s. 8. Der Moselwein muß natürlich, auch un- gekünstelt seyn. Das künsteln geschihet entweder durch das mischen, oder schmiren, oder färben. Das färben der weine geschihet bald vermittels des gebrannten zuckers ins gelbe, bald durch ro- sinen, heidelbeere, sandelholz etc ins rote. Der allso gelb gefärbete junge wein wird sodann für al- ten betrügerischer weise verkaufet. So ist auch et- was schlimmes: daß, leider! vile franz- und an- dere weine in teutschen, und elsassischen kellern be- trüglicher weise gebrauet, und für ächt verkaufet werden.
§ 1472
von der silber- glätte, und de- ren schädlich- keit zum inner- lichen gebrau- che.
Die alte aerzte hilten die silberglätte (lythar- gyrium) für eine gattung des wirklichen giftes; sie haben aber geirret, besage des HofmannsT. II, medicinae ration. system. s. 180. Die glätte tei- let man in gold- und silberglätte. Man nennet sie auch bleiglätte. Denn an sich selbst ist sie ein zu subtilen glase gewordenes blei. Man gewinnet selbi- ge auf den berg- und hütten-werken zufälliger wei- se, wenn das silber, oder gold in den treibofen von den unedelen metallen abgeschiden, oder abge- triben wird. Denn da sich etwas von dem bei dem silber, oder golde beigemischet gewesenen blei calciniret, und verglaset; so schwimmet solches allezeit über dem im flusse stehenden metalle, als ein schaum, oder eine unreinigkeit oben auf. So- bald sich nun etwas merkliches gesammlet hat; so krücket es der darauf acht habende treiber, oder hüttenmann mit einer eisernen krücke zusammen, nach sich, oder vilmehr nach dem glätte-loche zu, vor welchem er stehet, und das ordentlich darzu gemachet ist. Wenn sie aus dem loche kömmt, sihet sie wie ein glüender brei aus. Sobald sie
erkal-
II buch, XXXIII haubtſtuͤck,
ſ. 8. Der Moſelwein muß natuͤrlich, auch un- gekuͤnſtelt ſeyn. Das kuͤnſteln geſchihet entweder durch das miſchen, oder ſchmiren, oder faͤrben. Das faͤrben der weine geſchihet bald vermittels des gebrannten zuckers ins gelbe, bald durch ro- ſinen, heidelbeere, ſandelholz ꝛc ins rote. Der allſo gelb gefaͤrbete junge wein wird ſodann fuͤr al- ten betruͤgeriſcher weiſe verkaufet. So iſt auch et- was ſchlimmes: daß, leider! vile franz- und an- dere weine in teutſchen, und elſaſſiſchen kellern be- truͤglicher weiſe gebrauet, und fuͤr aͤcht verkaufet werden.
§ 1472
von der ſilber- glaͤtte, und de- ren ſchaͤdlich- keit zum inner- lichen gebrau- che.
Die alte aerzte hilten die ſilberglaͤtte (lythar- gyrium) fuͤr eine gattung des wirklichen giftes; ſie haben aber geirret, beſage des HofmannsT. II, medicinae ration. ſyſtem. ſ. 180. Die glaͤtte tei- let man in gold- und ſilberglaͤtte. Man nennet ſie auch bleiglaͤtte. Denn an ſich ſelbſt iſt ſie ein zu ſubtilen glaſe gewordenes blei. Man gewinnet ſelbi- ge auf den berg- und huͤtten-werken zufaͤlliger wei- ſe, wenn das ſilber, oder gold in den treibofen von den unedelen metallen abgeſchiden, oder abge- triben wird. Denn da ſich etwas von dem bei dem ſilber, oder golde beigemiſchet geweſenen blei calciniret, und verglaſet; ſo ſchwimmet ſolches allezeit uͤber dem im fluſſe ſtehenden metalle, als ein ſchaum, oder eine unreinigkeit oben auf. So- bald ſich nun etwas merkliches geſammlet hat; ſo kruͤcket es der darauf acht habende treiber, oder huͤttenmann mit einer eiſernen kruͤcke zuſammen, nach ſich, oder vilmehr nach dem glaͤtte-loche zu, vor welchem er ſtehet, und das ordentlich darzu gemachet iſt. Wenn ſie aus dem loche koͤmmt, ſihet ſie wie ein gluͤender brei aus. Sobald ſie
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II buch, XXXIII haubtſtuͤck,
ſ. 8. Der Moſelwein muß natuͤrlich, auch un-
gekuͤnſtelt ſeyn. Das kuͤnſteln geſchihet entweder
durch das miſchen, oder ſchmiren, oder faͤrben.
Das faͤrben der weine geſchihet bald vermittels
des gebrannten zuckers ins gelbe, bald durch ro-
ſinen, heidelbeere, ſandelholz ꝛc ins rote. Der
allſo gelb gefaͤrbete junge wein wird ſodann fuͤr al-
ten betruͤgeriſcher weiſe verkaufet. So iſt auch et-
was ſchlimmes: daß, leider! vile franz- und an-
dere weine in teutſchen, und elſaſſiſchen kellern be-
truͤglicher weiſe gebrauet, und fuͤr aͤcht verkaufet
werden.
§ 1472
Die alte aerzte hilten die ſilberglaͤtte (lythar-
gyrium) fuͤr eine gattung des wirklichen giftes;
ſie haben aber geirret, beſage des Hofmanns T. II,
medicinae ration. ſyſtem. ſ. 180. Die glaͤtte tei-
let man in gold- und ſilberglaͤtte. Man nennet ſie
auch bleiglaͤtte. Denn an ſich ſelbſt iſt ſie ein zu
ſubtilen glaſe gewordenes blei. Man gewinnet ſelbi-
ge auf den berg- und huͤtten-werken zufaͤlliger wei-
ſe, wenn das ſilber, oder gold in den treibofen
von den unedelen metallen abgeſchiden, oder abge-
triben wird. Denn da ſich etwas von dem bei
dem ſilber, oder golde beigemiſchet geweſenen blei
calciniret, und verglaſet; ſo ſchwimmet ſolches
allezeit uͤber dem im fluſſe ſtehenden metalle, als
ein ſchaum, oder eine unreinigkeit oben auf. So-
bald ſich nun etwas merkliches geſammlet hat; ſo
kruͤcket es der darauf acht habende treiber, oder
huͤttenmann mit einer eiſernen kruͤcke zuſammen,
nach ſich, oder vilmehr nach dem glaͤtte-loche zu,
vor welchem er ſtehet, und das ordentlich darzu
gemachet iſt. Wenn ſie aus dem loche koͤmmt,
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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 710. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/734>, abgerufen am 21.11.2024.
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