sistorium in Marburg am 11ten aug. 1699 eine verordnung ausfertigen lassen. Jnzwischen ist am 5ten mai 1755 den evangelisch-lutherischen vätern nachgelassen worden: ire kinder reformiret werden zu lassen.
§ 869
von den wir- kungen der aelterlicheu ge- walt.
Die aelterliche gewalt erstrecket sich nicht allein auf die personen, sondern auch über die sa- chen, und güter der kinder. Bei den Teutschen ist der son nicht in des vaters eigentume, wie bei den Römern, noch werden sie für eine person gehalten; sondern sie können mit einander kaufen, und han- deln; wenn die kinder nur zu iren jaren gekommen sind; betrift es aber eine verlezung über die hälfte; so werden sie, wie andere fremde betrachtet, Heinr. Hildebrandde obligatione inter patrem, et filium, Altd. 1703, 4t, s. 24 fg., s. 29, Andr. Flor. Ri- vinusde figm. fictionis vnitatis inter patrem et fi- lium, Witt. 1760, Gottl. Gerh. Titiusde con- tractibus patris et liberor. in eius potestate exist. Leipz. 1713, § 59. Nicht minder sind die aeltern die rechtmässige verweser derer güter, welche den kindern zugehören; sintemal die aeltern irer kinder glückseligkeit zu befördern gehalten sind; folglich sie auch auf die erhaltung sotaner güter zu sehen haben. Auf dife weise war den Teutschen das pe- culium adventitium der Römer, in absicht auf den nüßbrauch, welchen der vater allein in seiner kinder vermögen hatte, unbekannt; wohlerwogen gedach- ter nüßbrauch so wohl dem vater, als auch der mut- ter, nach ableibung ires ehemannes, zustund, und bis zur beendigung der aelterlichen gewalt daurete (§ 740), Heineccs vermischete anmerkungen, und rechtl. gutachten, s. 331 fgg. Nach den teutschen rechten, im Reiche, in Schwaben, den Rheinischen
landen
CXV haubtſtuͤck,
ſiſtorium in Marburg am 11ten aug. 1699 eine verordnung ausfertigen laſſen. Jnzwiſchen iſt am 5ten mai 1755 den evangeliſch-lutheriſchen vaͤtern nachgelaſſen worden: ire kinder reformiret werden zu laſſen.
§ 869
von den wir- kungen der aelterlicheu ge- walt.
Die aelterliche gewalt erſtrecket ſich nicht allein auf die perſonen, ſondern auch uͤber die ſa- chen, und guͤter der kinder. Bei den Teutſchen iſt der ſon nicht in des vaters eigentume, wie bei den Roͤmern, noch werden ſie fuͤr eine perſon gehalten; ſondern ſie koͤnnen mit einander kaufen, und han- deln; wenn die kinder nur zu iren jaren gekommen ſind; betrift es aber eine verlezung uͤber die haͤlfte; ſo werden ſie, wie andere fremde betrachtet, Heinr. Hildebrandde obligatione inter patrem, et filium, Altd. 1703, 4t, ſ. 24 fg., ſ. 29, Andr. Flor. Ri- vinusde figm. fictionis vnitatis inter patrem et fi- lium, Witt. 1760, Gottl. Gerh. Titiusde con- tractibus patris et liberor. in eius poteſtate exiſt. Leipz. 1713, § 59. Nicht minder ſind die aeltern die rechtmaͤſſige verweſer derer guͤter, welche den kindern zugehoͤren; ſintemal die aeltern irer kinder gluͤckſeligkeit zu befoͤrdern gehalten ſind; folglich ſie auch auf die erhaltung ſotaner guͤter zu ſehen haben. Auf dife weiſe war den Teutſchen das pe- culium adventitium der Roͤmer, in abſicht auf den nuͤßbrauch, welchen der vater allein in ſeiner kinder vermoͤgen hatte, unbekannt; wohlerwogen gedach- ter nuͤßbrauch ſo wohl dem vater, als auch der mut- ter, nach ableibung ires ehemannes, zuſtund, und bis zur beendigung der aelterlichen gewalt daurete (§ 740), Heineccs vermiſchete anmerkungen, und rechtl. gutachten, ſ. 331 fgg. Nach den teutſchen rechten, im Reiche, in Schwaben, den Rheiniſchen
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CXV haubtſtuͤck,
ſiſtorium in Marburg am 11ten aug. 1699 eine
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5ten mai 1755 den evangeliſch-lutheriſchen vaͤtern
nachgelaſſen worden: ire kinder reformiret werden
zu laſſen.
§ 869
Die aelterliche gewalt erſtrecket ſich nicht
allein auf die perſonen, ſondern auch uͤber die ſa-
chen, und guͤter der kinder. Bei den Teutſchen iſt
der ſon nicht in des vaters eigentume, wie bei den
Roͤmern, noch werden ſie fuͤr eine perſon gehalten;
ſondern ſie koͤnnen mit einander kaufen, und han-
deln; wenn die kinder nur zu iren jaren gekommen
ſind; betrift es aber eine verlezung uͤber die haͤlfte;
ſo werden ſie, wie andere fremde betrachtet, Heinr.
Hildebrand de obligatione inter patrem, et filium,
Altd. 1703, 4t, ſ. 24 fg., ſ. 29, Andr. Flor. Ri-
vinus de figm. fictionis vnitatis inter patrem et fi-
lium, Witt. 1760, Gottl. Gerh. Titius de con-
tractibus patris et liberor. in eius poteſtate exiſt.
Leipz. 1713, § 59. Nicht minder ſind die aeltern
die rechtmaͤſſige verweſer derer guͤter, welche den
kindern zugehoͤren; ſintemal die aeltern irer kinder
gluͤckſeligkeit zu befoͤrdern gehalten ſind; folglich
ſie auch auf die erhaltung ſotaner guͤter zu ſehen
haben. Auf dife weiſe war den Teutſchen das pe-
culium adventitium der Roͤmer, in abſicht auf den
nuͤßbrauch, welchen der vater allein in ſeiner kinder
vermoͤgen hatte, unbekannt; wohlerwogen gedach-
ter nuͤßbrauch ſo wohl dem vater, als auch der mut-
ter, nach ableibung ires ehemannes, zuſtund, und
bis zur beendigung der aelterlichen gewalt daurete
(§ 740), Heineccs vermiſchete anmerkungen, und
rechtl. gutachten, ſ. 331 fgg. Nach den teutſchen
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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/544>, abgerufen am 21.12.2024.
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