Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 3. Ägypten, 1844-1845.sind, uns vor Anker zu legen; wir möchten etwa die Hälfte des Weges zwischen Saida und Beirut sein; der vor Dieben furchtsame Reis wollte sogar bis Saida zurückgehen, was ich nicht zugab; neben uns ankerte ein andres kleineres Fahrzeug, mit Schwämmen überladen. Sonntag den 24ten August 1845. Heut früh um 2 Uhr beginnt der Wind sich zu drehen und wir benutzen das erste Lüftchen zur Abfahrt. Indessen wird er nach und nach so heftig, daß wir bei der hochgehenden See kaum 1 Segel zu tragen im Stande sind. Das Schiff übersteigt die mächtigen Wellen, die bisweilen hineinspritzen, ein köstlicher Anblick. Mit der ersten Dämmerung erblicken wir die unzähligen Schiffe im Hafen von Beirut und legten uns etwa um 4 1/2 Uhr dort vor Anker. Je 1 Stunde ruderte eine Barke uns und unsre Sachen ans Land, und da wir nichts Besseres wußten, logirten wir uns in den ersten besten Gasthof der Stadt von einem gewissen Battista ein. - Hatte uns die große Anzahl von Schiffen im Hafen schon imponirt, so war dieß noch viel mehr mit der großartigen Lage der Stadt selbst der Fall. Die Gebirge des Libanon strecken ihre niedrigen Ausläufer hier wie eine Landzunge in das Meer, und dieß ganze Terrain ist bedeckt mit Gärten und Maulbeerpflanzungen, aus denen überall Landhäuser hervorragen, die Stadt selbst liegt auf der Nordseite der Landzunge und zieht sich hier in großem Zirkel umher, ein höchst malerischer Anblick [Abbildung] . Alte zerstörte Festungsthürme ragen aus dem Wasser empor, und die Gebäude erscheinen stattlich von Sandstein. Die gewölbten Räume von Jerusalem und Jafa machen hier graden Holzdecken Platz und außer den winklichen Straßen mit ihren Bazars und ihrer bunten Bevölkerung hat Beirut schon ein mehr europäisches Ansehn. - In unsrer heißen Locanda begrüßte uns alsbald der Kavaß des Herrn von Wildenbruch, der uns dann nach der Wohnung des Letzteren 1/2 Stunde von der Stadt, in einem Garten trefflich gelegen, begleitete. Hier fanden wir, höchst comfortabel eingerichtet nur Frau von Wildenbruch, denn er war unglücklicher Weise gestern nach dem Libanon gegangen und wird erst in 3 Tagen zurückerwartet. Sehr angenehme Dame, mit der wir uns lange unterhielten; sie versah uns mit langentbehrten Zeitungen, worunter auch die Vossische, die mir durchzusehen viel Vergnügen machte. Über manches Fatale wurden wir hier auch gewiß, daß nämlich vor dem 7ten September schwerlich das österreichische Dampfschiff hier zu erwarten ist, daß ferner eine 15 tägige Quarantäne sind, uns vor Anker zu legen; wir möchten etwa die Hälfte des Weges zwischen Saida und Beirut sein; der vor Dieben furchtsame Reis wollte sogar bis Saida zurückgehen, was ich nicht zugab; neben uns ankerte ein andres kleineres Fahrzeug, mit Schwämmen überladen. Sonntag den 24ten August 1845. Heut früh um 2 Uhr beginnt der Wind sich zu drehen und wir benutzen das erste Lüftchen zur Abfahrt. Indessen wird er nach und nach so heftig, daß wir bei der hochgehenden See kaum 1 Segel zu tragen im Stande sind. Das Schiff übersteigt die mächtigen Wellen, die bisweilen hineinspritzen, ein köstlicher Anblick. Mit der ersten Dämmerung erblicken wir die unzähligen Schiffe im Hafen von Beirut und legten uns etwa um 4 ½ Uhr dort vor Anker. Je 1 Stunde ruderte eine Barke uns und unsre Sachen ans Land, und da wir nichts Besseres wußten, logirten wir uns in den ersten besten Gasthof der Stadt von einem gewissen Battista ein. - Hatte uns die große Anzahl von Schiffen im Hafen schon imponirt, so war dieß noch viel mehr mit der großartigen Lage der Stadt selbst der Fall. Die Gebirge des Libanon strecken ihre niedrigen Ausläufer hier wie eine Landzunge in das Meer, und dieß ganze Terrain ist bedeckt mit Gärten und Maulbeerpflanzungen, aus denen überall Landhäuser hervorragen, die Stadt selbst liegt auf der Nordseite der Landzunge und zieht sich hier in großem Zirkel umher, ein höchst malerischer Anblick [Abbildung] . Alte zerstörte Festungsthürme ragen aus dem Wasser empor, und die Gebäude erscheinen stattlich von Sandstein. Die gewölbten Räume von Jerusalem und Jafa machen hier graden Holzdecken Platz und außer den winklichen Straßen mit ihren Bazars und ihrer bunten Bevölkerung hat Beirut schon ein mehr europäisches Ansehn. - In unsrer heißen Locanda begrüßte uns alsbald der Kavaß des Herrn von Wildenbruch, der uns dann nach der Wohnung des Letzteren ½ Stunde von der Stadt, in einem Garten trefflich gelegen, begleitete. Hier fanden wir, höchst comfortabel eingerichtet nur Frau von Wildenbruch, denn er war unglücklicher Weise gestern nach dem Libanon gegangen und wird erst in 3 Tagen zurückerwartet. Sehr angenehme Dame, mit der wir uns lange unterhielten; sie versah uns mit langentbehrten Zeitungen, worunter auch die Vossische, die mir durchzusehen viel Vergnügen machte. Über manches Fatale wurden wir hier auch gewiß, daß nämlich vor dem 7ten September schwerlich das österreichische Dampfschiff hier zu erwarten ist, daß ferner eine 15 tägige Quarantäne <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0093" n="92"/> sind, uns vor Anker zu legen; wir möchten etwa <choice><abbr>d</abbr><expan>die</expan></choice> Hälfte des Weges <choice><abbr>zw</abbr><expan>zwischen</expan></choice> <placeName>Saida</placeName> <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> <placeName>Beirut</placeName> sein; der vor Dieben furchtsame Reis wollte sogar bis <placeName>Saida</placeName> zurückgehen, was ich nicht zugab; neben uns ankerte ein andres kleineres Fahrzeug, mit Schwämmen überladen. </p> </div> <div n="2"> <p><date when="1845-08-24"><hi rendition="#u">Sonntag <choice><abbr>d</abbr><expan>den</expan></choice> 24ten <choice><abbr>Aug</abbr><expan>August</expan></choice> 1845</hi></date>. Heut früh um 2 Uhr beginnt der Wind sich zu drehen <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> wir benutzen das erste Lüftchen zur Abfahrt. Indessen wird er nach <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> nach so heftig, daß wir bei <choice><abbr>d</abbr><expan>der</expan></choice> hochgehenden See kaum 1 Segel zu tragen im Stande sind. Das Schiff übersteigt die mächtigen Wellen, die bisweilen hineinspritzen, ein köstlicher Anblick. Mit der ersten Dämmerung erblicken wir die unzähligen Schiffe im Hafen <choice><abbr>v</abbr><expan>von</expan></choice> <placeName>Beirut</placeName> <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> legten uns etwa um 4 ½ Uhr dort vor Anker. Je 1 Stunde ruderte eine Barke uns <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> unsre Sachen ans Land, <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> da wir nichts Besseres wußten, logirten wir uns in <choice><abbr>d</abbr><expan>den</expan></choice> ersten besten Gasthof der Stadt <choice><abbr>v</abbr><expan>von</expan></choice> <choice><abbr>e</abbr><expan>einem</expan></choice> gewissen <persName>Battista</persName> ein. - Hatte uns <choice><abbr>d</abbr><expan>die</expan></choice> große Anzahl <choice><abbr>v</abbr><expan>von</expan></choice> Schiffen im Hafen schon imponirt, so war dieß noch viel mehr mit der großartigen Lage der Stadt selbst der Fall. Die Gebirge des <placeName>Libanon</placeName> strecken ihre niedrigen Ausläufer hier wie eine Landzunge in <choice><abbr>d</abbr><expan>das</expan></choice> Meer, <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> dieß ganze Terrain ist bedeckt mit Gärten <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> Maulbeerpflanzungen, aus denen überall Landhäuser hervorragen, die Stadt selbst liegt auf <choice><abbr>d</abbr><expan>der</expan></choice> Nordseite der Landzunge <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> zieht sich hier in großem Zirkel umher, ein höchst malerischer Anblick <figure/>. Alte zerstörte Festungsthürme ragen aus <choice><abbr>d</abbr><expan>dem</expan></choice> Wasser empor, <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> die Gebäude erscheinen stattlich <choice><abbr>v</abbr><expan>von</expan></choice> Sandstein. Die gewölbten Räume <choice><abbr>v</abbr><expan>von</expan></choice> <placeName><choice><abbr>Jerus</abbr><expan>Jerusalem</expan></choice></placeName> <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> <placeName>Jafa</placeName> machen hier graden Holzdecken Platz <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> außer den winklichen Straßen mit ihren Bazars <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> ihrer bunten Bevölkerung hat <placeName>Beirut</placeName> schon ein mehr <choice><abbr>europ</abbr><expan>europäisches</expan></choice> Ansehn. - In unsrer heißen Locanda begrüßte uns alsbald der Kavaß des <choice><abbr>H</abbr><expan>Herrn</expan></choice> <choice><abbr>v</abbr><expan>von</expan></choice> <persName><choice><abbr>Wildenbr</abbr><expan>Wildenbruch</expan></choice></persName><choice><sic/><corr>,</corr></choice> der uns dann nach <choice><abbr>d</abbr><expan>der</expan></choice> Wohnung des Letzteren ½ <choice><abbr>St</abbr><expan>Stunde</expan></choice> <choice><abbr>v</abbr><expan>von</expan></choice> <choice><abbr>d</abbr><expan>der</expan></choice> Stadt<choice><sic/><corr>,</corr></choice> in <choice><abbr>e</abbr><expan>einem</expan></choice> Garten trefflich gelegen, begleitete. Hier fanden wir, höchst comfortabel eingerichtet nur <choice><abbr>Fr</abbr><expan>Frau</expan></choice> <choice><abbr>v</abbr><expan>von</expan></choice> <persName><choice><abbr>W</abbr><expan>Wildenbruch</expan></choice></persName>, denn er war <choice><abbr>unglückl</abbr><expan>unglücklicher</expan></choice> Weise gestern nach <choice><abbr>d</abbr><expan>dem</expan></choice> <placeName>Libanon</placeName> gegangen <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> wird erst in 3 Tagen zurückerwartet. Sehr angenehme Dame, mit der wir uns lange unterhielten; sie versah uns mit langentbehrten Zeitungen, worunter auch die Vossische, die mir durchzusehen viel Vergnügen machte. Über manches Fatale wurden wir hier auch gewiß, daß nämlich vor <choice><abbr>d</abbr><expan>dem</expan></choice> 7ten <choice><abbr>Sept</abbr><expan>September</expan></choice> schwerlich das <choice><abbr>öster</abbr><expan>österreichische</expan></choice> Dampfschiff hier zu erwarten ist, daß ferner eine 15 tägige Quarantäne </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [92/0093]
sind, uns vor Anker zu legen; wir möchten etwa d Hälfte des Weges zw Saida d Beirut sein; der vor Dieben furchtsame Reis wollte sogar bis Saida zurückgehen, was ich nicht zugab; neben uns ankerte ein andres kleineres Fahrzeug, mit Schwämmen überladen.
Sonntag d 24ten Aug 1845. Heut früh um 2 Uhr beginnt der Wind sich zu drehen d wir benutzen das erste Lüftchen zur Abfahrt. Indessen wird er nach d nach so heftig, daß wir bei d hochgehenden See kaum 1 Segel zu tragen im Stande sind. Das Schiff übersteigt die mächtigen Wellen, die bisweilen hineinspritzen, ein köstlicher Anblick. Mit der ersten Dämmerung erblicken wir die unzähligen Schiffe im Hafen v Beirut d legten uns etwa um 4 ½ Uhr dort vor Anker. Je 1 Stunde ruderte eine Barke uns d unsre Sachen ans Land, d da wir nichts Besseres wußten, logirten wir uns in d ersten besten Gasthof der Stadt v e gewissen Battista ein. - Hatte uns d große Anzahl v Schiffen im Hafen schon imponirt, so war dieß noch viel mehr mit der großartigen Lage der Stadt selbst der Fall. Die Gebirge des Libanon strecken ihre niedrigen Ausläufer hier wie eine Landzunge in d Meer, d dieß ganze Terrain ist bedeckt mit Gärten d Maulbeerpflanzungen, aus denen überall Landhäuser hervorragen, die Stadt selbst liegt auf d Nordseite der Landzunge d zieht sich hier in großem Zirkel umher, ein höchst malerischer Anblick
[Abbildung]
. Alte zerstörte Festungsthürme ragen aus d Wasser empor, d die Gebäude erscheinen stattlich v Sandstein. Die gewölbten Räume v Jerus d Jafa machen hier graden Holzdecken Platz d außer den winklichen Straßen mit ihren Bazars d ihrer bunten Bevölkerung hat Beirut schon ein mehr europ Ansehn. - In unsrer heißen Locanda begrüßte uns alsbald der Kavaß des H v Wildenbr, der uns dann nach d Wohnung des Letzteren ½ St v d Stadt, in e Garten trefflich gelegen, begleitete. Hier fanden wir, höchst comfortabel eingerichtet nur Fr v W, denn er war unglückl Weise gestern nach d Libanon gegangen d wird erst in 3 Tagen zurückerwartet. Sehr angenehme Dame, mit der wir uns lange unterhielten; sie versah uns mit langentbehrten Zeitungen, worunter auch die Vossische, die mir durchzusehen viel Vergnügen machte. Über manches Fatale wurden wir hier auch gewiß, daß nämlich vor d 7ten Sept schwerlich das öster Dampfschiff hier zu erwarten ist, daß ferner eine 15 tägige Quarantäne
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML.
(2013-04-11T11:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus der Quelle entsprechen muss.
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-04-11T11:54:31Z)
: Transkription des Originals.
(2013-04-11T11:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-04-11T11:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |