bb) Strafbarkeit der Verbrechen nach dem Mo- ment der Festigkeit der sinnlichen Triebfeder.
§. 134.
Der Grad der Festigkeit einer gewissen rechtswidrigen Begierde kann sowenig, als der Grad der Stärke unmittelbar erkannt wer- den. Allein man kann aus der Grösse vorhan- dener Reitze, auf die Grösse der Festigkeit schliessen. Je fester eine gewisse sinnliche Begierde in dem Menschen gegründet ist, desto weniger äusserer Veranlassungen bedarf es, um sie in Thätigkeit zu setzen; je weniger sie noch eingewurzelt ist, desto grösser müssen die Auffoderungen und Reitze seyn, durch welche der Mensch zur That bestimmt werden soll.
§. 135.
Es gilt daher die Regel: je geringer und je weniger dringend die äussern Auffoderungen und Reitze waren, welche zur Uebertretung be- stimmten, desto mehr muste der Verbrecher von Natur zu diesem Verbrechen disponirt, desto fe- ster gegründet muste in ihm die illegale Triebfe- der seyn, desto grösser ist also seine Strafbar- keit; je grösser die äussern Veranlassungen, je dringender die zufälligen Reitze, desto geringer
ist
grosse innere oder äussere Hindernisse (Bewegungs- gründe) überwunden worden sind. II. Verbrechen aus thierischem Begehren, bey welchen nur geringe innere oder äussere Hindernisse überwunden wor- den sind. III. Verbrechen aus Willkühr, bey welchen grosse innere oder äussere Hindernisse überwunden worden sind. IV. Verbrechen aus Willkühr, bey welchen geringe innere oder äussere Hindernisse überwunden worden sind.
Gründe d. rel. Strafb. b. unbeſt. Strafg.
bb) Strafbarkeit der Verbrechen nach dem Mo- ment der Feſtigkeit der ſinnlichen Triebfeder.
§. 134.
Der Grad der Feſtigkeit einer gewiſſen rechtswidrigen Begierde kann ſowenig, als der Grad der Stärke unmittelbar erkannt wer- den. Allein man kann aus der Gröſse vorhan- dener Reitze, auf die Gröſse der Feſtigkeit ſchlieſsen. Je feſter eine gewiſſe ſinnliche Begierde in dem Menſchen gegründet iſt, deſto weniger äuſſerer Veranlaſſungen bedarf es, um ſie in Thätigkeit zu ſetzen; je weniger ſie noch eingewurzelt iſt, deſto gröſser müſſen die Auffoderungen und Reitze ſeyn, durch welche der Menſch zur That beſtimmt werden ſoll.
§. 135.
Es gilt daher die Regel: je geringer und je weniger dringend die äuſſern Auffoderungen und Reitze waren, welche zur Uebertretung be- ſtimmten, deſto mehr muſte der Verbrecher von Natur zu dieſem Verbrechen disponirt, deſto fe- ſter gegründet muſte in ihm die illegale Triebfe- der ſeyn, deſto gröſser iſt alſo ſeine Strafbar- keit; je gröſser die äuſſern Veranlaſſungen, je dringender die zufälligen Reitze, deſto geringer
iſt
groſse innere oder äuſſere Hinderniſſe (Bewegungs- gründe) überwunden worden ſind. II. Verbrechen aus thieriſchem Begehren, bey welchen nur geringe innere oder äuſſere Hinderniſſe überwunden wor- den ſind. III. Verbrechen aus Willkühr, bey welchen groſse innere oder äuſſere Hinderniſſe überwunden worden ſind. IV. Verbrechen aus Willkühr, bey welchen geringe innere oder äuſſere Hinderniſſe überwunden worden ſind.
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Gründe d. rel. Strafb. b. unbeſt. Strafg.
bb) Strafbarkeit der Verbrechen nach dem Mo-
ment der Feſtigkeit der ſinnlichen Triebfeder.
§. 134.
Der Grad der Feſtigkeit einer gewiſſen
rechtswidrigen Begierde kann ſowenig, als
der Grad der Stärke unmittelbar erkannt wer-
den. Allein man kann aus der Gröſse vorhan-
dener Reitze, auf die Gröſse der Feſtigkeit
ſchlieſsen. Je feſter eine gewiſſe ſinnliche
Begierde in dem Menſchen gegründet iſt, deſto
weniger äuſſerer Veranlaſſungen bedarf es, um
ſie in Thätigkeit zu ſetzen; je weniger ſie noch
eingewurzelt iſt, deſto gröſser müſſen die
Auffoderungen und Reitze ſeyn, durch welche
der Menſch zur That beſtimmt werden ſoll.
§. 135.
Es gilt daher die Regel: je geringer und
je weniger dringend die äuſſern Auffoderungen
und Reitze waren, welche zur Uebertretung be-
ſtimmten, deſto mehr muſte der Verbrecher von
Natur zu dieſem Verbrechen disponirt, deſto fe-
ſter gegründet muſte in ihm die illegale Triebfe-
der ſeyn, deſto gröſser iſt alſo ſeine Strafbar-
keit; je gröſser die äuſſern Veranlaſſungen, je
dringender die zufälligen Reitze, deſto geringer
iſt
*)
*) groſse innere oder äuſſere Hinderniſſe (Bewegungs-
gründe) überwunden worden ſind. II. Verbrechen
aus thieriſchem Begehren, bey welchen nur geringe
innere oder äuſſere Hinderniſſe überwunden wor-
den ſind. III. Verbrechen aus Willkühr, bey welchen
groſse innere oder äuſſere Hinderniſſe überwunden
worden ſind. IV. Verbrechen aus Willkühr, bey
welchen geringe innere oder äuſſere Hinderniſſe
überwunden worden ſind.
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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/135>, abgerufen am 22.02.2025.
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