begangen werden A. von unmittelbaren Reichs- unterthanen, sie mögen Reichsstände seyn oder nicht. Die einzelnen deutschen Landesherrn sind zwar Oberherrn in Beziehung auf ihre Territorien; aber Unterthanen *) in Beziehung auf ihr Verhältniss zu Kaiser und Reich und daher den deutschen gemeinen Criminalge- setzen unterworfen.
§. 34.
Reichsstände können drey Gattungen von Verbrechen begehen I. Staatsverbrechen, Ver- brechen gegen Kaiser und Reich. II. Regierungs- verbrechen, Verbrechen gegen den ganzen Staat, dessen Regenten sie sind **). III. Privatver- brechen, Verbrechen gegen Einzelne, diese mögen nun ihre eignen Unterthanen, oder Unterthanen fremder Territorien seyn. Nur diejenigen Privatverbrechen aber können sie begehen, welche schon ein deutsches Reichs- gesetz für Verbrechen erklärt; Strafgesetze, die blos in ihrem Territorium gelten, können sie nicht übertreten. Uebrigens sind sie Reichs- Criminal-Gesetzen eben so gut, wie mittelbare Reichsunterthanen unterworfen, da weder ein
Gesetz
*) Die Fürstenerier läugnen dieses und behaupten nur eine lehnrechtliche Unterwerfung unter den Kaiser. Die Jurisdiction vom Kaiser und Reich erklären sie blos aus einer ausdrücklichen Conven- tion zwischen den Reichsständen unter sich und dem Kaiser. J. G. Cramerde delictis et poenis sta- tuum imperii R. G. Lips. 1738. §. 4. 5. u. 9.
**) Andre meynen, dass Reichsstände deswegen nicht bestraft werden könnten. S. Cramer l. c. §. 7.
Von d. möglichen Subjecten e. Verbrechens.
begangen werden A. von unmittelbaren Reichs- unterthanen, ſie mögen Reichsſtände ſeyn oder nicht. Die einzelnen deutſchen Landesherrn ſind zwar Oberherrn in Beziehung auf ihre Territorien; aber Unterthanen *) in Beziehung auf ihr Verhältniſs zu Kaiſer und Reich und daher den deutſchen gemeinen Criminalge- ſetzen unterworfen.
§. 34.
Reichsſtände können drey Gattungen von Verbrechen begehen I. Staatsverbrechen, Ver- brechen gegen Kaiſer und Reich. II. Regierungs- verbrechen, Verbrechen gegen den ganzen Staat, deſſen Regenten ſie ſind **). III. Privatver- brechen, Verbrechen gegen Einzelne, dieſe mögen nun ihre eignen Unterthanen, oder Unterthanen fremder Territorien ſeyn. Nur diejenigen Privatverbrechen aber können ſie begehen, welche ſchon ein deutſches Reichs- geſetz für Verbrechen erklärt; Strafgeſetze, die blos in ihrem Territorium gelten, können ſie nicht übertreten. Uebrigens ſind ſie Reichs- Criminal-Geſetzen eben ſo gut, wie mittelbare Reichsunterthanen unterworfen, da weder ein
Geſetz
*) Die Fürſtenerier läugnen dieſes und behaupten nur eine lehnrechtliche Unterwerfung unter den Kaiſer. Die Jurisdiction vom Kaiſer und Reich erklären ſie blos aus einer ausdrücklichen Conven- tion zwiſchen den Reichsſtänden unter ſich und dem Kaiſer. J. G. Cramerde delictis et poenis ſta- tuum imperii R. G. Lipſ. 1738. §. 4. 5. u. 9.
**) Andre meynen, daſs Reichsſtände deswegen nicht beſtraft werden könnten. S. Cramer l. c. §. 7.
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Von d. möglichen Subjecten e. Verbrechens.
begangen werden A. von unmittelbaren Reichs-
unterthanen, ſie mögen Reichsſtände ſeyn oder
nicht. Die einzelnen deutſchen Landesherrn
ſind zwar Oberherrn in Beziehung auf ihre
Territorien; aber Unterthanen *) in Beziehung
auf ihr Verhältniſs zu Kaiſer und Reich und
daher den deutſchen gemeinen Criminalge-
ſetzen unterworfen.
§. 34.
Reichsſtände können drey Gattungen von
Verbrechen begehen I. Staatsverbrechen, Ver-
brechen gegen Kaiſer und Reich. II. Regierungs-
verbrechen, Verbrechen gegen den ganzen Staat,
deſſen Regenten ſie ſind **). III. Privatver-
brechen, Verbrechen gegen Einzelne, dieſe
mögen nun ihre eignen Unterthanen, oder
Unterthanen fremder Territorien ſeyn. Nur
diejenigen Privatverbrechen aber können ſie
begehen, welche ſchon ein deutſches Reichs-
geſetz für Verbrechen erklärt; Strafgeſetze, die
blos in ihrem Territorium gelten, können ſie
nicht übertreten. Uebrigens ſind ſie Reichs-
Criminal-Geſetzen eben ſo gut, wie mittelbare
Reichsunterthanen unterworfen, da weder ein
Geſetz
*) Die Fürſtenerier läugnen dieſes und behaupten
nur eine lehnrechtliche Unterwerfung unter den
Kaiſer. Die Jurisdiction vom Kaiſer und Reich
erklären ſie blos aus einer ausdrücklichen Conven-
tion zwiſchen den Reichsſtänden unter ſich und
dem Kaiſer. J. G. Cramer de delictis et poenis ſta-
tuum imperii R. G. Lipſ. 1738. §. 4. 5. u. 9.
**) Andre meynen, daſs Reichsſtände deswegen nicht
beſtraft werden könnten. S. Cramer l. c. §. 7.
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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/55>, abgerufen am 22.02.2025.
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