Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite
III. Buch. I. Titel. I. Abschn. I. Abth.
§. 560.

Das Gefängniss darf keine Eigenschaft
eines Strafgefängnisses haben. Mit dem Ge-
fangniss dürfen daher nicht mehr Uebel für
den Gefangenen verbunden seyn, als nöthig
ist, um ihm die Flucht zu vereiteln *). Dass
das Gefängniss verschärft wird, wenn die
Anzeigen steigen, ist eine vernunft- und ge-
setzwidrige Praxis.

§. 561.

Iuratorische Caution kann nie den Richter
sichern, weil der verdächtige Verbrecher
auch nothwendig der Nichtachtung seines
Eides verdächtig ist. Blos 1) Caution durch
Pfänder, 2) durch Bürgen leisten dem Staate
Sicherheit. Die Bürgen verpflichten sich, den
Angeschuldigten auf Verlangen des Richters
jederzeit zu stellen, um, im Fall er sich dem
Gericht entzöge, eine gewisse Geldsumme
zu bezahlen. Diese Summe ist blos cautio de
judicio sisii
und muss, wenn sie nicht durch
Gesetz oder Observanz oder durch den Bürg-
schaftsvertrag selbst bestimmt ist, durch den
Richter bestimmt werden **). Sie ist verfallen,

wenn
*) Sehr humane, jetzt so häufig vernachlässigte Verord-
nungen hierüber enthält L. 1. L 5. C. de custodia reor.
(cf. Gothofredus ad L. 1. und L. 6. C. Th. de
cust. reor
).
**) L. 4. D. de Custodia reor. Aus diesem Gesetz ergiebt sich
auch deutlich, dass die Caution der Bürgen nicht zu-
gleich cautio judicatum solvi ist, wie es Kleinschrod bey
dem sicheren Geleit behauptet und wie auch ich ehe-
mals
III. Buch. I. Titel. I. Abſchn. I. Abth.
§. 560.

Das Gefängniſs darf keine Eigenſchaft
eines Strafgefängniſſes haben. Mit dem Ge-
fangniſs dürfen daher nicht mehr Uebel für
den Gefangenen verbunden ſeyn, als nöthig
iſt, um ihm die Flucht zu vereiteln *). Daſs
das Gefängniſs verſchärft wird, wenn die
Anzeigen ſteigen, iſt eine vernunft- und ge-
ſetzwidrige Praxis.

§. 561.

Iuratoriſche Caution kann nie den Richter
ſichern, weil der verdächtige Verbrecher
auch nothwendig der Nichtachtung ſeines
Eides verdächtig iſt. Blos 1) Caution durch
Pfänder, 2) durch Bürgen leiſten dem Staate
Sicherheit. Die Bürgen verpflichten ſich, den
Angeſchuldigten auf Verlangen des Richters
jederzeit zu ſtellen, um, im Fall er ſich dem
Gericht entzöge, eine gewiſſe Geldſumme
zu bezahlen. Dieſe Summe iſt blos cautio de
judicio ſiſii
und muſs, wenn ſie nicht durch
Geſetz oder Obſervanz oder durch den Bürg-
ſchaftsvertrag ſelbſt beſtimmt iſt, durch den
Richter beſtimmt werden **). Sie iſt verfallen,

wenn
*) Sehr humane, jetzt ſo häufig vernachläſsigte Verord-
nungen hierüber enthält L. 1. L 5. C. de cuſtodia reor.
(cf. Gothofredus ad L. 1. und L. 6. C. Th. de
cuſt. reor
).
**) L. 4. D. de Cuſtodia reor. Aus dieſem Geſetz ergiebt ſich
auch deutlich, daſs die Caution der Bürgen nicht zu-
gleich cautio judicatum ſolvi iſt, wie es Kleinſchrod bey
dem ſicheren Geleit behauptet und wie auch ich ehe-
mals
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <pb facs="#f0478" n="450"/>
                  <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#i">III. Buch. I. Titel. I. Ab&#x017F;chn. I. Abth.</hi> </fw><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>§. 560.</head><lb/>
                    <p>Das Gefängni&#x017F;s darf keine Eigen&#x017F;chaft<lb/>
eines Strafgefängni&#x017F;&#x017F;es haben. Mit dem Ge-<lb/>
fangni&#x017F;s dürfen daher nicht mehr Uebel für<lb/>
den Gefangenen verbunden &#x017F;eyn, als nöthig<lb/>
i&#x017F;t, um ihm die Flucht zu vereiteln <note place="foot" n="*)">Sehr humane, jetzt &#x017F;o häufig vernachlä&#x017F;sigte Verord-<lb/>
nungen hierüber enthält L. 1. L 5. C. <hi rendition="#i">de cu&#x017F;todia reor</hi>.<lb/>
(cf. Gothofredus ad L. 1. und L. 6. C. Th. <hi rendition="#i">de<lb/>
cu&#x017F;t. reor</hi>).</note>. Da&#x017F;s<lb/>
das Gefängni&#x017F;s ver&#x017F;chärft wird, wenn die<lb/>
Anzeigen &#x017F;teigen, i&#x017F;t eine vernunft- und ge-<lb/>
&#x017F;etzwidrige Praxis.</p>
                  </div><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>§. 561.</head><lb/>
                    <p><hi rendition="#i">Iuratori&#x017F;che Caution</hi> kann nie den Richter<lb/>
&#x017F;ichern, weil der verdächtige Verbrecher<lb/>
auch nothwendig der Nichtachtung &#x017F;eines<lb/>
Eides verdächtig i&#x017F;t. Blos 1) Caution durch<lb/><hi rendition="#i">Pfänder</hi>, 2) durch <hi rendition="#i">Bürgen</hi> lei&#x017F;ten dem Staate<lb/>
Sicherheit. Die Bürgen verpflichten &#x017F;ich, den<lb/>
Ange&#x017F;chuldigten auf Verlangen des Richters<lb/>
jederzeit zu &#x017F;tellen, um, im Fall er &#x017F;ich dem<lb/>
Gericht entzöge, eine gewi&#x017F;&#x017F;e Geld&#x017F;umme<lb/>
zu bezahlen. Die&#x017F;e Summe i&#x017F;t blos <hi rendition="#i">cautio de<lb/>
judicio &#x017F;i&#x017F;ii</hi> und mu&#x017F;s, wenn &#x017F;ie nicht durch<lb/>
Ge&#x017F;etz oder Ob&#x017F;ervanz oder durch den Bürg-<lb/>
&#x017F;chaftsvertrag &#x017F;elb&#x017F;t be&#x017F;timmt i&#x017F;t, durch den<lb/>
Richter be&#x017F;timmt werden <note xml:id="note-0478" next="#note-0479" place="foot" n="**)">L. 4. D. <hi rendition="#i">de Cu&#x017F;todia reor</hi>. Aus die&#x017F;em Ge&#x017F;etz ergiebt &#x017F;ich<lb/>
auch deutlich, da&#x017F;s die Caution der Bürgen nicht zu-<lb/>
gleich <hi rendition="#i">cautio judicatum &#x017F;olvi</hi> i&#x017F;t, wie es <hi rendition="#i">Klein&#x017F;chrod</hi> bey<lb/>
dem <hi rendition="#i">&#x017F;icheren Geleit</hi> behauptet und wie auch ich ehe-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mals</fw></note>. Sie i&#x017F;t verfallen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wenn</fw><lb/></p>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[450/0478] III. Buch. I. Titel. I. Abſchn. I. Abth. §. 560. Das Gefängniſs darf keine Eigenſchaft eines Strafgefängniſſes haben. Mit dem Ge- fangniſs dürfen daher nicht mehr Uebel für den Gefangenen verbunden ſeyn, als nöthig iſt, um ihm die Flucht zu vereiteln *). Daſs das Gefängniſs verſchärft wird, wenn die Anzeigen ſteigen, iſt eine vernunft- und ge- ſetzwidrige Praxis. §. 561. Iuratoriſche Caution kann nie den Richter ſichern, weil der verdächtige Verbrecher auch nothwendig der Nichtachtung ſeines Eides verdächtig iſt. Blos 1) Caution durch Pfänder, 2) durch Bürgen leiſten dem Staate Sicherheit. Die Bürgen verpflichten ſich, den Angeſchuldigten auf Verlangen des Richters jederzeit zu ſtellen, um, im Fall er ſich dem Gericht entzöge, eine gewiſſe Geldſumme zu bezahlen. Dieſe Summe iſt blos cautio de judicio ſiſii und muſs, wenn ſie nicht durch Geſetz oder Obſervanz oder durch den Bürg- ſchaftsvertrag ſelbſt beſtimmt iſt, durch den Richter beſtimmt werden **). Sie iſt verfallen, wenn *) Sehr humane, jetzt ſo häufig vernachläſsigte Verord- nungen hierüber enthält L. 1. L 5. C. de cuſtodia reor. (cf. Gothofredus ad L. 1. und L. 6. C. Th. de cuſt. reor). **) L. 4. D. de Cuſtodia reor. Aus dieſem Geſetz ergiebt ſich auch deutlich, daſs die Caution der Bürgen nicht zu- gleich cautio judicatum ſolvi iſt, wie es Kleinſchrod bey dem ſicheren Geleit behauptet und wie auch ich ehe- mals

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/478
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/478>, abgerufen am 19.11.2024.