Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 1. Ägypten, 1842-1843.seit meiner Abreise nach Cairo vernachläßigt war; der Abend schön und windstill; morgen soll es wieder nach Daschur gehen. - Montag den 10ten April 1843. Die vergangene Nacht war eine der traurigsten unsrer Reise. Bis 12 Uhr konnte ich wegen der jetzt wieder überhand nehmenden Flöhe nicht schlafen; sie peinigten mich so, daß ich mir wieder Licht anmachen und eine halbe Stunde lang suchen und tödten mußte. Aber auch nachher konnte ich nicht recht einschlafen und es mochte etwa 1 oder 1 1/2 Uhr sein, als ich in Halbschlummer versank. Nach 2 Uhr hörte ich das Trampeln von vielen Schritten an unsrem Eßzelte; ich glaubte, es seien unsre Thiere, die losgemacht und vielleicht gestohlen würden. Die Sache wurde aber ärger und ich rief das Wort: ause (was willst du) aus; zugleich wollte ich Franke wecken; in diesem Augenblick fiel dicht vor dem Zelte Schuß auf Schuß; die Stricke des Zeltes wurden zerrissen und das Zelt fiel über uns zusammen; es war ein fürchterlicher Moment; etwa 5 mal wurde geschossen, ohne daß Einer von uns, wie ich sehen mochte, getroffen war. Der Mond war untergegangen und die Nacht war sehr finster. Meine mechanische Bewegung zuerst war nach der Flinte gewesen, die am Zeltstock seit des Prinzen Besuch leider nur zu fest gebunden waren; es war unmöglich, die Flinte loszubekommen; an meine Pistolen dachte ich im Augenblick nicht; nach der ersten Salve sprang ich vom Lager auf, arbeitete mich durch das umgestürzte Zelt und rannte draußten im Hemd umher; ich war eigentlich rathlos; aber eine Decke oder sonst etwas mußte ich umwerfern; als weiße Gestalt war ich jedem Angriff bloßge seit meiner Abreise nach Cairo vernachläßigt war; der Abend schön und windstill; morgen soll es wieder nach Daschur gehen. - Montag den 10ten April 1843. Die vergangene Nacht war eine der traurigsten unsrer Reise. Bis 12 Uhr konnte ich wegen der jetzt wieder überhand nehmenden Flöhe nicht schlafen; sie peinigten mich so, daß ich mir wieder Licht anmachen und eine halbe Stunde lang suchen und tödten mußte. Aber auch nachher konnte ich nicht recht einschlafen und es mochte etwa 1 oder 1 ½ Uhr sein, als ich in Halbschlummer versank. Nach 2 Uhr hörte ich das Trampeln von vielen Schritten an unsrem Eßzelte; ich glaubte, es seien unsre Thiere, die losgemacht und vielleicht gestohlen würden. Die Sache wurde aber ärger und ich rief das Wort: ause (was willst du) aus; zugleich wollte ich Franke wecken; in diesem Augenblick fiel dicht vor dem Zelte Schuß auf Schuß; die Stricke des Zeltes wurden zerrissen und das Zelt fiel über uns zusammen; es war ein fürchterlicher Moment; etwa 5 mal wurde geschossen, ohne daß Einer von uns, wie ich sehen mochte, getroffen war. Der Mond war untergegangen und die Nacht war sehr finster. Meine mechanische Bewegung zuerst war nach der Flinte gewesen, die am Zeltstock seit des Prinzen Besuch leider nur zu fest gebunden waren; es war unmöglich, die Flinte loszubekommen; an meine Pistolen dachte ich im Augenblick nicht; nach der ersten Salve sprang ich vom Lager auf, arbeitete mich durch das umgestürzte Zelt und rannte draußten im Hemd umher; ich war eigentlich rathlos; aber eine Decke oder sonst etwas mußte ich umwerfern; als weiße Gestalt war ich jedem Angriff bloßge <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0189" n="188"/> seit meiner Abreise nach <placeName>Cairo</placeName> vernachläßigt war; der Abend schön <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> windstill; morgen soll es wieder nach <placeName>Daschur</placeName> gehen. - </p> </div> <div n="2"> <p><date when="1843-04-10"><hi rendition="#u">Montag <choice><abbr>d</abbr><expan>den</expan></choice> 10ten April 1843</hi></date>. Die vergangene Nacht war eine der traurigsten unsrer Reise. 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seit meiner Abreise nach Cairo vernachläßigt war; der Abend schön d windstill; morgen soll es wieder nach Daschur gehen. -
Montag d 10ten April 1843. Die vergangene Nacht war eine der traurigsten unsrer Reise. Bis 12 Uhr konnte ich der jetzt wieder überhand nehmenden Flöhe nicht schlafen; sie peinigten mich so, daß ich mir wieder Licht anmachen d eine halbe Stunde lang suchen d tödten mußte. Aber auch nachher konnte ich nicht recht einschlafen d es mochte etwa 1 od 1 ½ Uhr sein, als ich in Halbschlummer versank. Nach 2 Uhr hörte ich das Trampeln von vielen Schritten an unsrem Eßzelte; ich glaubte, es seien unsre Thiere, die losgemacht d vielleicht gestohlen würden. Die Sache wurde aber ärger d ich rief das Wort: ause (was willst du) aus; zugleich wollte ich Franke wecken; in diesem Augenblick fiel dicht vor dem Zelte Schuß auf Schuß; die Stricke des Zeltes wurden zerrissen und das Zelt fiel über uns zusammen; es war ein fürchterlicher Moment; etwa 5 mal wurde geschossen, ohne daß Einer v uns, wie ich sehen mochte, getroffen war. Der Mond war untergegangen d die Nacht war sehr finster. Meine mechanische Bewegung zuerst war nach der Flinte gewesen, die am Zeltstock seit des Prinzen Besuch leider nur zu fest gebunden waren; es war unmöglich, d Flinte loszubekommen; an meine Pistolen dachte ich im Augenblick nicht; nach der ersten Salve sprang ich v Lager auf, arbeitete mich durch das umgestürzte Zelt d rannte draußten im Hemd umher; ich war eigentlich rathlos; aber eine Decke oder sonst etwas mußte ich umwerfern; als weiße Gestalt war ich jedem Angriff bloßge
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Zitationshilfe: | Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 1. Ägypten, 1842-1843, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/erbkam_tagebuch01_1842/189>, abgerufen am 01.03.2025. |