.
2) Das Strafgeſetz iſt gültig für alle in demſel-
ben enthaltenen Fälle. Kein Fall, der unter das
Geſetz paſst, iſt ausgeſchloſsen, als wenn er
durch einen geſetzlichen Grund ſelbſt ausge-
ſchloſsen iſt.
§. 83.
Das Medium der Anwendung des Straf-
geſetzes iſt das richterliche Urtheil; die Perſon,
die daſſelbe anwendet, heiſst der Richter. Da
nun das Geſetz für alle in demſelben enthal-
tenen Fälle gültig, der Richter aber nur Diener
des Geſetzes iſt, ſo folgt: daſs jedes richter-
liche Urtheil nur durch geſetzliche Gründe be-
ſtimmt werden darf, und alſo ſelbſt in dem
Willen des Geſetzes gegründet ſeyn muſs. Alſo
kann 1) die Sentenz einen Angeſchuldigten
nur dann losſprechen, wenn das Geſetz ſelbſt
ihn losſpricht und dieſes letzte gewiſs iſt *);
ſie kann ihm aber auch 2) nur diejenige Strafe
zuerkennen, welche geſetzlich nothwendig iſt.
Willkührliche Verwandlung oder Milderung
und
*) Daraus läſst ſich über die transactio pro redimenda
vexa entſcheiden. Dafür Boehmer ad Carpzov. Q.
148. Obſ. 1. Quiſtorp peinl. R. Thl. I. §. 104. —
Dagegen mit Recht Kleinſchrod ſyſt. Entw.
Thl. II. §. 126.
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Zitationshilfe: | Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/92>, abgerufen am 22.02.2025. |